Amtliche Statistik

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Eine amtliche Statistik ist eine von einer offiziellen Institution, insbesondere einem statistischen Amt, erstellte Statistik. Man versteht darunter oft die komplette Statistik zu einem bestimmten Themengebiet, zum Beispiel die Bevölkerungsstatistik oder die Wirtschaftsstatistik, oder auch die Gesamtheit aller Statistiken eines Landes.

Geschichte[Bearbeiten]

Ursprünglich, d. h. schon in der Antike, wurden „amtliche Statistiken“ von Regierungen für den eigenen Bedarf und für ganz bestimmte Zwecke (z. B. für die Aufstellung eines Heeres oder die Errichtung eines großen Bauwerkes (Pyramide, Kanal) oder generell als Basis für Steuererhebungen) erstellt. Aufgrund von Tonscherben lässt sich bereits für die Zeit um 3800 v. Chr. eine Volkszählung im antiken Babylon belegen. Zwischen 3000 und 2000 v. Chr. (je nach Quelle) gab es in Ägypten und China Volkszählungen und Vermögenserhebungen. Im antiken Athen gab es neben Volkszählungen auch laufende Aufzeichnungen über Getreideeinfuhr, Verzeichnisse über zollpflichtige Waren u.a. Im römischen Reich wurden bereits seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. alle 5 Jahre Bevölkerungserhebungen durchgeführt. Zur Zeit des Kaisers Augustus soll es ein statistisches Quellenwerk mit einer vom Kaiser selbst zusammengestellten Folge von Tabellen gegeben haben.

Bereits im Mittelalter wurden innerhalb von Stadtmauern Gebietseinteilungen festgelegt, die auch als Raumbezug für statistische Zwecke genutzt wurden. In der Reichsstadt Nürnberg z. B. waren dies acht Stadtviertel, die in Gassenhauptmannschaften unterteilt waren. Ende des 16. Jahrhunderts gab es davon 131 mit einer festen Nummerierung (1–63 auf der Sebalder und 1–68 auf der Lorenzer Stadtseite). Die Gassenhauptleute hatten als statistische Aufgabe die Bevölkerungsinformationen zu erheben, und zwar über „Unbürger“, über „elternlose Bürgertöchter mit Eigenbesitz“ und über die Bürgersöhne, die 14 Jahre alt geworden waren. Seitens des Staates gab es im Mittelalter kaum systematische statistische Erhebungen. Erst mit dem aufkommenden Absolutismus und der Einführung merkantilistischer Wirtschaftspolitik entstand wieder der Bedarf an Statistiken als Instrument für die zentralistische Lenkung der Wirtschaft. Stütze der merkantilistischen Wirtschaftspolitik war die „Universitätsstatistik“, die versuchte, möglichst alle „Staatsmerkwürdigkeiten“ möglichst genau qualitativ zu beschreiben. Demgegenüber versuchten etwa zeitgleich die Vertreter der „Politischen Arithmetik“ alle gesellschaftlichen Verhältnisse nach dem Vorbild der Naturwissenschaft quantitativ zu erfassen.

Die Ergebnisse der statistischen Erhebungen blieben jedoch bis zum 18. Jahrhundert innerhalb der staatlichen Verwaltung, da sie als geheime, vor konkurrierenden Staaten zu schützende Informationen galten. Diese Geheimhaltungspolitik lockerte sich erst mit der Verbreitung der Ideen der Aufklärung und der Entwicklung einer bürgerlich-publizistischen Öffentlichkeit.

Beginnend mit dem 18. Jahrhundert erfolgte im 19. Jahrhundert eine wesentliche Ausweitung und vor allem eine Institutionalisierung der amtlichen Statistik. In Deutschland bildeten sich in den verschiedenen Teilstaaten statistische Ämter, für eine Koordination der statistischen Arbeiten sorgte ab 1834 der Deutsche Zollverein. Mit der Gründung des Deutschen Reiches wurde 1872 auch das Kaiserliche Statistische Amt als statistisches Zentralamt eingerichtet.

Im Dritten Reich erfolgte die Aufhebung der Länderhoheit der dezentralen, statistischen Ämter zugunsten des Statistischen Reichsamtes, das seinerseits allerdings später wegen der Bewirtschaftung und Kriegswirtschaft Aufgaben an andere Ämter abgeben musste. Leiter der Statistischen Abteilung im SS-Hauptamt war Richard Korherr, der mit dem sog. Korherr-Bericht statistische Angaben über die „Endlösung der Judenfrage“ zusammenstellte.

Mit dem Wandel der Gesellschaften zu Demokratien in der Neuzeit änderte sich auch das Selbstverständnis der amtlichen Statistik. Es wandelte sich zu einem allgemein verfügbaren Instrument, das die für die politische Willensbildung in der Gesellschaft notwendigen statistischen Informationen liefert. Daneben fungiert sie als Datenlieferant für die Wissenschaft sowie weiterhin als Hilfsmittel für politische und wirtschaftliche Planungen.