Benedikt XVI.

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Benedikt XVI. (Benedictus PP. XVI), bürgerlich Joseph Alois Ratzinger, (* 16.04.1927 in Marktl; † 31.12.2022 in der Vatikanstadt) war ein deutscher Theologe, Hochschullehrer und römisch-katholischer Geistlicher. Er war von seiner Wahl am 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 der 265. Bischof von Rom (Papst) und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie das siebte Staatsoberhaupt der Vatikanstadt. Er war nach Gregor V. (996–999) und Damasus II. (1048) der dritte aus Bayern stammende Papst und nach Coelestin V. (1294) der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurücktrat.

Joseph Ratzinger gilt als wichtiger Theologe des 20. und 21. Jahrhunderts. 1951 in seiner Heimat Bayern zum Priester geweiht, schlug er eine akademische Laufbahn ein und etablierte sich Ende der 1950er-Jahre als hoch angesehener Theologe. Seinen Schriften lagen im Allgemeinen traditionelle katholische Lehren und Werte zugrunde. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil wirkte er als theologischer Berater des Kölner Kardinals Josef Frings mit. Ursprünglich liberaler Theologe, vertrat er nach 1968 konservative Ansichten. Nach einer langen Tätigkeit als Theologieprofessor für katholische Dogmatik und Dogmengeschichte an mehreren deutschen Universitäten wurde er 1977 von Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising und zum Kardinal ernannt, eine zu jener Zeit ungewöhnliche Beförderung für jemanden mit wenig pastoraler Erfahrung. 1982 wurde er Kardinalpräfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, eines der wichtigsten Dikasterien der Römischen Kurie. Er galt als einer der einflussreichsten Kardinäle und in theologischen und kirchenpolitischen Fragen als rechte Hand seines Vorgängers Johannes Paul II. und wurde spätestens ab Mitte der 1980er-Jahre als eine der führenden intellektuellen Kräfte in der Kirche wahrgenommen. Von 2002 bis zu seiner Wahl zum Papst war er auch Dekan des Kardinalskollegiums.

Im Konklave am 18. und 19. April 2005 wurde Joseph Ratzinger zum 265. Papst gewählt und nahm den Namen Benedikt XVI. an. Während seiner Amtszeit setzte er sich für eine Rückbesinnung auf christliche Grundwerte ein, um der zunehmenden Säkularisierung vieler westlicher Länder entgegenzuwirken. Er betrachtete die Leugnung der Objektivität durch den Relativismus und insbesondere die Leugnung moralischer Wahrheiten als das zentrale Problem des 21. Jahrhunderts. Er lehrte die Bedeutung sowohl der katholischen Kirche als auch ein Verständnis von Gottes erlösender Liebe. Er unternahm eine Pilgerfahrt nach Polen, wo er am 28.05.2006 auch die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau besuchte. Benedikt hat auch eine Reihe von Traditionen wiederbelebt, darunter die Erhebung der tridentinischen Messe zu einer prominenteren Position. Er stärkte die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und der Kunst, förderte den Gebrauch des Lateins und führte traditionelle päpstliche Gewänder wieder ein.

Wegen seines Umgangs mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der römisch-katholischen Kirche war Benedikt XVI. umstritten, obwohl er strenge Regeln für den Umgang mit Tätern einführte und allein in der zweiten Hälfte seines Pontifikats über 500 Priester in den Laienstand versetzte.

Nachdem Benedikt XVI. am 11.02.2013 vor den Kardinälen überraschend seinen Rücktritt zum 28.02.2013 angekündigt und sich dabei auf einen „Mangel an geistiger und körperlicher Kraft“ aufgrund seines fortgeschrittenen Alters berufen hatte, wurde er als Kirchenoberhaupt am 13. März 2013 von Papst Franziskus abgelöst und zog als emeritierter Papst am 02.05.013 in das Vatikankloster Mater Ecclesiae, wo er, von gelegentlichen Auftritten mit seinem Nachfolger abgesehen, zurückgezogen lebte. Benedikt XVI. war Mitglied mehrerer sozialwissenschaftlicher Akademien wie der französischen Académie des Sciences Morales et Politiques. Er spielte Klavier und hatte eine Vorliebe für klassische Musik von Mozart und Bach.

Am 02.09.2020 löste Benedikt Leo XIII. als den am ältesten gewordenen Papst der Geschichte ab. Allerdings war Leo XIII. bis zu seinem Tod mit 93 Jahren im Amt, während Benedikt schon vor der Vollendung des 86. Lebensjahres auf dieses verzichtet hatte.

Jugend und Studium[Bearbeiten]

Der spätere Papst Benedikt wurde am Karsamstag 1927 um 4:15 Uhr als Sohn des Gendarmeriemeisters Joseph Ratzinger (1877–1959) und seiner Ehefrau Maria Ratzinger (1884–1963) geboren und bereits um 8.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Oswald in Marktl auf den Namen Joseph Aloisius Ratzinger getauft.

Er hatte zwei ältere Geschwister, Maria (1921–1991) und Georg (1924–2020), der ebenfalls Priester und später Kirchenmusiker wurde. Ein Großonkel war der Priester, Landtags- und Reichstagsabgeordnete und Schriftsteller Georg Ratzinger (1844–1899).

Wegen Versetzungen des Vaters zog die Familie im Juli 1929 nach Tittmoning, dem „Traumland meiner Kindheit“ an der Salzach und im Dezember 1932 nach Aschau am Inn, wo Joseph seine Grundschulzeit verbrachte. Nach der Pensionierung des Vaters wohnte sie ab April 1937 in Hufschlag bei Traunstein. Hier sei, so Ratzinger, die eigentliche Heimat der Familie gewesen, da der Vater während seiner gesamten Dienstzeit als Gendarm beruflich flexibel sein musste. Schon als Kind wurde Joseph Ratzinger Ministrant. Trotz der finanziellen Belastung schickten die Eltern nach seinem Bruder Georg auch Joseph Ratzinger auf das erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein, in das er am 16.04.1939 eintrat. Er besuchte dort das staatliche Chiemgau-Gymnasium, wo er durch seine besonderen Leistungen in geisteswissenschaftlichen Fächern auffiel.

Gemäß der am 25.03.1939 gesetzlich verordneten Jugenddienstpflicht wurde Joseph Ratzinger 1941 mit 14 Jahren in die Hitlerjugend aufgenommen. Er berichtete später davon, dass in diesem Jahr ein gleich alter Cousin mit Down-Syndrom den „Therapie“-Morden zum Opfer fiel.

Im Alter von 16 Jahren wurde Joseph Ratzinger am 02.08.1943 zusammen mit den anderen Seminaristen aus Traunstein als Luftwaffenhelfer nach München geschickt, zunächst zu einer Flakbatterie nach Unterföhring, dann zum Schutz der BMW-Fabrik Allach nach Ludwigsfeld im Norden Münchens. Später wurde seine Batterie nach Gilching verlegt, wo er nur noch Dienst in der Telefonvermittlung leisten musste und 1944 einen direkten Angriff auf die Batterie überlebte. Während dieser Zeit besuchte Ratzinger das Maximiliansgymnasium in München. Auf die Frage eines Vorgesetzten nach seinem Berufsziel gab er schon damals das Priesteramt an. Nach zwei Monaten Reichsarbeitsdienst im österreichischen Burgenland, wo er unter anderem bei der Errichtung des sogenannten Südostwalls für den Bau von Panzersperren eingesetzt war, wurde Ratzinger am 13.12.1944 zur Wehrmacht eingezogen. Seine Grundausbildung leistete er in der Traunsteiner Infanterie-Kaserne ab. Nach dem Tod Hitlers verließ Ratzinger Anfang Mai 1945 eigenmächtig die Kaserne und kehrte nach Hufschlag zurück. Kurzzeitig kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft in das Lager PWTE 314 in Neu-Ulm, aus dem er am 19.06.1945 entlassen wurde. Danach besuchte er noch einmal das Gymnasium in Traunstein und legte die Reifeprüfung ab.

Von 1946 bis 1951 studierte Ratzinger katholische Theologie und Philosophie, zunächst an der Philosophisch-theologischen Hochschule Freising und ab 1. September 1947 an der neu eröffneten Universität in München. Anschließend war er Seminarist am Herzoglichen Georgianum der Ludwig-Maximilians-Universität München. In Freising trat er der katholischen Studentenverbindung K.St.V. Lichtenstein-Hohenheim zu Freising-Weihenstephan im KV bei. Er war Mitstifter der KAV Capitolina Rom, einer 1986 in Rom gegründeten nichtschlagenden katholischen Studentenverbindung und Mitglied im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV).

Nach eigener Auskunft wurde der nach Abkehr von der Dominanz des Neukantianismus suchende Student insbesondere durch Werke von Gertrud von le Fort, Ernst Wiechert, Fjodor Dostojewski, Elisabeth Langgässer, Theodor Steinbüchel, Martin Heidegger und Karl Jaspers beeinflusst. Als Schlüssellektüre bezeichnete er Steinbüchels Der Umbruch des Denkens. Zum Abschluss seines Studiums sah er sich eher zum tatkräftigen Augustinus, einem der älteren Kirchenväter, als zu Thomas von Aquin hingezogen; bei den Scholastikern interessierte er sich für den heiligen Johannes Bonaventura. Als besonders prägende Professoren in München nannte Ratzinger in erster Linie Gottlieb Söhngen, daneben Richard Egenter, Friedrich Wilhelm Maier, Friedrich Stummer, Joseph Pascher und Franz Xaver Seppelt.

Quellen[Bearbeiten]