Bundesrecht (Deutscher Bund)

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Das Bundesrecht des Deutschen Bundes galt sowohl für ihn selbst als auch für seine Gliedstaaten. Es bestand aus den Bundesgrundgesetzen (der Bundesverfassung) sowie aus Bundesgesetzen bzw. Bundesbeschlüssen. Obwohl der Deutsche Bund (1815–1866) allgemein als Staatenbund angesehen wird, stand sein Bundesrecht über dem Landesrecht der Mitgliedsstaaten. Dies ist bereits als ein bundesstaatliches Element des Deutschen Bundes anzusehen.

Beschränkt war das Bundesrecht in erster Linie durch den eng gefassten Bundeszweck: Der Bund sollte die innere und äußere Sicherheit Deutschlands gewährleisten. Eine sonstige Vereinheitlichung in Deutschland konnte allenfalls durch den Bund vorbereitet werden; die eigentliche Gesetzgebung geschah dann über das Landesrecht der Staaten.

Bundesrecht kam in aller Regel nur zustande, wenn mindestens eine der beiden Großmächte im Bund dahinterstand, also Österreich oder Preußen. Wenn sie sich sträubten, war auch die Handhabung des Bundesrechts fraglich. So weigerten sich beide Großmächte lange Zeit, Landesverfassungen zu erlassen, obwohl die Bundesverfassung dies verlangte.

In den Jahren 1848–1850 wurde versucht, den Deutschen Bund in einen deutschen Bundesstaat umzuwandeln bzw. ihn durch einen solchen zu ersetzen. Der Bundestag erklärte 1851 das in dieser Zeit entstandene Reichsrecht für ungültig. Das Bundesrecht selbst erlosch im Jahr 1866 mit der Auflösung des Deutschen Bundes. Das Bundesrecht wirkte danach jedoch gedanklich im Norddeutschen Bund bzw. im Kaiserreich nach.

Charakter des Bundes[Bearbeiten]

In der Literatur wird der Deutsche Bund zuweilen als eine Mischung von Staatenbund und Bundesstaat angesehen, als ein Zwitter. Juristisch aber, so Michael Kotulla, kann der Charakter als Staatenbund nicht strittig sein, denn die deutschen Staaten behielten ausdrücklich ihre Souveränität: Der Bund hatte keine Staatsgewalt, sondern „lediglich eine völkerrechtsvertraglich vermittelte Vereinskompetenz“. Trotz der Präambel der Deutschen Bundesakte von 1815, laut der sich „die Fürsten“ zu einem Bund „vereinigen“, war der Deutsche Bund auch kein Fürstenbund. Vielmehr sind hier die Fürsten als Repräsentanten ihrer Staaten anzusehen.

Echte Bünde, ob Staatenbund oder Bundesstaat, gehen über das reine Bündnis oder eine Personalunion hinaus, heißt es bei Ernst Rudolf Huber. Sie werden durch eine innere Homogenität zusammengehalten; die Gliedstaaten haben einen ursprünglichen und eigenen Charakter, der sie von bloßen Verwaltungseinheiten unterscheidet. Echte Bünde sind für die Ewigkeit gegründet und nicht auflösbar. Gliedstaaten haben nicht das Recht auf Austritt. Die Gliedstaaten verbinden sich, um gemeinsam ihre Sicherheit und Unabhängigkeit besser zu wahren. Der Bundesvertrag ist gleichzeitig ein Verfassungsvertrag, er schafft ein Völkerrechtssubjekt sowie völkerrechtliche Beziehungen, aber auch staatsrechtliche Beziehungen zwischen den Gliedstaaten.

Allerdings können Staatenbünde unterschiedliche Formen annehmen. Der Gegensatz zwischen Staatenbund und Bundesstaat ist auch weniger scharf als in Lehrbüchern dargestellt: Der Staatenbund bestehe durch einen völkerrechtlichen Vertrag und sei ein Rechtsverhältnis, der Bundesstaat bestehe auf staatsrechtlicher Grundlage und sei ein Rechtssubjekt. Der Deutsche Bund war aber auch eine staatsrechtliche Einheit über den Gliedstaaten. Der Bund war ein Rechtssubjekt. Bereits Wilhelm von Humboldt beschrieb ihn treffend als Staatenbund mit bundesstaatlichen Elementen.

Die Souveränität der Gliedstaaten bestand fort, wie die beiden Bundesgrundgesetze feststellten. Souveränität bedeutet die höchste Entscheidungsmacht, sie bedarf der Effektivität und Legitimität der Machtanwendung. Im Falle des Deutschen Bundes lässt sich nicht klar antworten, dass die Gliedstaaten stets souverän gewesen seien: Sie waren dem Bundesrecht unterworfen und erlebten Machtmittel wie die Bundesintervention und die Bundesexekution. Der Bund konnte auch den Bundeskrieg erklären. Und doch war die Souveränität des Deutschen Bundes eingeschränkt: In der Verfassungswirklichkeit konnte er sich nicht gegen die Übermacht Österreichs und Preußens durchsetzen. Bundeskrieg, Bundesintervention und Bundesexekution waren nur denkbar, wenn wenigstens eine der beiden deutschen Großmächte das Mittel im konkreten Fall unterstützte. Daher half es auch nicht, dass die beiden Großmächte keinesfalls gemeinsam die Mehrheit im Bundestag hatten: Ohne oder gar gegen beide waren die Machtmittel nicht effektiv. Trotz der bundesstaatlichen Elemente war der Deutsche Bund also nicht souverän gegenüber allen Gliedstaaten und daher ein Staatenbund.