Königreich Preußen

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Als Königreich Preußen wird der preußische Staat für die Zeit zwischen 1701 und 1918 bezeichnet, in der seine Herrscher aus dem Haus Hohenzollern den Königstitel trugen.

Der preußische Staat entstand aus den Gebieten Brandenburg-Preußens, nachdem sich Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1701 eigenhändig zum König in Preußen gekrönt hatte. Er bestand zunächst nur aus dem namensgebenden, seit 1657 souveränen, nun zum Königreich erhobenen Herzogtum Preußen und den im Heiligen Römischen Reich gelegenen Territorien des Kurfürsten, dehnte sich aber im Laufe der Zeit auf nahezu ganz Norddeutschland aus. Seine Hauptstadt war Berlin.

Seit dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) war Preußen die kleinste der fünf europäischen Großmächte und die zweite deutsche nach der österreichischen Habsburgermonarchie. Auf dem Wiener Kongress 1814/15 durch territoriale Zuwächse im Westen Deutschlands erheblich vergrößert, trieb Preußen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Schaffung eines deutschen Nationalstaats voran. Es drängte Österreich durch seinen Sieg im Deutschen Krieg aus Deutschland hinaus und bildete 1867 den Norddeutschen Bund. Dieser wurde 1871, nach dem Deutsch-Französischen Krieg, um die süddeutschen Staaten zum Deutschen Kaiserreich erweitert. Sowohl im Norddeutschen Bund als auch im Kaiserreich war Preußen der weitaus größte und dominierende Gliedstaat. Der König von Preußen nahm als Staatsoberhaupt des Reiches den zusätzlichen Titel Deutscher Kaiser an. Mit der Abdankung des letzten Kaisers und Königs, Wilhelms II., infolge der Novemberrevolution 1918 endet die Monarchie in Deutschland. Preußen ging im neu geschaffenen Freistaat Preußen auf.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Geschichte der preußischen Monarchie umfasst zwei markante Abschnitte: Die erste Hälfte von 1701 bis 1806, bekannt als die Zeit der altpreußischen Monarchie, und die „Neupreußische Monarchie“ von 1807 bis 1918. Die Jahre von 1806 bis 1809 führten zur Erneuerung sämtlicher Staatsinstitutionen in einem veränderten Staatsterritorium, altpreußische Traditionslinien und Strukturen wurden fallengelassen und es begann eine neue Zeitrechnung. Im Zuge der preußischen Reformen entstand der „Neupreußische Staat“.

Rangerhöhung unter König Friedrich I. (1701–1713)[Bearbeiten]

Der neue preußische Staat[Bearbeiten]

Die Länder der Hohenzollerndynastie mit ihrem herrschaftlichen Schwerpunkt in der Mark Brandenburg waren 1700 nach europäischen Maßstäben eine Mittelmacht. Als Kurfürsten von Brandenburg hatten die Hohenzollern seit dem 15. Jahrhundert eine herausgehobene Stellung als Reichsstand im Heiligen Römischen Reich inne. Das Kaiserreich konnte sich nach 1648 noch einmal konsolidieren, doch war die politische Stellung der Reichsfürsten mit dem Westfälischen Frieden erheblich gestärkt worden. Mit ihrer Lage im Nordosten des Reichs war die Bindung der Hohenzollerngebiete an den Kaiser lockerer als in den zentralen Gebieten am Rhein und in Süddeutschland. Bereits in den vorangegangenen Jahrhunderten hatten die brandenburgischen Kurfürsten, im Zuge der Reformationsauswirkungen und Glaubenskriege, im Ringen zwischen unitarischer Kaisermacht und polyzentrischer Fürstenmacht im Reich, auch zusammen mit den sächsischen Kurfürsten, zeitweise einen regionalen Gegenpol zur Kaisermacht gebildet.

Rang, Reputation und Prestige eines Fürsten waren um 1700 wichtige politische Faktoren. Kurfürst Friedrich III., die Zeichen der Zeit erkennend, strebte nach dem Königstitel. Damit suchte er vor allem die Ranggleichheit mit dem Kurfürsten von Sachsen, der zugleich König von Polen war, und mit dem Kurfürsten von Hannover, der Anwärter auf den englischen Thron war. Mit dem Einverständnis Kaiser Leopolds I. nutzte der Kurfürst seine Souveränität im Herzogtum Preußen, indem er sich dort in Königsberg am 18. Januar 1701 als Friedrich I. zum „König in Preußen“ krönte. Der Titel eines Königs von Preußen hätte einen Konflikt mit dem Königreich Polen heraufbeschworen, das ebenfalls Teile des einstigen preußischen Ordensstaates besaß. Im Gegenzug trat die Königlich-Preußische Armee im Spanischen Erbfolgekrieg auf Seiten des Kaisers gegen Frankreich an. Während des zeitgleich an der nordöstlichen Grenze ausgebrochenen Großen Nordischen Kriegs gelang es Friedrich, sein Land von den Auseinandersetzungen freizuhalten.

Das einschränkende „in Preußen“ blieb erhalten, weil die Bezeichnung „König von Preußen“ als Herrschaftsanspruch auf ganz Preußen, also auch auf den seit 1466 zu Polen gehörenden westlichen Teil des Deutschordensstaats „Preußen“, verstanden worden wäre. Mit der Titelbezeichnung „in“ wurden auch mögliche polnische Ansprüche auf Ostpreußen abgewendet. Im Hohenzollernstaat galt weiterhin die Ständeordnung der einzelnen Landesteile, von denen die Mark Brandenburg gefolgt von Ostpreußen die herausragenden waren; das Herzogtum Magdeburg, Hinterpommern und das Fürstentum Halberstadt bildeten die mittleren Provinzen. Die kleineren westlichen Landesteile erhielten zunächst eine nachgeordnete Rolle. Sämtliche Behörden, staatliche Institutionen und Amtsträger trugen fortan den königlich-preußischen Titel und „Preußen“ als der Name des nun zum Königreich erhobenen Herzogtums wurde bald zur Bezeichnung der Gesamtheit der mit Kurbrandenburg durch die Personalunion verbundenen Lande. Amtlich sprach man von ihnen als „die preußischen Staaten“ oder als den „Staaten des Königs von Preußen“, oder den „Königlichen Preußischen Staaten“. Erst ab etwa 1800 kam für die Monarchie die Bezeichnung „Preußischer Staat“ auf.

Die Wende zum 18. Jahrhundert markiert die beginnende Hochzeit des europäischen Absolutismus, in der die Landesfürsten nach den bereits im 16. Jahrhundert erfolgten Säkularisierungen des Kirchenbesitzes auch die Macht der immediaten Städte und des landsässigen Adels erheblich zurückdrängen konnten. Im Zuge der Machtzunahme der Hohenzollern wurde Berlin zum politischen Zentrum, auf Kosten der einst politisch autonomen Städte und der untertänigen Bauern. Neu gegründete landesherrliche Institutionen begannen, überkommene Ständestrukturen Schritt für Schritt zu verdrängen. Die stark erweiterte kurbrandenburgische Armee gewann eine zentrale und für den König machtsichernde Rolle.

In den östlichen Gebieten der Monarchie hatte sich im 17. Jahrhundert die Gutsherrschaft des Landadels durchgesetzt, die aus ehemals freien Bauern Hörige machte; die westlichen Provinzen waren davon nicht betroffen, auch weil dort andere Gewerbe dominierten. Die Besiedlungsdichte nahm zum Osten hin ab; die größten Städte waren Berlin und Königsberg, die mit mehr als 10.000 Einwohnern auch zu den 30 größten Städten des Reichs gehörten.

Korruption, Pest, Hungersnot und höfische Prachtentfaltung[Bearbeiten]

Der König regierte im Kabinett und es bildete sich durch das häufige indirekt agierende Regierungshandeln ein Günstlingssystem mit Seilschaften um den König. Es gab über ihn hinaus weitere einflussreiche Amtsträger am Hofe, die die Regierung maßgeblich gestalteten. In den 1700er Jahren war es vor allem das Drei-Grafen-Kabinett, das die eigentliche Staatspolitik Preußens bestimmte. Dadurch entstand ein erhebliches Maß an Korruption, die von den höchsten Staatsämtern ausging. Die Staatsfinanzen wurden dadurch erheblich belastet. Dies vollzog sich in einer Krisenzeit, als die Große Pest von 1708 bis 1714 das Ostpreußen heimsuchte, die viele Tausend Menschen das Leben kostete. Zusätzlich führte der Jahrtausendwinter von 1708/1709 zu einer Hungersnot.

Friedrich I. konzentrierte sich auf eine aufwändige Hofhaltung nach französischem Vorbild. Dies und die allgemeine staatliche Misswirtschaft brachte den preußischen Feudalstaat an den Rand des finanziellen Ruins. Nur durch Vermietung weiterer preußischer Soldaten an die Allianz im Spanischen Erbfolgekrieg konnte der König die kostspieligen Aufwendungen für den Prunk am Hof bestreiten. So erhielt Preußen während seiner Amtszeit 14 Millionen Taler an Subsidienzahlungen von den Alliierten. Der Staatshaushalt betrug 1712 rund vier Millionen Taler, von denen allein 561.000 ausschließlich der Hofhaltung zugeführt wurden. Die Einnahmen bestanden nur zum Teil aus Steuern. Die Subsidienzahlungen der Alliierten hingen vom Kriegsverlauf ab, bildeten also keine verlässlichen Einnahmen. In der Amtszeit Friedrichs I. fand ein bedeutender Anstieg der reinen Steuereinnahmen nicht statt.

Trotzdem leistete sich der König eine aufwendige barocke Hofhaltung mit dem Bau neuer Schlösser (Schloss Charlottenburg, Schloss Monbijou) und Jagdhäuser im Umland von Berlin. Der, gegenüber anderen Fürstentümern, wahrgenommene Zivilisationsrückstand des traditionellen Agrarstaats sollte durch ein ambitioniertes höfisches Ausbauprogramm innerhalb weniger Jahre aufgeholt werden. Das Kunstgewerbe wurde über vermehrte Aufträge besonders gefördert. Erstmals in der Geschichte Brandenburg-Preußens wirkten auch international bedeutende Künstler und Architekten wie Andreas Schlüter zu dieser Zeit in Preußen. Der gesamte Hofstaat Friedrichs befand sich fortwährend innerhalb der Berliner Residenzenlandschaft in Bewegung. Bauprojekte und Infrastrukturmaßnahmen wurden angeschoben, wodurch die Mark Brandenburg von Berlin aus stärker eingebunden und erschlossen wurde. Ein glänzender Höhepunkt in dieser Zeit war das Dreikönigstreffen 1709 im Caputher Schloss. Hier konnte Friedrich I. die seit 1701 gestiegene Bedeutung des preußischen Staates darstellen. Durch die Einwanderung der Hugenotten wenige Jahre zuvor gab es inzwischen hauptsächlich im Berliner Raum eine gebildete und wirtschaftlich aktive Bürgerschicht, die die Basis für die sich nun vergrößernde gesellschaftliche Differenzierung bildete. Die Nachfrage des Berliner Hofstaats führte zur Gründung neuer Gewerbebranchen und Manufakturen. Auch in die Landwirtschaft brachten die Hugenotten Innovationen ein, wie den Tabakanbau in der Uckermark. Auch die Residenz Berlin wurde erheblich ausgebaut und durch Vorstädte (Friedrichstadt, Dorotheenstadt) erweitert. Die Zahl der Einwohner der preußischen Hauptstadt stieg beträchtlich. Die Gründung der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin aber auch die neu gegründete Universität Halle verbesserten das höhere Bildungsangebot.