Fränkisches Reich

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Das Fränkische Reich oder Frankenreich, das vom 5. bis ins 9. Jahrhundert bestand und sich im Wesentlichen aus dem römischen Gallien und angrenzenden rechtsrheinisch-germanischen Siedlungsgebieten gebildet hatte, war der bedeutendste Nachfolgestaat des 476 bzw. 480 untergegangenen Weströmischen Reiches und die historisch wichtigste Reichsbildung in Europa seit der Antike.

Das Reich der Franken ging auf mehrere westgermanische Kriegerverbände der Völkerwanderungszeit zurück. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches in der Spätantike stieg es im Frühmittelalter unter den Dynastien der Merowinger und der Karolinger in drei Jahrhunderten zu einer Großmacht auf, die weite Teile West-, Mittel- und Südeuropas beherrschte. Als Hausmeier der merowingischen Könige übten die Karolinger bereits seit dem späten 7. Jahrhundert die tatsächliche politische Macht aus, bevor sie im Jahr 751 selbst die Königswürde übernahmen. Den Höhepunkt seiner Macht und Ausdehnung erreichte das Frankenreich unter der Herrschaft Karls des Großen (768–814). Nachdem es im 9. Jahrhundert geteilt worden war, entwickelte sich aus der östlichen Reichshälfte das Heilige Römische Reich und aus der westlichen das spätere Königreich Frankreich. Der moderne Staat Frankreich ist nach dem Fränkischen Reich benannt.

Merowingisches Frankenreich[Bearbeiten]

Seit dem 4. Jahrhundert siedelten auf dem Gebiet des Römischen Reiches germanische Gruppen als Foederaten. Bei ihnen handelte es sich um Krieger, die unter eigenen Anführern im Dienste der Kaiser kämpften und dafür Anspruch auf Versorgung durch den römischen Staat hatten. Am nordöstlichen Ende Galliens siedelten dabei die Franken, die als Franci in römischen Quellen das erste Mal in den 50er Jahren des 3. Jahrhunderts erwähnt werden und seit dem späten 4. Jahrhundert als foederati für die Verteidigung der Rheingrenze gegen Plünderer zuständig waren. Umstritten ist, wie und wann sich aus diesen meist germanischen Söldnern im Laufe der Zeit ein Volk mit eigener Identität ausbildete (siehe Ethnogenese).

Die Erstnennung des Stammes bzw. Verbandes der Salfranken findet sich beim römischen Historiker Ammianus Marcellinus, welcher vom Kampf des römischen Caesar (Unterkaisers) Julian gegen die Franken im Jahr 358 berichtete:

„Nach diesen Vorbereitungen wandte er sich zunächst gegen jene Franken, die man gewöhnlich als Salier bezeichnet; sie hatten sich vor längerer Zeit erfrecht, auf römischem Boden in Toxandrien ihren Wohnsitz zu nehmen.“

Nachdem Gallien spätestens seit dem Tod des machtbewussten Heermeisters Aëtius 454 der weströmischen Kontrolle mehr und mehr entglitten war, nutzten die Franken den Zusammenbruch des von Bürgerkriegen zerrütteten Weströmischen Reiches (um 476), um das entstandene Machtvakuum zu füllen und ihr Gebiet eigenmächtig zu vergrößern, ähnlich wie die Westgoten im Süden. Im Norden Galliens hatte sich ein römisches Restreich unter dem römischen Kommandeur Syagrius, dem Sohn des Heermeisters Aegidius, im Gebiet um Soissons halten können, welches vom Rest des Imperiums abgeschnitten war (seit 464, siehe auch Paulus). Mit den Gallo-Römern möglicherweise verbündet, eventuell aber auch in Konkurrenz zu ihnen stehend, war der salfränkische rex Childerich von Tournai.

486/487 besiegte Childerichs Sohn Chlodwig I. Syagrius, eroberte dessen Herrschaftsgebiet und übernahm das Kommando über die verbliebenen römischen Truppen. Dadurch verschob sich die Grenze des merowingischen Machtbereiches bis an die Loire. Chlodwig, der vorher nur einer von mehreren fränkischen warlords war, nutzte danach die Chance, die übrigen Teilreiche zu beseitigen und ein germanisch-romanisches Reich zu gründen. Er beseitigte nacheinander unter anderem den rex Sigibert von Köln sowie Ragnachar und führte 496/506 erfolgreiche Kriege gegen die Alamannen. 507 schlug Chlodwig die Westgoten in der Schlacht von Vouillé (oder bei Voulon), nach der er sie fast ganz aus Gallien verdrängte.

Der Besitz jener römischen Grundherren, die während der fränkischen Eroberungskriege getötet oder vertrieben wurden, gelangte in den Besitz des Herrschers. Dadurch finanzierte Chlodwig seine weiteren Feldzüge und stärkte seine Macht. Er wurde nach und nach größter Grundbesitzer. Durch Landschenkungen brachte er andere Adlige in direkte Abhängigkeit, woraus sich nach Ansicht der älteren Forschung vielleicht das Lehnswesen entwickelte – eine heute allerdings sehr umstrittene Hypothese. Im Laufe der Zeit verwandelte sich die Stellung des fränkischen rex immer mehr in die eines regelrechten Königs.

Chlodwig, dem es um die Versorgung seiner Krieger gehen musste, übernahm, soweit möglich, den funktionsfähigen spätantiken römischen Verwaltungs- und Finanzapparat (dessen Kern vor allem im Süden die civitates waren). Dabei spielte die Macht der örtlichen Bischöfe, die oft Verwaltungsaufgaben in den civitates übernommen hatten, eine wichtige Rolle, so dass sich die Kirche zu einer weiteren Machtstütze des Herrschers entwickeln sollte, dem es gelang, die Bischöfe weitgehend unter seine Kontrolle zu bringen. Angeblich unter dem Einfluss der Burgunderin Chrodechild trat Chlodwig, der zuvor entweder Heide oder Arianer gewesen war, zum katholischen Christentum über. Mit seiner Taufe (vielleicht 496/98 oder 508; das Datum ist umstritten) sicherte er sich die Unterstützung durch die römischen Christen und bereitete so einem Miteinander von fränkischen Kriegern und gallorömischer Zivilbevölkerung den Weg. Um die Mitte des 6. Jahrhunderts ging dann die spätantike Übergangszeit in Gallien vorüber, das Frühmittelalter nahm langsam Gestalt an. Die lokalen Autoritäten (Grafen und Bischöfe) waren dazu bestimmt, Chlodwigs Anordnungen durchzusetzen. Daneben setzte Chlodwig 511 auf dem ersten fränkischen Reichskonzil einen maßgeblichen Einfluss fränkischer Könige auf die Bischofsinvestitur durch und versuchte, eine einheitliche kirchliche Gesetzgebung für das Frankenreich zu schaffen. Im frühen 6. Jahrhundert (nach 507) entstand mit der Lex Salica eine Sammlung des Rechts der Franken, das von der modernen Forschung allerdings nicht mehr auf altes germanisches Stammesrecht, sondern auf spätrömisches Soldatenrecht zurückgeführt wird.