Ammianus Marcellinus

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Ammianus Marcellinus (* um 330 vermutlich in Antiochia am Orontes, Syrien; † um 395 [spätestens um 400] wahrscheinlich in Rom) war ein römischer Historiker. Er ist neben Prokopios von Caesarea der bedeutendste spätantike Geschichtsschreiber und schrieb in lateinischer Sprache, obwohl seine Muttersprache Griechisch war. Seine Res gestae sind das letzte klassizistische lateinische Geschichtswerk der Antike, das zu großen Teilen überliefert ist. Die erhaltenen Abschnitte behandeln die Jahre von 353 bis 378 und beschreiben die Zeit unmittelbar vor Beginn der sogenannten Völkerwanderung, in der sich die antike Mittelmeerwelt grundlegend veränderte.

Ammianus hat als Soldat unter den Kaisern Constantius II. und Julian gedient und viele der von ihm geschilderten Ereignisse selbst miterlebt. Obwohl er mehr als andere antike Geschichtsschreiber um Objektivität bemüht war, wird seine persönliche Sicht bisweilen recht deutlich. So beurteilte er etwa Constantius II. teilweise sehr negativ, während er von Julian ein ausgesprochen positives Bild zeichnete. Der überragende Wert seiner Res gestae für die Erforschung des 4. Jahrhunderts ist dennoch unbestritten.

Das Römische Reich zur Zeit des Ammianus Marcellinus[Bearbeiten]

Als Ammianus Marcellinus geboren wurde, herrschte Kaiser Konstantin bereits mehrere Jahre über das wiedervereinigte Imperium. Die Grenzen waren weitgehend gesichert, in seinen letzten Lebensmonaten bereitete Konstantin sogar einen Feldzug gegen das neupersische Sassanidenreich vor, den großen Rivalen Roms im Osten, der nur durch seinen Tod am 22.05.337 nicht zustande kam.

Das Imperium Romanum war in der Regierungszeit Konstantins einem tiefgreifenden Wandel unterworfen, der von der modernen Forschung als konstantinische Wende bezeichnet wird: Das nur Jahre zuvor teils sehr blutig verfolgte Christentum wurde nun privilegiert und Ende des 4. Jahrhunderts durch Kaiser Theodosius I. faktisch zur Staatsreligion erhoben. Das Heidentum hingegen – ein allerdings sehr unscharfer Begriff, der ganz verschiedene religiöse Vorstellungen umfasste, von den Mysterienkulten, über die traditionellen römischen Kulte bis hin zu vom Neuplatonismus beeinflussten Strömungen – hatte zur Zeit des Theodosius bereits deutlich an Lebenskraft eingebüßt und wurde am Ende nur noch von einer immer kleiner werdenden Minderheit der Bevölkerung praktiziert. Auch das Kaisertum wurde immer stärker christlich geprägt, bis hin zur Vorstellung, dass der Kaiser Gottes Vizekönig auf Erden sei.

Mit der fortschreitenden Christianisierung von Staat und Gesellschaft waren aber auch Probleme ganz neuer Art verbunden, wie der Arianische Streit deutlich macht: Der alexandrinische Presbyter Arius hatte zu Beginn des 4. Jahrhunderts behauptet, Gott-Sohn sei nicht wesenseins mit Gott-Vater. Der Arianismus (der keine einheitliche Strömung darstellte, sondern in mehrere Einzelgruppierungen zerfiel) fand vor allem in Teilen des Ostens des Imperiums einen Nährboden, während er im Westen scharf verurteilt wurde. Die diesbezüglichen christologischen Streitigkeiten, also die Frage nach dem wahren Wesen Christi, banden erhebliche Energien und wurden mit Leidenschaft nicht nur von Theologen, sondern auch von breiten Bevölkerungsschichten ausgetragen. Kaiser Constantius II., der ab 353 uneingeschränkt über das Imperium herrschte, versuchte während seiner ganzen Regierungszeit vergeblich, ein für die gesamte Reichskirche einheitliches, arianisches Bekenntnis durchzusetzen.

Währenddessen nahm der Druck auf die Grenzen immer mehr zu. Im Osten herrschte seit 337/338 ein fast permanenter Kriegszustand. Wiederholt fielen die Perser in die römischen Orientprovinzen ein, während kaiserliche Offensiven glücklos blieben. Im Westen wurde derweil Gallien wiederholt von germanischen Plünderern verheert, da es im Inneren des Reiches zu Usurpationen wie der des Magnentius kam, worunter die Sicherung der Grenzen litt. Das Imperium konnte sich dennoch behaupten, wenn auch mit einiger Mühe. Ammianus hat viele dieser Ereignisse selbst miterlebt, diese in seinem Geschichtswerk verarbeitet und damit der Nachwelt ein Panorama einer Zeit hinterlassen, in der die Alte Welt einen Transformationsprozess begann, der schließlich das Ende der Antike einläutete.

Quellen[Bearbeiten]

  • Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken. Band 2. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-026525-5, S. 1217–1228.