Harvard University

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Die Harvard University (kurz Harvard) ist eine amerikanische Privatuniversität in Cambridge im Großraum Boston in Massachusetts. Sie gilt als eine der angesehensten Universitäten der Welt und wurde nach dem Theologen John Harvard benannt. Die Gründung geht auf das Jahr 1636 zurück, als fromme englische Kolonisten im damaligen Newetowne den Beschluss fassten, eine Ausbildungsstätte für Geistliche zu errichten. Aus dieser Schule ging die Harvard-Universität hervor, die damit die älteste Universität der Vereinigten Staaten ist.

Obwohl die Universität überkonfessionell ausgerichtet ist, bestanden besonders zu Beginn enge Beziehungen zu den Kongregationalisten und Unitariern Harvard erreicht in internationalen Vergleichen stets einen hohen Platz unter den Spitzenuniversitäten und ist Gründungsmitglied der Association of American Universities. Seit einigen Jahren unterhält die Universität ein globales Netzwerk für Alumni, Gäste und Freunde.

Geschichte[Bearbeiten]

Den ersten hundert puritanischen Flüchtlingen aus England, den Pilgervätern, die 1620 mit der Mayflower an der Ostküste Nordamerikas landeten und dort die Kolonie Plymouth aufbauten, folgten in den nächsten Jahren Tausende weiterer Emigranten. Eine größere Auswanderergruppe unter Führung von John Winthrop, die 1630 mit elf Schiffen Neuengland erreichte, gründete die Kolonie Massachusetts Bay mit der Stadt Boston. Als Nachbarort entstand 1631 Newtown, das einige Jahre später den Namen Cambridge erhielt.

Die oberste Legislative der Kolonie, der Massachusetts General Court, beschloss am 28.10.1636, trotz knapper Kassen ein College zu errichten, das den Bedarf an Geistlichen im gesamten besiedelten Gebiet decken sollte. Die Männer um John Winthrop bewilligten 400 Pfund in zwei Teilbeträgen. Das Projekt erfuhr eine großzügige Förderung durch den puritanischen Geistlichen John Harvard, der 1638 starb und dem College seine Bibliothek und die Hälfte seines Vermögens hinterließ. John Harvard zu Ehren erhielt das College seinen Namen. Ein zweites Vermächtnis fiel dem Harvard College 1661 mit dem Tod von Lady Mowlson Radcliffe (Testament von 1643) zu. Der damit eingerichtete Stipendienfonds für bedürftige Studenten ist der älteste seiner Art in Amerika. Das später gegründete Radcliffe College für Frauen bewahrt ihr ehrendes Andenken.

Es dauerte noch mehr als hundert Jahre, bis sich das streng religiös ausgerichtete Harvard College zur Hochschule mit breiterem Lehrangebot entwickelte. 1811 wurde mit dem Massachusetts General Hospital das noch heute bestehende Lehrkrankenhaus gegründet. In der Folgezeit, vor allem während der Amtszeit von Charles William Eliot von 1869 bis 1909, entwickelte sich Harvard zur modernen Universität. In dieser Zeit stiegen die Einschreibungen von 1000 auf 3000 pro Jahr, die Schulen für Medizin und Rechtswissenschaften wurden erneuert und weitere neu geschaffen. Zu letzteren zählten unter anderem die Schulen für Wirtschaftswissenschaften, Zahnmedizin und Kunst. Außerdem entstand unter Eliot 1879 das Radcliffe College.

Während der Amtszeit von Abbott Lawrence Lowell als Präsident der Universität von 1909 bis 1933 wurde insbesondere die College-Ausbildung an der Harvard University umgestaltet. Diese stand insbesondere im Zeichen der Konzentration des Lehrplans auf einige Kernlehrgebiete für jeden Studiengang. Ergänzt wurde dies durch Neuerungen in der Unterbringung der sogenannten „undergraduates“. Diese sah vor, dass die Studienanfänger ein Jahr lang in den Gebäuden auf oder in der Nähe des Harvard Yards untergebracht waren und im Anschluss auf zwölf weitere Gebäude verteilt wurden. Dies sollte dem Zweck dienen, den sogenannten „Freshmen“ im ersten Studienjahr die Atmosphäre eines kleinen Colleges innerhalb der großen Universität zu bieten. Dieses System hat sich bis heute bewährt und erhalten.

Die Präsidenten der nachfolgenden 70 Jahre führten zahlreiche Erneuerungen durch, die insbesondere im Zeichen der Qualitätsverbesserung der Bildung und der Festigung der Forschungsaktivitäten standen. Zu nennen sind vor allem das General Education Program von Präsident James Bryant Conant in den 1930er Jahren, Innovationen im Bereich der Akquisition externer Forschungsmittel während der Amtszeit von Universitätspräsident Pusey und die Integration des Radcliffe Colleges in die Harvard University.

Universitätsaufbau[Bearbeiten]

Die Harvard-Universität wird verwaltungstechnisch und politisch durch zwei Einrichtungen geführt.

Die Harvard Corporation ist die Exekutive der Universität und verantwortlich für das Management der Universitätsfinanzen und Entscheidungen über die politische und verwaltungstechnische Ausrichtung der Universität. Sie besteht aus sieben Personen, unter anderem dem Universitätspräsidenten. Das Aufsichtsorgan ist das „Board of Overseers“, das aus 30 Mitgliedern besteht, die größtenteils durch die Graduates der Universität gewählt werden. Durch regelmäßige Sitzungen ist das Board of Overseers über die geschäftlichen und politischen Angelegenheiten der Universität gut informiert. Neben der Überwachung obliegt dem Board ebenfalls die Beratung der Corporation vor allem in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Wie im amerikanischen Universitätssystem üblich, ist die Harvard University das Dach für mehrere wirtschaftlich eigenständige Institutionen. Neun Fakultäten obliegt die Verwaltung der zwölf Schulen und Colleges. Hinzu kommt eine Fakultät für die Verwaltung des Radcliffe Institute for Advanced Study. Jede Einheit wird von einem Dekan geleitet, der vom Universitätspräsidenten ernannt wird.

Die akademischen Einheiten („Schools“) der Harvard University sind:

  • Harvard Business School (HBS)
  • Harvard College (College)
  • Harvard University Division of Continuing Education (DCE) / Harvard Extension School (HES)
  • Harvard School of Dental Medicine (SDM)
  • Harvard University Graduate School of Design (GSD)
  • Harvard Divinity School (HDS)
  • Harvard Graduate School of Education (GSE)
  • Harvard School of Engineering and Applied Sciences (SEAS)
  • John F. Kennedy School of Government (HKS)
  • Harvard Graduate School of Arts and Sciences (GSAS)
  • Harvard Law School (HLS)
  • Harvard Medical School (HMS)
  • Harvard T.H. Chan School of Public Health (HSPH)
  • Radcliffe Institute for Advanced Study – Harvard University (Radcliffe)

Weitere Einrichtungen[Bearbeiten]

Harvards Bibliothekssystem, die Harvard University Library, ist das älteste in den Vereinigten Staaten. Zusammengeschlossen sind neben einem Zentrum für Bestandserhaltung, dem Weissman Preservation Center, für die große Zahl an besonders wertvollen Sammlungsbeständen, rund 80 Einzelbibliotheken, die selbst teils Weltruf genießen und die den größten universitären Bibliothekskomplex der Welt bilden. Zurzeit (Stand: 2013) umfassen die Universitätsbibliotheken der Harvard University mehr als 16,8 Millionen Bände, Manuskripte und Mikrofilme, die über die OPACs HOLLIS und HOLLIS Classic erschlossen werden. Das Hauptgebäude ist die 1915 eröffnete Widener Library.

Die Harvard University verfügt über eigene Studentenwohnheime und ein Wahlsystem, durch das die Studenten ihre Kurse teilweise selbst bestimmen können. Daneben existiert ein Pflichtprogramm zur Begabtenförderung. Am Harvard College, dem ältesten Teil der Universität, kann man den Abschluss des Bachelor of Arts (B.A.) und den Bachelor of Science (B.S.) erlangen. Traditionell werden in Harvard für die Abschlüsse die lateinischen Bezeichnungen verwendet, also A.B. (Artium Baccalaureus) und S.B. (Scientiae Baccalaureus).

Obwohl die Studentenschaft in Harvard heute beide Geschlechter umfasst, existierte ursprünglich eine Studieneinrichtung nur für Frauen, das Radcliffe College. Erst 1975 schaffte Harvard die Zulassungsbeschränkung für Studentinnen ab. Die Zulassungskriterien zählen zu den härtesten der USA: Für die Abschlussklasse 2017 wurden 5,8% der Bewerber angenommen, die niedrigste Quote aller Ivy-League-Universitäten.

Zu den ausländischen Harvard-Institutionen gehört etwa der ehemalige Wohnsitz des Kunstkritikers Bernard Berenson, die Villa I Tatti in Settignano (Italien), heute ein Universitätszentrum für Studien der Renaissance. Auch das internationale Salzburg Seminar mit Sitz in Schloss Leopoldskron in Salzburg wurde 1947 von Harvard-Studenten ins Leben gerufen.

Das Arnold-Arboretum ist ein zur Universität gehöriges Arboretum, also ein Botanischer Garten mit Schwerpunkt auf Bäume und Sträucher. Das Harvard-College-Observatorium ist heute Bestandteil des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Zu den weiteren Einrichtungen der Universität gehört das Harvard Radcliffe Institute, das eine Fortführung des Radcliffe College ist.

Finanzierung, Vermögensverwaltung[Bearbeiten]

Als typische private Stiftungsuniversität bestand für die Harvard-Universität schon immer die Notwendigkeit, den beständig steigenden Mittelbedarf selbst aufzubringen. Die Regelstudiengebühren von rund 52.000 US-Dollar pro Jahr und Studienplatz decken nur einen kleineren Teil der Kosten, denn etwa 70 % aller Studenten erhalten Stipendien und/oder erhebliche Teile der Studiengebühren erlassen. Studiengebühren, abzüglich aller Stipendien, stellten im Jahr 2010 nur 19 Prozent der Gesamteinnahmen dar. Ein größerer Teil der Einnahmen stammt aus den zahlreichen Patenschaften und Kooperationen mit Firmen, gesellschaftlichen Gruppen, aus Vermächtnissen reicher Freunde, oft ehemalige Studenten, und vor allem aus Erträgen des Stiftungsvermögens. Die Gesamteinnahmen zum Ende des Geschäftsjahres 2010 betrugen rund 3,7 Milliarden US-Dollar.

Schon früh war die Universitätsleitung dazu übergegangen, sich den Schwankungen dieser Einnahmequellen durch Anlegen eines Finanzpolsters möglichst zu entziehen. In den letzten Jahrzehnten hat sich Harvard einen Vermögensstock zugelegt, der mit der Börsenentwicklung zum 30. Juni 2008 auf rund 37 Milliarden US-Dollar aufgelaufen war. Von anfangs fünf Bankfachleuten war die Finanzverwaltung schließlich auf 200 Fachleute angewachsen, die einen regen Personalaustausch mit den Investmentspezialisten der Banken betrieben. Schon lange hatten Spötter anzumerken, dass Harvard sich zu einer „Bank mit angeschlossener Universität“ entwickelt habe.

Der Vermögensfonds Harvards wurde von der Weltfinanzkrise 2007–2008 getroffen: der Gesamtwert des Fonds war 2009 um mehr als ein Viertel eingebrochen. Viele Fakultäten mussten in diesem Jahr mit erheblichen Budgetkürzungen zurechtkommen. Trotz der Verluste blieb Harvard mit einem Vermögen von rund 26 Milliarden US-Dollar (Stand: Juni 2009) weiterhin die vermögendste Hochschule der Welt. Bis 2011 war der Vermögenswert wieder stark angestiegen und betrug 32 Milliarden US-Dollar. Er sank zuletzt von 51,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf 49,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022.