Islamische Expansion

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Die islamische Expansion bezeichnet im Folgenden die Eroberungen der Araber von der Mitte der 630er Jahre an und die damit einhergehende Ausdehnung des Islams bis ins 8. Jahrhundert hinein. Mit dem Beginn der islamischen Expansion wird häufig auch das Ende der Antike angesetzt.

In den 630er Jahren begann der Angriff der Araber auf das Oströmische bzw. Byzantinische Reich und das neupersische Sassanidenreich, wobei beide spätantiken Großmächte von einem langjährigen Krieg gegeneinander stark geschwächt waren. Die Oströmer verloren 636 Palästina und Syrien, 640/42 Ägypten und bis 698 ganz Nordafrika an die Araber. Während die Oströmer ein Restreich mit dem Schwerpunkt Kleinasien und Balkan halten konnten, ging das Sassanidenreich 651 unter. In den folgenden Jahrzehnten griffen die Araber auch zur See an. Sie eroberten zu Beginn des 8. Jahrhunderts das Westgotenreich auf der Iberischen Halbinsel und drangen im Osten bis nach Zentralasien vor.

Mehrere Städte ergaben sich oft kampflos bzw. nach Verhandlungen den neuen Herren. Christen, Zoroastrier und Juden durften als „Leute des Buches“ ihren Glauben behalten, mussten aber Sondersteuern entrichten und Restriktionen bei der Glaubensausübung akzeptieren. Die Islamisierung der eroberten Gebiete verlief unterschiedlich schnell und ging zunächst eher langsam voran; noch gut 300 Jahre nach der militärischen Eroberung stellten Muslime in vielen Teilen des Reiches nicht die Mehrheit.

Der arabische Vormarsch konnte schließlich im Osten von den Byzantinern gestoppt werden, während den Arabern im Westen nur kleinere Vorstöße in das Frankenreich gelangen. Damit begann im Frühmittelalter die fortdauernde Teilung Europas und des Mittelmeerraums in einen islamischen und einen christlichen Teil, der seinerseits in einen lateinischen Westen und einen von Byzanz dominierten griechischen Osten zerfiel.

Ausgangssituation[Bearbeiten]

Der islamische Machtbereich erstreckte sich beim Tod des Propheten Mohammed 632 n. Chr. auf die Arabische Halbinsel, deren Randgebiete weitgehend unter der Kontrolle des Byzantinischen Reiches (Ostrom) und des Sassanidenreiches standen.

Diese beiden Großmächte der Spätantike hatten sich bei ihrer Grenzverteidigung lange großteils auf arabische Stämme verlassen. Doch hatte der sassanidische Großkönig Chosrau II. das Reich der Lachmiden, deren Hauptstadt Hira im heutigen Südirak lag, bereits um 602 vernichtet. Ostrom stützte sich seit dem 5. Jahrhundert vielfach auf die teilweise christlichen arabischen Ghassaniden, die südlich von Damaskus herrschten.

Als Mohammed gestorben war, kam es unter den muslimischen Arabern zu einer Abfallbewegung (ridda), da viele Stämme der Ansicht waren, nur dem Propheten selbst verpflichtet gewesen zu sein. Der erste Kalif Abū Bakr entschied sich, weiter an einem nicht nur religiösen, sondern auch politischen Führungsanspruch festzuhalten, und unterwarf die Abtrünnigen militärisch; zugleich hielt man Ausschau nach neuen, gemeinsamen Feinden. Die Araber hatten bereits lange zuvor Plünderungs- und Raubzüge unternommen. Für die folgenden Eroberungszüge gegen Ostrom und Persien kamen religiöse, ökonomische und innenpolitische Motive zusammen, die die Araber antrieben.

Begünstigt wurde die arabische Eroberung dabei nicht zuletzt durch die damalige ungewöhnliche Schwäche ihrer Gegner: Sowohl Ostrom als auch Persien waren von einem langen Krieg völlig erschöpft, der von 602/603 bis 628/629 angedauert und alle Ressourcen beansprucht hatte, zumal beide Mächte zuvor im 6. Jahrhundert wiederholt gegeneinander Krieg geführt hatten (Römisch-Persische Kriege). Beide Reiche waren ganz aufeinander fixiert und militärisch nicht auf einen Angriff der Araber eingerichtet. Kurz vor dem Tod des Kaisers Herakleios (610 bis 641), der die Sassaniden mit Mühe besiegt und so das Reich noch einmal gerettet hatte, trat die arabisch-islamische Expansion in die Hauptphase ein.

Islamische Expansion[Bearbeiten]

Arabische Eroberung des römischen Orients[Bearbeiten]

Beginn der arabischen Angriffe[Bearbeiten]

Bereits 629 war ein islamisch-arabisches Heer in Palästina eingefallen, jedoch im September bei Muta von oströmischen Truppen geschlagen worden. Da es sich um einen eher kleineren Vorstoß zu handeln schien, erregte dies bei den Oströmern kein besonderes Aufsehen. Tatsächlich scheinen Kaiser Herakleios und seine Berater die Gefahr zunächst nicht adäquat eingeschätzt zu haben. Ende 633/Anfang 634 rückte dann aber eine arabische Armee nach Palästina und Syrien vor (siehe auch Islamische Eroberung der Levante). Herakleios delegierte die Verteidigung (wie schon zuvor) an einige seiner Generäle und scheint zunächst auf Zeit gespielt zu haben, um mehr Informationen über die Angreifer und den neuen Glauben zu erhalten; eventuell spielte auch sein womöglich verschlechterter Gesundheitszustand eine Rolle.

Die folgenden Ereignisse lassen sich aus der teils recht reichhaltigen, aber oft auch problematischen islamischen Geschichtsschreibung (wobei die relevanten erhaltenen Werke erst im 9. Jahrhundert verfasst wurden) und einzelnen christlichen Quellen rekonstruieren. Allerdings ist gerade die frühe Phase der Expansion eher dürftig belegt. Des Weiteren sind die genaue Chronologie, Zahlenangaben und andere Detailfragen oft eher unsicher und in der neueren Forschung ist es umstritten, ob man zu dieser frühen Zeit bereits vom Islam als eigener Religion sprechen kann.

Im Februar 634 schlugen die arabischen Verbände die Oströmer bei Gaza, die sich aber noch bis in den Spätsommer 637 halten konnten. Noch 634 erlitten die Oströmer bei Dathin und Ajnadayn zwei weitere Niederlagen, so dass die arabischen Verbände relativ tief nach Palästina und weiter nach Syrien vorstoßen konnten. 635 eroberten die Araber Damaskus; eine oft angenommene Belagerung ist fraglich, es kam aber in diesem Zusammenhang zu einer vertraglichen Übergaberegelung. Der Kapitulationsvertrag der Stadt Damaskus sollte Modellcharakter erhalten; zumindest spätere Regelungen sahen vor: Die nicht-muslimische Bevölkerung sollte eine Kopfsteuer (dschizya) entrichten, war dafür aber von den islamischen Steuern, der Zakat und der Sadaqa befreit. Außerdem wurde den Christen und Juden die eingeschränkte Ausübung ihrer Religion gewährt.

Quellen[Bearbeiten]

  • Lutz Berger: Die Entstehung des Islam. Die ersten hundert Jahre. C. H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69693-0.