Byzantinisches Reich

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Das Byzantinische Reich, verkürzt auch nur Byzanz, oder das Oströmische Reich bzw. Ostrom war ein Kaiserreich im östlichen Mittelmeerraum. Die o.g. Namen sind modernen Ursprungs. Für Zeitgenossen handelte es sich zunächst um die östliche Hälfte des spätantiken Römischen Reiches, das bei der sog. Reichsteilung von 395 in 2 Verwaltungseinheiten mit je einem Kaiser unterteilt wurde. Im späten 5. Jahrhundert, nach dem Untergang des Weströmischen Reiches, wurde Ostrom zum Nachfolger des stets ungeteilten Imperiums. Regiert wurde das Reich aus der Hauptstadt Konstantinopel, auch Byzanz genannt, es erstreckte sich während seiner größten Ausdehnung Mitte des 6. Jahrhunderts inkl. rückeroberter Teile des untergegangenen Westreichs von Südspanien, Italien und der Balkanhalbinsel bis zur Arabischen Halbinsel und nach Nordafrika. Seit dem 7. Jahrhundert war es aber weitgehend auf Kleinasien und Südosteuropa beschränkt. 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel und das Byzantinische Reich endete.

Die Geschichte des Reiches war vom Abwehrkampf gegen äußere Feinde geprägt, der seine Kräfte erheblich beanspruchte und seine Ressourcen in der Spätzeit erschöpfte. Zuvor wechselten sich Phasen des Rückzugs, etwa nach den Gebietsverlusten im siebten Jahrhundert, mit solchen der Expansion ab, wie während der Eroberungen im zehnten und elften Jahrhundert. Im Inneren kam es besonders bis ins neunte Jahrhundert immer wieder zu unterschiedlich stark ausgeprägten theologischen Auseinandersetzungen sowie zu vereinzelten Bürgerkriegen, doch blieb das an römischen Strukturen orientierte staatliche Fundament bis ins frühe 13. Jahrhundert weitgehend intakt.

Da die Christianisierung Osteuropas wesentlich von Byzanz ausging, übte es einen starken Einfluss auf Kunst und Kultur der Länder der Orthodoxie aus. Dies betrifft insbesondere Griechenland und Russland, die sich zeitweilig als Nachfolger Ostroms betrachteten. Aber auch für Westeuropa ist der byzantinische Einfluss von großer Bedeutung. Da das Erbe der Antike in Byzanz stärker bewahrt wurde, nahm das Reich vor und während der Renaissance eine wichtige kulturelle Mittlerrolle ein. Bedeutende Werke der Antike, etwa des Rechts oder der Literatur sind dem Westen durch byzantinische Gelehrte überliefert worden.

Begriffsbestimmung und Begriffsgeschichte[Bearbeiten]

Der Byzantinist Georg Ostrogorsky charakterisierte das Byzantinische Reich als eine Mischung aus römischem Staatswesen, griechischer Kultur und christlichem Glauben.

In der modernen Forschung wird die Geschichte des Byzantinischen Reiches in drei Phasen unterteilt:

  1. die spätantik-frühbyzantinische Zeit (um 300 bis Mitte des 7. Jahrhunderts), in der das Reich als Osthälfte des Imperium Romanum noch antik-römisch geprägt war und als intakte Großmacht den gesamten östlichen Mittelmeerraum kontrollierte;
  2. die mittelbyzantinische Zeit (Mitte des 7. Jahrhunderts bis 1204/1261), in der sich das nun vollkommen gräzisierte Reich nach großen Gebietsverlusten wieder konsolidierte und immer noch ein bedeutender Machtfaktor im Mittelmeer war;
  3. die spätbyzantinische Zeit (1204/1261 bis 1453), in der das Reich auf einen Stadtstaat zusammenschrumpfte und in der Region politisch keine Rolle mehr spielte.

Neben dieser traditionellen Periodisierung existieren auch teils davon abweichende Überlegungen; so setzt sich in der neueren Forschung zunehmend die Tendenz durch, die im engeren Sinne „byzantinische“ Geschichte erst mit dem späten sechsten oder siebten Jahrhundert beginnen zu lassen und die Zeit davor der (spät-)römischen Geschichte zuzurechnen. Zwar ist diese Position nicht unumstritten, doch in der Praxis beschäftigten sich mit der oströmischen Geschichte vor dem frühen 7. Jahrhundert heute in der Tat vor allem Althistoriker, während sich die meisten Byzantinisten inzwischen auf die Folgezeit konzentrieren.

Die von der Hauptstadt abgeleitete Bezeichnungen Byzantiner und Byzantinisches Reich sind modernen Ursprungs. Die Byzantiner – und die Griechen bis ins 19. Jahrhundert hinein – betrachteten und bezeichneten sich selbst als „Römer“ (gr. Rhōmaîoi; vergleiche Rhomäer). Das Wort „Griechen“ (Héllēnes/Éllines) wurde fast nur für die vorchristlichen, paganen griechischen Kulturen und Staaten verwendet. Erst um 1400 bezeichneten sich auch einige gebildete Byzantiner wie Georgios Gemistos Plethon als „Hellenen“. Zeitgenossen sprachen stets von der Basileía tōn Rhōmaíōn/Vasilía ton Romäon „Reich der Römer“) oder der Rhōmaïkḗ Autokratoría/Romaikí Aftokratoría „Römischer Herrschaftsbereich“ bzw. „Römisches Kaiserreich“; dies ist die direkte Übersetzung des lateinischen Imperium Romanum ins Griechische). Nach ihrem Selbstverständnis waren sie also nicht die Nachfolger des Römischen Reiches – sie waren das Römische Reich. Deutlich wird dies auch dadurch, dass die Bezeichnungen „Oströmisches“ und „Weströmisches Reich“ modernen Ursprungs sind und es nach zeitgenössischer Auffassung nur ein Reich unter zwei Kaisern gab, solange beide Reichsteile existierten.

Formal war dieser Anspruch berechtigt, da es im Osten keinen Einschnitt wie im Westen gegeben hatte und Byzanz in einem weitaus nahtloser an die Spätantike anschließenden Zustand fortbestand, der sich erst nach und nach veränderte und zu einer Gräzisierung des Staates unter Herakleios führte. Allerdings war bereits vorher die vorherrschende Identität des Oströmischen Reiches griechisch und Latein nur die Sprache der Herrschaft gewesen, die in der Armee, am Hof und in der Verwaltung benutzt wurde, nicht im Alltag. Altgriechisch und seit der Wende um 600 das Mittelgriechische, lautlich mit dem heutigen Griechisch schon fast identisch, ersetzte nicht nur seit Herakleios Latein als Amtssprache, sondern war auch die Sprache der Kirche, Literatursprache (bzw. Kultursprache) und Handelssprache.

Das Oströmische/Byzantinische Reich verlor seinen römisch-spätantiken Charakter erst im Laufe der arabischen Eroberungen im siebten Jahrhundert. Es sah sich zeit seines Bestehens als unmittelbar und einzig legitimes, weiterbestehendes Römisches Kaiserreich und leitete daraus einen Anspruch auf Oberhoheit über alle christlichen Staaten des Mittelalters ab. Dieser Anspruch war zwar spätestens seit dem 7. Jahrhundert nicht mehr durchsetzbar, wurde aber in der Staatstheorie konsequent aufrechterhalten.