Landstände

Aus Twilight-Line Medien

Als Landstände bezeichnet man die politischen Vertretungen der Stände in den europäischen Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit gegenüber dem jeweiligen Landesherrn.

Begriff[Bearbeiten]

Landstände nahmen einerseits an der landesherrlichen Macht teil, standen jedoch andererseits als eigenständige Interessenvertretung und damit als Gegenpol dem Fürsten gegenüber. Sie bildeten sich als Korporationen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit unter den verschiedensten Bezeichnungen in ganz Europa. Kennzeichen aller europäischen Landstände war das Recht auf Steuerbewilligung, mit dem sie eine wichtige Einflussmöglichkeit auf die Politik des jeweiligen Herrschers hatten. Die ständische Verfassung stellte eine vormoderne Stufe des parlamentarischen Systems dar.

Die Bezeichnungen für Ständekorporationen in Europa waren z. B. États généraux (Frankreich), Cortes (Kastilien, Aragón, Portugal), Parliament (England), Ståndsriksdag (Schweden), Staten-Generaal (Niederlande), Rigsrådet (Dänemark), Sejm (Polen) und Český zemský sněm in Böhmen.

Die Zusammensetzung der Landstände war je nach Land und Zeit sehr verschieden. Außerdem wurden sowohl die Vertretungen der älteren Ständeordnung, in der das ständische Element vorherrschend war, als auch die Volksvertretungen der neueren Repräsentativsysteme als Landstände bezeichnet. Sowohl in der Ständeordnung als auch in den neueren Repräsentativsystemen war für die allgemeine Versammlung der Landstände die Bezeichnung Landtag gebräuchlich geworden. Die Gesamtheit der Landstände eines Herrschaftsgebietes wurde auch Landschaft genannt.

Im älteren ständischen System bestanden die Landstände ursprünglich aus der Versammlung der Abgeordneten der privilegierten Stände eines Landes, dem Adel und dem Klerus, welche sich zu einer festen Körperschaft zusammengeschlossen hatten. Später kamen daneben auch Vertreter von Städten hinzu. In einzelnen Fällen (bspw. in Tirol, Württemberg oder Mecklenburg) waren auch freie Bauern als Abgeordnete des Bauernstandes zur Mitsprache berechtigt. Eine eigentümliche Ausnahme bildeten hier die Stände des Landes Hadeln: Diese wurden fast ausschließlich aus Großbauern gebildet.

Auf den Landtagen wurden die Landstände in einzelne Kurien (Abteilungen) eingeteilt. So wurden in der Regel drei Kurien unterschieden: die Prälaten, die Ritterschaft und die Städte. Die früheren Landstände vertraten allerdings zunächst nur die Rechte ihres eigenen Standes und konnten jedenfalls nur mittelbar zugleich auch als Vertretung der gesamten Bevölkerung ihres Landes gelten. In den Ständeordnungen konnte der Landesfürst im Gegensatz zu absolutistischen Herrschaftssystemen außerhalb seines eigenen Herrschaftsgebietes (Kammergüter) ohne die Einwilligung der Landstände keine neuen Steuern erheben und neue Gesetze verabschieden. Die Landstände hatten in einzelnen Beziehungen auch Anteil an der Rechtspflege und anderen öffentlichen Angelegenheiten. Die Grenzen ihrer Befugnisse waren in der Regel aber nicht genau bestimmt.

Zum Teil wurde die Bezeichnung Landstände auch für die konstitutionellen Volksvertretungen der neueren Repräsentativsysteme beibehalten, die in vielen Staaten im Laufe des 19. Jahrhunderts an die Stelle der privilegierten Stände der Ständeordnung getreten waren. In diesem Sinne verlangte die Deutsche Bundesakte, dass die Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes eine landständische Verfassung haben sollten.

Quellen[Bearbeiten]

  • Kersten Krüger: Die landständische Verfassung. (= Enzyklopädie deutscher Geschichte. 67). München 2003, ISBN 3-486-55017-9.