Simon Petrus

Aus Twilight-Line Medien

Simon Petrus (* in Galiläa; † um 64–67, möglicherweise in Rom) war nach dem Neuen Testament einer der ersten Juden, die Jesus Christus in seine Nachfolge berief. Er wird dort als Sprecher der Jünger bzw. Apostel, erster Bekenner, aber auch Verleugner Jesu Christi, Augenzeuge des Auferstandenen und einer der Leiter („Säulen“) der Jerusalemer Urgemeinde dargestellt. Hinzu kommen sehr viel spätere Notizen in Apostelakten und bei diversen Kirchenvätern, wonach Petrus erster Bischof von Antiochien sowie Gründer und Haupt der Gemeinde von Rom gewesen sei und dort das Martyrium erlitten habe.

Simons Historizität wird aufgrund übereinstimmender Angaben in den frühesten Textbestandteilen der Evangelien und archäologischer Funde angenommen. Das Neue Testament überliefert jedoch nur wenige als zuverlässig betrachtete biografische Details über ihn. Spätere Notizen werden als weitgehend legendarisch angesehen. Ein Aufenthalt Petri in Rom wird in der Bibel nicht erwähnt.

Die römisch-katholische Kirche führt den Primatsanspruch des Papsttums über die Gesamtkirche auf die Tradition zurück, Petrus sei der erste Bischof von Rom gewesen und Christus habe Petrus und dieser den folgenden Bischöfen von Rom einen Vorrang als Leiter, Lehrer und Richter aller Christen gegeben. Die Päpste werden daher auch als „Nachfolger Petri“ bezeichnet. Die übrigen Kirchen lehnen diesen Anspruch ab. Historisch gab es im 1. Jahrhundert noch keinen Monepiskopat, das heißt, die christliche Gemeinde wurde nicht von einem einzelnen römischen Bischof geleitet. Dennoch gilt Petrus auch für die altorientalischen, orthodoxen, altkatholischen sowie die anglikanischen Kirchen als erster Bischof von Rom und als Heiliger. Auch die evangelischen Kirchen erinnern mit einem Gedenktag an ihn.

Quellenlage[Bearbeiten]

Alle Quellen zu Simon Petrus stammen aus der christlichen Überlieferung. Mögliche biografische Informationen finden sich vor allem in den Evangelien, den Paulusbriefen, weiteren Apostelbriefen und der Apostelgeschichte des Lukas. Diese Quellen berichten im Kontext ihrer missionarischen und theologischen Verkündigungsabsichten von Petrus. Sie werden von der historisch-kritischen Bibelwissenschaft quellenkritisch untersucht.

Zusätzliche Angaben zu Simon Petrus finden sich vor allem im Ersten Clemensbrief, bei den Kirchenvätern Irenäus und Eusebius wie auch bei Tertullian. Diese Quellen stammen aus dem 2. bis 4. Jahrhundert und verdanken ihre Entstehung, Verbreitung und Überlieferung nicht zuletzt den kirchenpolitischen Interessen der Autoren und Tradenten, die in der Auseinandersetzung mit häretischen Strömungen innerhalb des frühen Christentums den Bibelkanon, das monarchische Bischofsamt und die Idee der apostolischen Sukzession entwickelten. Sie betonen zum einen die Bedeutung Petri für die Vorrangstellung Roms vor den übrigen Patriarchaten und stellen ihn zum anderen als Beispiel für einen „sündigen Heiligen“ dar, dessen Verleugnung und anschließende Reue und Bekehrung zeige, dass allen Menschen das Heil offensteht.

Apostelakten zu Simon Petrus werden in der Regel als Legenden beurteilt, die weitgehend ahistorische Erzählungen beinhalten.

Archäologische Zeugnisse für eine Petrusverehrung in Rom stammen aus dem 1. Jahrhundert. Ob sie seinen Aufenthalt und sein Begräbnis dort belegen, ist stark umstritten.

Angaben im Neuen Testament[Bearbeiten]

Name[Bearbeiten]

Alle Evangelien kennen den Jünger unter dem Namen Simon; Jesus redet ihn bis auf eine Ausnahme Vorlage:Bibel immer so an. Es handelt sich um die griechische Form des biblischen Namens Simeon (hebräisch Schim’on), dem Tanach zufolge einer der Söhne Jakobs und Stammvater eines der zwölf Stämme Israels. Patriarchennamen waren unter palästinischen Juden dieser Zeit besonders beliebt und wurden häufig auch in der griechischen Übersetzung verwendet. Da auch Simons Bruder Andreas einen griechischen Namen trägt, scheint diese Namensform die ursprünglichere zu sein.

In Matthäus nennt Jesus seinen Jünger mit Vatersnamen Simon Barjona („Simon, Sohn des Jona“). Zu möglichen politischen Konnotationen dieser Anrede und zu der Frage, ob der Vater der beiden Apostel Jona oder, wie es an anderer Stelle im Neuen Testament heißt, Johannes (hebräisch Jochanan) geheißen haben kann, gibt es verschiedene Theorien (siehe unten, Abschnitt „Herkunft und Berufung“).

Paulus von Tarsus nennt den Apostel meist Kephas (Κηφᾶς), eine gräzisierte Form des auch in den Evangelien überlieferten Beinamens Kefa (Kēp’, in hebräischen Buchstaben כיפא), ein aramäisches Wort, das als Eigenname kaum belegt ist und eigentlich „Stein“ bedeutet. Galater übersetzt den Namen zweimal ins Griechische zu Πέτρος (Pétros), was ebenfalls „Stein“ bedeutet und mit dem griechischen Wort für „Fels“ (πέτρα) verwandt ist. Im Hebräischen hat das Wort kēp (כֵּף) ebenfalls die Grundbedeutung „Fels“ oder „Stein“. Sowohl das semitische als auch das griechische Wort bezeichnen einen gewöhnlichen Naturstein (Wurfstein, Bruchstein, Kieselstein), im Hebräischen auch einen Felsen, im Aramäischen kann (seltener) ebenfalls ein Felsen, Felsbrocken oder eine Felsenspitze gemeint sein.

Jesus selbst soll Simon den Beinamen Kefa verliehen haben; wo und wann, überliefern die Evangelien unterschiedlich. Einige Exegeten nahmen an, Simon habe den Beinamen erst als Apostel der Urgemeinde angenommen, und dies sei nachträglich auf Jesus zurückgeführt worden (vgl. Joh 1,42). Die meisten Forscher (darunter Peter Dschulnigg, Joachim Gnilka, John P. Meier, Rudolf Pesch) gehen jedoch davon aus, dass Simon diesen Beinamen bereits im ersten Jüngerkreis trug, da Kephas in einigen der ältesten NT-Schriften als eigentlicher Name oder von Anfang an verwendeter Beiname (Mt 4,18; 10,2) des Apostels erwähnt ist. Auch wird zumeist angenommen, dass ihm der Beiname tatsächlich von Jesus gegeben wurde. John P. Meier weist darauf hin, dass die Evangelien eine Nennung des Namens Petrus oder Kephas im Munde Jesu an vielen Stellen auffällig vermeiden; er hält es für denkbar, dass dieser Name für den Gebrauch im Verhältnis unter den Jüngern, aber nicht im Verhältnis zu Jesus bestimmt war.

Vermutet wurde auch, der ursprüngliche Sinn des Namens erschließe sich aus der angenommenen Wortbedeutung „Edelstein“ im Aramäischen, was die besondere Rolle Simons als Wortführer der Erstberufenen hervorheben könnte. Die Sinnverschiebung zu „Fels“ als Fundament der Kirche sei dann als nachösterliche Umdeutung zu verstehen. Die im Anschluss an Rudolf Pesch vermutete Übersetzung von kefa als „Schmuckstein“ oder „Edelstein“ zur (auszeichnenden) Benennung einer Person ist vom Aramäischen her jedoch nicht hinreichend zu belegen, da der Gebrauch der aramäischen Wurzel kp als Personenname nicht nachgewiesen ist und überhaupt kaum Beispiele einer Verwendung des Wortes in der Bedeutung „Edelstein“ bekannt sind, in denen dieses Verständnis nicht durch Zusammensetzungen, attributive Zusätze (etwa „guter Stein“ im Sinne von „edel“ oder „wertvoll“) oder einen eindeutigen Kontext nahegelegt würde.

Der protestantische Heidelberger Judaist und Talmud-Übersetzer Reinhold Mayer (1926–2016) vermutete, der Namensgebung durch Jesus liege neben dem Gedanken an den Grundstein des Jerusalemer Tempels eine ironische Anspielung auf den ungewöhnlichen Namen des zu seiner Zeit amtierenden Hohenpriesters Kajaphas (קיפא) zugrunde. Die in griechischer Umschrift verschieden vokalisierten Namen Kaiphas und Kephas unterscheiden sich in hebräischer Schrift nur in den anlautenden Konsonanten (Koph bei Qajfa statt Kaph bei Kefa), die sehr ähnlich klingen. Damit wohne dem Namen ein (möglicherweise durchaus ernst gemeinter) Anspruch auf die Ablösung des Hohenpriesters durch den Führer der Zwölfergruppe um Jesus inne, der selbst im Rahmen seines Messianismus den Königstitel für sich beanspruchte. Der erst durch die Jerusalemer Inschriftenfunde von 1990, mit denen der Name des Hohepriesters erstmals in hebräischen Schriftzeichen belegbar wurde, ins Bewusstsein der Forschung getretene „verblüffende Gleichklang des Beinamens des Simon mit dem des höchsten Amtsinhabers am Jerusalemer Tempel“ wirft auch für den katholischen Exegeten Martin Ebner ein neues Licht auf den viel umrätselten Beinamen des Simon Petrus. Falls Absicht dahinterstecke, hätte „Jesus mit dieser delikaten Spitznamenwahl eine symbolische Enteignung vorgenommen“.

Ähnlich wie Jesus Christus wurde auch Simon Petrus spätestens mit der lateinischen Bibelübersetzung Vulgata (um 385) zum Eigennamen.

Quellen[Bearbeiten]