Staatsvolk

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Das Staatsvolk ist die Gesamtheit der durch die Herrschaftsordnung eines Staates vereinigten Menschen. Neben dem Staatsgebiet und der Staatsgewalt ist es eines der drei Elemente des Staatsbegriffs im Völkerrecht.

Begriff und Abgrenzung[Bearbeiten]

Unter Staatsvolk versteht man nach Reinhold Zippelius das im Staatsgebiet lebende Volk, wozu er nicht nur die Staatsangehörigen rechnet, sondern alle, die der Regelungsmacht des Staates unterliegen, also auch Ausländer und Staatenlose. Hans Kelsen vertrat bereits 1925 den Standpunkt, auch der Fremde gehöre zum Staatsvolk, er habe lediglich nicht die Rechte der Staatsbürger. Der Verfassungsjurist Karl Brinkmann erklärt es für gleichgültig, ob die einem Staat angehörenden Menschen „zu einem Volk zählen oder nicht“, weshalb er den Ausdruck Bevölkerung bevorzugt.

Die herrschende Meinung definiert das Staatsvolk dagegen als die Summe der Staatsangehörigen, die zu ihrem Staat in einem rechtlichen Verhältnis stehen, und der ihnen möglicherweise staatsrechtlich prinzipiell gleichgestellten Personen. Gemeint ist damit aber kein Volk im ethnischen Sinne oder Teil eines Volkes, der in einem Staat lebt (Volksgruppe). Gemeint sind vielmehr Menschen mit gemeinsamer Staatsbürgerschaft, also Bürger eines Staates (Staatsbürger), unabhängig von der Nationalität (Ethnie, Herkunft) des einzelnen Bürgers. Als Gesellschaft tritt für die Staatsangehörigen zu der regelmäßigen Unterworfenheit unter die Staatsgewalt (jedenfalls bei Aufenthalt im Inland) eine besondere personale Beziehung zum Staat hinzu: Staatsangehörigkeit ist ein Status, der wechselseitige Rechte und Pflichten für Staatsangehörige begründet.

Zu unterscheiden ist der Begriff des Staatsvolks von

  • dem Begriff der Gewaltunterworfenen: das sind alle, die sich im Staatsgebiet aufhalten und folglich der Gebietshoheit unterworfen sind, d. h. die der Gebietsherrschaft eines Staates unterliegenden Personen, also etwa auch Ausländer oder Durchreisende (unabhängig von Staatsbürgerschaft und Nationalität)
  • dem Begriff des Staatsbürgervolkes: darunter versteht man die Gesamtheit derjenigen, die am status activus, insbesondere am Wahlrecht teilhaben. Dies wird durch das jeweilige Staatsrecht bestimmt; meist wird Wohnsitz im Inland und immer ein Mindestalter vorausgesetzt. Bundeswahlgesetz); entspricht dem Demos, welches die Grundlage der Volksherrschaft, der Demokratie, bildet.
  • dem Begriff der Bevölkerung (oder Gebietsgesellschaft: das sind alle Personen mit Wohnsitz im Staatsgebiet (ein bestimmtes Gebiet wird von Menschen bevölkert = bewohnt);
  • dem Begriff des Volkszugehörigen: das sind Personen mit einer gemeinsamen ethnischen Abstammung wie die Staatsangehörigen, z.B. die „deutschen Volkszugehörigen“ im Sinne von §6 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) – hierunter fallen fremde Staatsangehörige und Staatenlose.

Das Staatsvolk (alle Bürger eines Staates) als konstitutives Staatselement wird im internationalen Recht über das formelle Bindeglied der Staatsangehörigkeit bestimmt. Aus der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit folgt, dass auch Vielvölkerstaaten nur ein Staatsvolk besitzen. Das konstituierte Staatsvolk (pouvoir constitué) ist in hohem Maße ein rechtliches Konstrukt, weil es erst durch die Rechtsordnung hervorgebracht und dieser daher nachgelagert ist.

Während das Staatsvolk nur durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur Herrschaftsordnung eines Staates bestimmt wird, beruht das Selbstbestimmungsrecht der Völker auf den ethnischen, kulturellen und gesellschaftlichen Merkmalen eines Volks oder einer Volksgruppe.

Laut dem Rechtswissenschaftler Ulrich Vosgerau kommt dem Staatsvolk und dessen Willen zur staatlichen und staatsrechtlichen Einheit die entscheidende Bedeutung für das völkerrechtliche Bestehen und Fortbestehen eines Staates zu.

Rechtliche Anknüpfungen an die Zugehörigkeit zum Staatsvolk[Bearbeiten]

Der Umfang der Rechte des Staatsvolks kann sehr unterschiedlich sein: in freiheitlichen Demokratien ist er weit, in Diktaturen kann er auf ein Nichts zusammenschrumpfen.

In der Regel bleiben den Staatsangehörigen die politischen Mitwirkungsrechte (status activus) vorbehalten (etwa Zulassung zu öffentlichen Ämtern; Wahlrecht). Zwingend ist dies jedoch nicht. So besteht mittlerweile aufgrund europarechtlicher Vorgaben das Kommunalwahlrecht für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union in jedem anderen Mitgliedstaat.

Auch positive Anspruchsrechte (status positivus) bleiben häufig den Staatsangehörigen vorbehalten. So gelten z. B. gesetzliche Ansprüche aus Sozialhilfe nur teilweise (vgl. für die Bundesrepublik Deutschland etwa § 23 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch). Insbesondere haben nur die Staatsangehörigen Anspruch auf konsularische Betreuung im Ausland.

Auch Freiheits- und Abwehrrechte sind teilweise den Mitgliedern des Staatsvolkes vorbehalten. So kennt etwa das Grundgesetz Grundrechte, die jedermann und solche, die nur Deutschen zustehen. Eine einfachgesetzliche Gleichbehandlung ist dadurch aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Für Angehörige eines EG-Mitgliedstaates kann sich ein Anspruch auf Gleichbehandlung etwa aus den europarechtlichen Grundfreiheiten ergeben.

So wie es sich bei vorstehenden Rechten und Pflichten um typische, aber nicht um notwendige Besonderheiten der Rechtsstellung von Staatsangehörigen handelt, stehen sich Staatsangehörige und Ausländer regelmäßig lediglich in der allgemeinen Gesetzesunterworfenheit (status passivus) gleich.