Vordenker der Aufklärung

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Als Vordenker der Aufklärung (frz. (les) philosophes des Lumières, engl. Enlightenment figures, ndl. Verlichtingsdenkers), auch kurz Aufklärer, werden Personen der europäischen und nordamerikanischen Geistesgeschichte im Zeitalter der Aufklärung bezeichnet, die das Denken mit den Mitteln der Vernunft von Vorurteilen und Aberglauben zu befreien suchten. Sie bemühten sich um die Entwicklung von Wissenschaft und Bildung als Basis eines technischen, kulturellen und politischen Fortschritts und begründeten ihre Auffassung, der freie Bürger könne, eigenständig denkend, nur an Verfassung und Recht gebunden, sein Leben selbst bestimmen. Nicht alle Vordenker der Aufklärung teilten diesen verbreiteten Kultur- und Geschichtsoptimismus.

Das epochale Hauptwerk der Aufklärung ist die Enzyklopädie, herausgegeben von Denis Diderot und Jean-Baptiste le Rond d’Alembert. Der Grundgedanke vieler Aufklärer – darunter der meisten Enzyklopädisten – besagte, dass die Vernunft im Stande sei, die Wahrheit ans Licht zu bringen und Tugenden zu fördern.

In einer Vor- oder Frühphase der Aufklärung vollzogen sich eine Loslösung der politischen Macht von der Religion (Säkularisierung) und eine starke Zentralisierung um einzelne Herrscherpersönlichkeiten (Absolutismus). In der weiteren Entwicklung versuchten sich die Untertanen von dieser Macht zu emanzipieren. Daraus ergab sich eine Bewegung entweder zu einer eher demokratischen Staatsauffassung in einer Republik oder in einer konstitutionellen Monarchie. In einer Verfassung sollten Bürger- und Menschenrechte garantiert werden. Die Herrscher des aufgeklärten Absolutismus, die selbst mit einigen Gedanken der Aufklärer sympathisierten, gewährten zahlreichen Verfolgten zeitweise Asyl und boten ihnen Publikationsmöglichkeiten.

Die Ideen der meisten Aufklärer sind in der Philosophie der Antike und dem Denken und Forschen der Renaissance verwurzelt, während das Mittelalter insgesamt kritisch gesehen wurde. Die natur- und geisteswissenschaftlichen Positionen der Aufklärer waren durchaus nicht einheitlich und wirken bis in die Gegenwart. Die Grundlagen der modernen Wissenschaften beruhen zu einem großen Teil auf Vorarbeiten der Aufklärer.

Während in Frankreich häufig Voltaire als der bedeutendste Aufklärer gesehen wird – man spricht vom Jahrhundert Voltaires –, wird im angelsächsischen Raum oft David Hume als der größte Aufklärer betrachtet. Im deutschen Sprachgebiet wird auf die herausragende Rolle Immanuel Kants verwiesen. Die Protagonisten der Aufklärung sahen diese Bewegung nicht als einen begrenzten Zeitabschnitt, sondern als Beginn einer grenzenlosen Ära, die den Menschen und seine Verantwortung in den Mittelpunkt stellt. Von Anfang an gab es scharfe Kritik an den Konzepten der Aufklärer.

Überblick[Bearbeiten]

Das aufgeklärte Denken wurde von zwei Strömungen der Philosophie der Neuzeit geprägt: dem Rationalismus, besonders vertreten durch René Descartes, und dem englischen Empirismus; hervorzuheben ist hier John Locke, unter dessen Einfluss die amerikanischen Verfassungsgrundsätze entstanden. Einerseits verbreitete sich die Überzeugung der Empiristen, dass Erkenntnis aus Sinneswahrnehmungen herrühre (Sensualismus), andererseits wuchs die Hochschätzung der im Verstand gegründeten Denkfähigkeit und Urteilskraft.

Zahlreiche Wandlungen bestimmten die Epoche: Freiheit statt Absolutismus, rechtliche Gleichheit anstelle einer Ständeordnung, wissenschaftliche Erkenntnisse und Toleranz sollten Vorurteile überwinden und an die Stelle herkömmlicher Dogmen treten. Die Mehrzahl, besonders der französischen Aufklärer, war davon überzeugt, dass der Mensch von Natur aus gut ist und lediglich der Erziehung bedarf, um tugendhaft, friedlich und glücklich zu leben. Auch die Entwicklung der Menschheit betrachteten Vordenker der Aufklärung mit einem Kultur- und Geschichtsoptimismus.

Das logische und unabhängige Denken der Rationalisten war zunächst auf eine Stärkung des Staates ausgerichtet und hatte religionskritische Züge, die vorderhand auf eine Stärkung der weltlichen gegenüber den geistlichen Machthabern gerichtet waren. Bald bezog sich das kritische Urteil jedoch auch auf die weltlichen Herrscher. Zweifel an Religion und Absolutismus verbreiteten sich schnell. Der deutsche Schriftsteller und Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg verlangte in seinen Aphorismen sogar: „Zweifle an allem wenigstens einmal, und wäre es auch der Satz zwei mal zwei ist vier“.

Teile der Aristokratie und der niederen Geistlichkeit wie die Abbés in Frankreich begrüßten ebenso wie eine Elite des Dritten Standes die Schwächung ihrer rechtmäßigen Herren. Rivalitäten innerhalb des europäischen Adels und des Klerus verhinderten eine Unterdrückung dieser Bestrebungen. Durch ökonomische Veränderungen wie die Entwicklung des Manufakturwesens, die das Bürgertum zur wirtschaftlich bedeutendsten Schicht machten, erlangte dieser Stand ein neues Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl.

Im Vergleich zur Epoche des Barock fand ein grundsätzliches Umdenken bezüglich Vanitas und Jenseitsbezogenheit statt. Die Konzentration auf ein Leben nach dem Tod wandelte sich in eine starke Diesseitsbezogenheit. Auch die Ethik beruhte nicht mehr zwingend auf theologischen oder anderen Vorbedingungen. Bildung bekam einen höheren Stellenwert, und die Zugänglichkeit von Information, die traditionell an gesellschaftliche Privilegien gebunden war, wurde zum Zankapfel, was seit der Mitte des 18. Jahrhunderts im mehrmals verbotenen Projekt einer Enzyklopädie allen Wissens gipfelte. Mit der Aufklärung gingen ein immenser naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisfortschritt und überdies eine rasante Entwicklung von Literatur, Kunst und Musik sowie der Philosophie und der Politischen Theorie einher.

Die adligen Wunderkammern begannen zu Museen im modernen Sinne zu werden. Das Misstrauen gegenüber Luxus und Sensationshunger wich mit ihrer zunehmenden Verfügbarkeit. Beschäftigung mit Literatur, Kunst und Wissenschaft sollte einem (zunächst wohlhabenden) Bürgertum ermöglicht werden und wurde zur Tugend erklärt. Philosophie, die sich mehr und mehr ausdifferenzierte, Mathematik, Naturkunde und Technik erlebten eine Blütezeit, auf deren Ergebnissen viele der heutigen Einzelwissenschaften beruhen. Jean-Baptiste le Rond d’Alembert bezeichnete seine Zeit als „Jahrhundert der Wissenschaft“. Die letzten Universalgelehrten lebten in der frühen Aufklärungszeit.

Eine weitere Forderung war die nach Toleranz. Die christlich geprägten gebildeten Europäer lernten andere Weltreligionen und Hochkulturen erst während der Aufklärung kennen. Dieses neu erlangte Wissen erweiterte den Horizont, trug zur Akzeptanz anderer Denkmodelle bei oder ließ den „edlen Wilden“ gar zum Vorbild werden, wie es sich in zahlreichen Kommentaren zu Reiseberichten spiegelt, die von Jean-Jacques Rousseaus Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen (1755) inspiriert waren. Gleichzeitig verschrieben sich die Aufklärer dem Kampf gegen Aberglaube und Mystizismus. Gegen der Vernunft widersprechende Religiosität wurde mit scharfer Polemik zu Felde gezogen.