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'''Schlesien''' ist eine Region in [[Mitteleuropa]] beiderseits des Ober- und Mittellaufs der [[Oder]] und erstreckt sich im Süden entlang der [[Sudeten]] und [[Beskiden]]. Schlesien liegt nach Veränderungen in den Jahren 1922 und 1945 heute zum größten Teil in [[Polen]]. Ein kleiner Teil im Westen der früheren preußischen [[Provinz Niederschlesien]] gehört zu [[Deutschland]], das [[Hultschiner Ländchen]] im südlichen Teil von [[Oberschlesien]] sowie der größte Teil des früheren [[Österreichisch-Schlesien]] zu [[Tschechien]].
'''Schlesien''' ist eine Region in [[Mitteleuropa]] beiderseits des Ober- und Mittellaufs der [[Oder]] und erstreckt sich im Süden entlang der [[Sudeten]] und [[Beskiden]]. Schlesien liegt nach Veränderungen in den Jahren 1922 und 1945 heute zum größten Teil in [[Polen]]. Ein kleiner Teil im Westen der früheren preußischen [[Provinz Niederschlesien]] gehört zu [[Deutschland]], das [[Hultschiner Ländchen]] im südlichen Teil von [[Oberschlesien]] sowie der größte Teil des früheren [[Österreichisch-Schlesien]] zu [[Tschechien]].
== Allgemeines ==
Spätestens ab etwa 100 n. Chr. war Schlesien von den [[Vandalen|vandalischen]] [[Silingen]] beziehungsweise [[Germanen|germanischen]] [[Lugier]]n besiedelt. Ab etwa 550–600 n. Chr. wanderten die [[Westslawen|westslawischen]] [[Slensanen]] und [[Opolanen]] ein. Die seit Ende des 10. Jahrhunderts andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem [[Geschichte Böhmens|Herzogtum Böhmen]] und dem [[Königreich Polen]] um die Vormachtstellung in Schlesien endeten erst 1137 mit dem [[Pfingstfrieden von Glatz]], und es wurde ein eindeutiger Grenzverlauf festgelegt. Durch den Tod des polnischen Herzogs [[Bolesław III. Schiefmund|Bolesław III. „Schiefmund“]] 1138 zerfiel Polen in einzelne Teilgebiete. Das Gebiet von Schlesien fiel an den ältesten Sohn [[Władysław II. (Polen)|Władysław]]. Er begründete das [[Herzogtum Schlesien]] und war Stammvater der [[Schlesische Piasten|Schlesischen Piasten]]. 1159 starb er im Exil im [[Thüringen|thüringischen]] [[Altenburg]]. Erst 1163 durften seine drei Söhne zurückkehren und das ihrem Vater entwundene Schlesien in Besitz nehmen. Im Zuge der Auflösung des für das Königreich Polen geltenden [[Senioratsprinzip]]s erlangte das Herzogtum Schlesien, neben anderen polnischen Herzogtümern, de facto die politische Selbständigkeit.
Unter Herzog [[Heinrich I. (Polen)|Heinrich I. „dem Bärtigen“]], der 1201 seinem Vater [[Boleslaw I. (Schlesien)|Bolesław I.]] als Herzog von Schlesien nachfolgte, wurde die Besiedlung Schlesiens mit Deutschen und Holländern gefördert. Ebenso unter seinem gleichnamigen Sohn [[Heinrich II. (Polen)|Heinrich II.]], der 1226 von seinem Vater zum Mitregenten berufen wurde. Er fiel 1241 beim Mongoleneinfall in der [[Schlacht bei Liegnitz (1241)|Schlacht bei Liegnitz]]. Unter seinen Nachkommen wurde das Herzogtum Schlesien ab 1249 durch Teilungen in zahlreiche [[Herzogtümer in Schlesien|Teilherzogtümer]] zersplittert, deren Herzöge sich nachfolgend politisch dem [[Königreich Böhmen]] zuwandten. Zwischen 1289 und 1292 unterstellten fast alle oberschlesischen Herzöge ihre Teilherzogtümer als [[Lehen]] Herzog [[Wenzel II. (Böhmen)|Wenzel II.]], 1327 folgte das [[Herzogtum Oppeln]] und bis 1329 die meisten niederschlesischen Teilherzogtümer. 1331 huldigten auch die Herzöge von [[Herzogtum Glogau|Glogau]] und 1336 von [[Herzogtum Münsterberg|Münsterberg]] dem böhmischen König [[Johann von Böhmen|Johann von Luxemburg]]. 1342 folgte das geistliche [[Fürstentum Neisse]] diesem Beispiel. Bereits 1335 wurden die bis dahin erreichten Verhältnisse mit dem [[Vertrag von Trentschin]] anerkannt. König [[Karl IV. (HRR)|Karl IV.]] unterstellte Schlesien 1348 dem [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]]. Da es ihm jedoch nur mittelbar unterstellt war, besaßen die Herzöge von Schlesien und der Neisser Fürstbischof nicht die [[Reichsstände|Reichsstandschaft]] und damit weder Sitz noch Stimme im [[Reichstag (Heiliges Römisches Reich)|Reichstag]]. Sie waren nur Böhmen untertan.
Erst nach dem Tod des kinderlosen Herzogs [[Bolko II. (Schweidnitz)|Bolko II.]], dessen Nichte [[Anna von Schweidnitz]] mit dem [[Römisch-deutscher König|römisch-deutschen]] und böhmischen König Karl IV. verheiratet war, fiel das [[Herzogtum Schweidnitz]] 1368 erbrechtlich an Böhmen. Mit dem Tod des Herzogs [[Georg Wilhelm I. (Liegnitz-Brieg-Wohlau)|Georg Wilhelm I.]] fielen 1675 die Herzogtümer [[Herzogtum Liegnitz|Liegnitz]], [[Herzogtum Brieg|Brieg]], [[Herzogtum Wohlau|Wohlau]] und [[Herzogtum Ohlau|Ohlau]] als letzte der schlesischen Herzogtümer durch [[Heimfall]] an Böhmen.
Nach dem [[Erster Schlesischer Krieg|Ersten Schlesischen Krieg]] 1742 fiel Schlesien mit seinem größten Teil an [[Preußen]], während der südliche Teil bei Böhmen verblieb und als [[Österreichisch-Schlesien]] bezeichnet wurde. Seit 1815 bildete der preußische Teil die [[Provinz Schlesien]]. Sie war von 1919 bis 1938 und von 1941 bis 1945 aufgeteilt in die Teilprovinzen [[Provinz Niederschlesien|Niederschlesien]] und [[Provinz Oberschlesien|Oberschlesien]].
1920 wurde ein Teil des [[Teschener Schlesien]]s rund um die [[Olsa]] und 1922 auch [[Ostoberschlesien]] als [[Autonome Woiwodschaft Schlesien]] Polen angegliedert. Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] war die preußische Teilprovinz Oberschlesien zwischen 1939 und 1944 um die bisherige Autonome Woiwodschaft Schlesien und weitere Gebiete, u.a. [[Oświęcim|Auschwitz]] und das ehemalige [[Neuschlesien]], vergrößert.
Der größte Teil der preußischen Provinz Schlesien in den Grenzen von 1937 wurde gemäß den [[Potsdamer Abkommen|Beschlüssen]] der [[Potsdamer Konferenz]] 1945 („Westverschiebung Polens“) unter vorläufige polnische [[Verwaltungshoheit]] gestellt, [[de facto]] aber administrativ direkt der [[Volksrepublik Polen]] eingegliedert. Er gehört seit 1989 [[völkerrecht]]lich zur [[Dritte Polnische Republik|Republik Polen]], kleinere Teile zählen zu [[Deutschland]] und zu [[Tschechien]] (vormals [[Tschechoslowakei]]). Die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] erkannte die Grenze zu Polen bereits 1950 mit dem [[Görlitzer Abkommen]] diplomatisch an, die [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] die westliche Staatsgrenze Polens zunächst durch den [[Warschauer Vertrag (1970)|Warschauer Vertrag]] (ratifiziert 1972) und endgültig mit dem [[Deutsch-polnischer Grenzvertrag|deutsch-polnischen Grenzvertrag]] von 1990.
Der Hauptteil des zu Polen gehörenden schlesischen Anteils ist seit 1999 in drei Woiwodschaften geteilt: [[Woiwodschaft Niederschlesien]], [[Woiwodschaft Oppeln]] und [[Woiwodschaft Schlesien]]. Einige kleinere Gebiete wurden auf benachbarte Woiwodschaften aufgeteilt.
Der Teil der Oberlausitz, den das [[Königreich Sachsen]] 1815 an das [[Königreich Preußen]] abtreten musste und der 1816 bzw. 1825 bis 1945 zu den Provinzen Schlesien bzw. Niederschlesien gehörte, kam – westseits der [[Lausitzer Neiße]] – 1945 wieder zum [[Sachsen|Land Sachsen]]. Heute liegt er im Norden der sächsischen Landkreise [[Landkreis Görlitz|Görlitz]] und [[Landkreis Bautzen|Bautzen]] sowie im Süden des brandenburgischen [[Landkreis Oberspreewald-Lausitz|Landkreises Oberspreewald-Lausitz]].
Das [[Schlesien (Tschechien)|tschechische Schlesien]] wurde 2000 auf die [[Moravskoslezský kraj|Region Mährisch-Schlesien]] und die [[Olomoucký kraj|Region Olmütz]] aufgeteilt.


[[Kategorie:Geographie]]
[[Kategorie:Geographie]]

Version vom 2. August 2023, 05:06 Uhr

Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa beiderseits des Ober- und Mittellaufs der Oder und erstreckt sich im Süden entlang der Sudeten und Beskiden. Schlesien liegt nach Veränderungen in den Jahren 1922 und 1945 heute zum größten Teil in Polen. Ein kleiner Teil im Westen der früheren preußischen Provinz Niederschlesien gehört zu Deutschland, das Hultschiner Ländchen im südlichen Teil von Oberschlesien sowie der größte Teil des früheren Österreichisch-Schlesien zu Tschechien.

Allgemeines

Spätestens ab etwa 100 n. Chr. war Schlesien von den vandalischen Silingen beziehungsweise germanischen Lugiern besiedelt. Ab etwa 550–600 n. Chr. wanderten die westslawischen Slensanen und Opolanen ein. Die seit Ende des 10. Jahrhunderts andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Böhmen und dem Königreich Polen um die Vormachtstellung in Schlesien endeten erst 1137 mit dem Pfingstfrieden von Glatz, und es wurde ein eindeutiger Grenzverlauf festgelegt. Durch den Tod des polnischen Herzogs Bolesław III. „Schiefmund“ 1138 zerfiel Polen in einzelne Teilgebiete. Das Gebiet von Schlesien fiel an den ältesten Sohn Władysław. Er begründete das Herzogtum Schlesien und war Stammvater der Schlesischen Piasten. 1159 starb er im Exil im thüringischen Altenburg. Erst 1163 durften seine drei Söhne zurückkehren und das ihrem Vater entwundene Schlesien in Besitz nehmen. Im Zuge der Auflösung des für das Königreich Polen geltenden Senioratsprinzips erlangte das Herzogtum Schlesien, neben anderen polnischen Herzogtümern, de facto die politische Selbständigkeit.

Unter Herzog Heinrich I. „dem Bärtigen“, der 1201 seinem Vater Bolesław I. als Herzog von Schlesien nachfolgte, wurde die Besiedlung Schlesiens mit Deutschen und Holländern gefördert. Ebenso unter seinem gleichnamigen Sohn Heinrich II., der 1226 von seinem Vater zum Mitregenten berufen wurde. Er fiel 1241 beim Mongoleneinfall in der Schlacht bei Liegnitz. Unter seinen Nachkommen wurde das Herzogtum Schlesien ab 1249 durch Teilungen in zahlreiche Teilherzogtümer zersplittert, deren Herzöge sich nachfolgend politisch dem Königreich Böhmen zuwandten. Zwischen 1289 und 1292 unterstellten fast alle oberschlesischen Herzöge ihre Teilherzogtümer als Lehen Herzog Wenzel II., 1327 folgte das Herzogtum Oppeln und bis 1329 die meisten niederschlesischen Teilherzogtümer. 1331 huldigten auch die Herzöge von Glogau und 1336 von Münsterberg dem böhmischen König Johann von Luxemburg. 1342 folgte das geistliche Fürstentum Neisse diesem Beispiel. Bereits 1335 wurden die bis dahin erreichten Verhältnisse mit dem Vertrag von Trentschin anerkannt. König Karl IV. unterstellte Schlesien 1348 dem Heiligen Römischen Reich. Da es ihm jedoch nur mittelbar unterstellt war, besaßen die Herzöge von Schlesien und der Neisser Fürstbischof nicht die Reichsstandschaft und damit weder Sitz noch Stimme im Reichstag. Sie waren nur Böhmen untertan.

Erst nach dem Tod des kinderlosen Herzogs Bolko II., dessen Nichte Anna von Schweidnitz mit dem römisch-deutschen und böhmischen König Karl IV. verheiratet war, fiel das Herzogtum Schweidnitz 1368 erbrechtlich an Böhmen. Mit dem Tod des Herzogs Georg Wilhelm I. fielen 1675 die Herzogtümer Liegnitz, Brieg, Wohlau und Ohlau als letzte der schlesischen Herzogtümer durch Heimfall an Böhmen.

Nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 fiel Schlesien mit seinem größten Teil an Preußen, während der südliche Teil bei Böhmen verblieb und als Österreichisch-Schlesien bezeichnet wurde. Seit 1815 bildete der preußische Teil die Provinz Schlesien. Sie war von 1919 bis 1938 und von 1941 bis 1945 aufgeteilt in die Teilprovinzen Niederschlesien und Oberschlesien.

1920 wurde ein Teil des Teschener Schlesiens rund um die Olsa und 1922 auch Ostoberschlesien als Autonome Woiwodschaft Schlesien Polen angegliedert. Während des Zweiten Weltkrieges war die preußische Teilprovinz Oberschlesien zwischen 1939 und 1944 um die bisherige Autonome Woiwodschaft Schlesien und weitere Gebiete, u.a. Auschwitz und das ehemalige Neuschlesien, vergrößert.

Der größte Teil der preußischen Provinz Schlesien in den Grenzen von 1937 wurde gemäß den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz 1945 („Westverschiebung Polens“) unter vorläufige polnische Verwaltungshoheit gestellt, de facto aber administrativ direkt der Volksrepublik Polen eingegliedert. Er gehört seit 1989 völkerrechtlich zur Republik Polen, kleinere Teile zählen zu Deutschland und zu Tschechien (vormals Tschechoslowakei). Die DDR erkannte die Grenze zu Polen bereits 1950 mit dem Görlitzer Abkommen diplomatisch an, die Bundesrepublik Deutschland die westliche Staatsgrenze Polens zunächst durch den Warschauer Vertrag (ratifiziert 1972) und endgültig mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag von 1990.

Der Hauptteil des zu Polen gehörenden schlesischen Anteils ist seit 1999 in drei Woiwodschaften geteilt: Woiwodschaft Niederschlesien, Woiwodschaft Oppeln und Woiwodschaft Schlesien. Einige kleinere Gebiete wurden auf benachbarte Woiwodschaften aufgeteilt.

Der Teil der Oberlausitz, den das Königreich Sachsen 1815 an das Königreich Preußen abtreten musste und der 1816 bzw. 1825 bis 1945 zu den Provinzen Schlesien bzw. Niederschlesien gehörte, kam – westseits der Lausitzer Neiße – 1945 wieder zum Land Sachsen. Heute liegt er im Norden der sächsischen Landkreise Görlitz und Bautzen sowie im Süden des brandenburgischen Landkreises Oberspreewald-Lausitz.

Das tschechische Schlesien wurde 2000 auf die Region Mährisch-Schlesien und die Region Olmütz aufgeteilt.