Goldenes Zeitalter (Niederlande)

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Das Goldene Zeitalter (ndl. de Gouden Eeuw) bezeichnet in der Geschichte der Niederlande eine rund einhundert Jahre andauernde wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit, die ungefähr das 17. Jahrhundert ausfüllt. Auf dem Höhepunkt des Goldenen Zeitalters um 1650 arbeiteten in den Niederlanden circa 700 Maler, die jährlich etwa 70.000 Gemälde fertigstellten. Dies ist in der gesamten Kunstgeschichte beispiellos, weder in der italienischen Renaissance noch in Frankreich zur Zeit des Impressionismus hat es so etwas gegeben. Insgesamt produzierten die niederländischen Maler mehrere Millionen Gemälde, weshalb heute nahezu jedes Museum für alte Kunst niederländische Gemälde zeigt.

Voraussetzung für jene Blüte war der Aufstieg der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande (Republiek der Zeven Verenigde Nederlanden) zur weltumspannenden See- und Handelsmacht. Die in den Niederlanden herrschende Religionsfreiheit zog die unterschiedlichsten Menschen an. Sie wurden wegen ihres Glaubens in anderen Staaten verfolgt und flüchteten in die sie bereitwillig aufnehmende junge Republik, welche Bewegungsfreiheit und genügend Arbeit bot. Schriftsteller und Gelehrte kamen, um frei publizieren und lehren zu können; mit der Gründung der Universität Leiden und der Entwicklung von Geistes- und Naturwissenschaften wurde das Land auch zu einem bedeutenden Zentrum des Wissens.

Die Bezeichnung „Goldenes Zeitalter“ wurde jedoch vor allem für eine bis dahin nicht gekannte Blüte von Kultur und Kunst geprägt. Oft wird der Begriff auf die zahllosen Meisterwerke der Malerei des 17. Jahrhunderts beschränkt. Hier zeigt sich der gesellschaftliche und kulturelle Wandel jener Zeit besonders deutlich.

Einleitung[Bearbeiten]

Zitat
Es ist der Name des Goldenden Zeitalters selbst, der nichts taugt. Er riecht nach jener aurea aetas der Antike, jenem mythologischen Schlaraffenland, das uns schon als Schulbuben bei Ovid leicht gelangweilt hat. Wenn unsre Blütezeit einen Namen haben soll, so nenne man sie nach Holz und Stahl, Pech und Teer, Farbe und Tinte, Wagemut und Frömmigkeit, Geist und Phantasie. - Johan Huizinga

Die Zeit des Goldenen Zeitalters der Niederlande wird seit einigen Jahren in den Niederlanden intensiver erforscht und diskutiert. Hierzu ist beispielsweise 2000 an der Universität Amsterdam das Amsterdams Centrum voor de Studie van de Gouden Eeuw gegründet worden, das unter anderem die Arbeiten Huizingas aus dem Jahr 1941 aufgreift. Huizingas Geschichtsverständnis war von seinem Studium der Sprachwissenschaften und seiner Begeisterung für die Malerei geprägt. Er verstand Geschichtsschreibung als bildhaft-intuitive Mentalitäts- und Kulturgeschichte. Gleichwohl betonte er, dass das Goldene Zeitalter weder plötzlich über die Niederlande „hereinbrach“ noch gar den mythischen Idealzustand "einer ohne Ackerbau alle Nahrungsbedürfnisse befriedigenden Erde und einer in völligem Frieden, allgemeiner Sorglosigkeit und Unschuld im ewigen Frühling lebenden Gesellschaft" (wie Ovid den Begriff des Goldenen Zeitalters definierte) brachte, sondern es sich um eine auf der Grundlage generationenlanger harter Arbeit, günstiger Voraussetzungen, vielfältiger Konflikte und natürlich einer Portion Glück und Zufall entstandene Blütezeit handelte, der jede idealtypische Unschuld fehlte. So war fast die Hälfte der Zeit „geprägt von Krieg und Kriegsgeschrei“. Nicht wenige Wissenschaftler sprechen daher bei der Betrachtung dieses Zeitalters zumindest in weltwirtschaftlicher Hinsicht lieber von einer Hegemonie. Huizinga vermutet, dass sich der Begriff des Goldenen Zeitalters dauerhaft festsetzte, nachdem der Historiker Pieter Lodewijk Muller 1897 sein Buch mit dem Arbeitstitel Republiek der Vereenigde Nederlanden in haar bloeitijd Die Republik der Vereinigten Niederlanden in ihrer Blütezeit, auf Wunsch des Verlegers Onze Gouden Eeuw Unser Goldenes Zeitalter, nennen musste. Durch die Heirat des späteren Kaisers Maximilian mit der Herzogstochter Maria von Burgund und deren frühen Tod kamen die Niederlande unter die Herrschaft der Habsburger. Bereits in jener Zeit war die ökonomische Situation der damals Burgundischen Niederlande günstig; vor allem unter der Herrschaft von Karl V. erstarkten neben Ackerbau, Viehzucht und Fischerei ebenso Handel und Gewerbe. Daneben wuchs der Textilsektor rasch, und Antwerpen entwickelte sich zum ökonomischen Zentrum der Region. Desgleichen erlebten Wissenschaft und Kultur eine Zeit der Sternstunden, nicht zuletzt durch Christoffel Plantijn. Gleichzeitig war die Epoche der Reformation angebrochen und Karl V. sowie sein Sohn und Nachfolger Philipp II. – beide strenggläubige Katholiken – läuteten die Gegenreformation ein.

Konflikt mit Spanien[Bearbeiten]

Als Philipp II. den Calvinismus zur Ketzerei erklärte, rebellierten die nördlichen Provinzen unter der Führung Wilhelms von Oranien. Mit seinem Versuch, Brabant zu besetzen, begann 1568 der Achtzigjährige Krieg. 1579 schlossen sich die sieben nördlichen Provinzen zur Utrechter Union zusammen und gründeten 1581 die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, während die katholischen Südprovinzen – heute Belgien und Luxemburg – bei Spanien blieben (siehe Spanische Niederlande).

Der bei der Gründung der Utrechter Union geschlossene Vertrag räumte den nördlichen Provinzen unter anderem das Recht zur Kontrolle der Schifffahrt auf dem Niederrhein ein, was sich als sehr wichtig für deren weitere wirtschaftliche Entwicklung herausstellte. 1585 eroberten die Spanier Antwerpen, worauf die Niederländer die Schelde sperrten und Antwerpen damit den Zugang zur Nordsee nahmen. So waren die Weichen für Amsterdam als künftiges regionales Handelszentrum gestellt, das seinen Rivalen Antwerpen rasch hinter sich lassen konnte.

1608 kam es in Den Haag zu Friedensverhandlungen mit Spanien, an denen außerdem England und Frankreich teilnahmen, 1609 wurde ein zwölfjähriger Waffenstillstand vereinbart.

Quellen[Bearbeiten]

  • Martin Bachmann: Holländische Mentalität – moderne Mentalität? Untersuchungen zum Bürgertum der Provinz Holland im 17. Jahrhundert. Dr. Kovac, 1999, ISBN 3-86064-932-9.