Gott

Aus Twilight-Line Medien

Als Gott (weiblich: Göttin) oder Gottheit wird meist ein übernatürliches Wesen bezeichnet, das über eine große und nicht naturwissenschaftlich beschreibbare transzendente Macht verfügt. Im Verständnis von Mythologien, Religionen und Glaubensüberzeugungen werden einem Gott oder mehreren Göttern besondere Verehrung zuteil und besondere Eigenschaften zugeschrieben, darunter oft die Eigenschaft, erster Ursprung, Schöpfer oder Gestalter der Wirklichkeit zu sein. Auch Vorstellungen einer nicht wesenhaften, unpersönlichen „göttlichen Kraft“ werden bisweilen, aus fehlendem Verständnis für fremde Religionen oder aus Vereinfachungsgründen, als Gott bezeichnet.

Mit Gott ohne weitere Bestimmung wird meist ein allumfassender Gott bezeichnet. Auch die Metaphysik beschäftigt sich mit der Frage nach den Eigenschaften und der Existenz eines solchen Gottes.

Etymologie im germanischen Sprachraum[Bearbeiten]

Indogermanischer Ursprung[Bearbeiten]

Der Wortstamm von „Gott“ ist alt, doch nur im germanischen Sprachraum anzutreffen und außerhalb unbekannt. Eine indogermanische Verwandtschaft mit persisch chodā ist nicht nachweisbar. Bezeichnungen sind alt- und mittelhochdeutsch got, altsächsisch, altfriesisch, mittelniederdeutsch und englisch god, gotisch guþ, altnordisch gođ sowie schwedisch und dänisch gud.

Die Germanen verehrten den urgermanischen Himmelsgott Tiwaz, der durch sprachliche Evidenz als indogermanisches Erbe erwiesen ist. In den verschiedenen Dialektgruppen des Germanischen erscheint er beispielsweise als althochdeutscher Ziu und altnordischer Tyr. Das lateinische Wort deus geht wahrscheinlich zurück auf indogermanisch deiwos. Hierbei handelt es sich um eine bereits urindogermanische Vriddhi-Ableitung zum Wort *djews „Himmel“. Die Personifizierung *djeus ph2tēr „Vater Himmel“ findet sich wieder im griechischen Zeus (Zeu páter), dem römischen Jupiter (vom Vokativ *Dioupater zum Nominativ Diēspiter), dem vedischen Dyaus Pita und dem illyrischen Dei-pátyros „himmlischer Vater“. Alle diese Formen können auf die Wurzel *djew- zurückführen, das als „Erstrahlen, Erscheinen“ übersetzt wird. Dieses Wort liegt wiederum mit seiner Ableitung *deiwos dem altindischen deva und dem lateinischen deus als Begriffe für Gott zugrunde.

Für die Herkunft des germanischen Wortes Gott wird davon ausgegangen, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des indogermanischen *ghuto-m der Verbalwurzel *gheu- „rufen, anrufen“ entstanden ist. Danach wären die Götter die (etwa durch Zauberwort) angerufenen Wesen. Alternativ könnte das Wort auch auf die indogermanische Verbalwurzel *gheu- „gießen“ zurückgeführt werden, wonach der Gott als „das, dem (mit) Trankopfer geopfert wird“ zu verstehen wäre. Das griechische theói steht ebenfalls etymologisch mit dem Verb thýein „opfern“ zusammen, wie das Simplex theós „Gott“ durch Entsprechungen im anatolischen Wortschatz das Votivobjekt des Altars etymologisch bezeichnet. Das Standardnachschlagewerk Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache von Friedrich Kluge bestärkt die Vermutung einer Ableitung von „gießen“ (etwa Gott als „Gegossenes“ oder „gegossenes Bild“) oder Trankopfer durch Vergleich mit dem Avestischen und Altindischen. Wolfgang Meid fügt hierzu an: „Dies ist aber grammatisch unplausibel, denn ‚gegossen‘ wird der Trank, nicht der Gott“.

Bedeutungsverschiebung zu christlicher Zeit[Bearbeiten]

Die germanische Bezeichnung *guda- „Gott“ war ursprünglich ein grammatisches Neutrum, ebenso wie andere germanische Bezeichnungen für Götter. Bei der Übertragung auf den christlichen Gott wurde das Wort zur Zeit der arianischen Christianisierung der Goten im 3.bis 4. Jahrhundert im oströmischen Wirkungskreis und in der fränkisch-angelsächsischen römisch-katholischen Mission unter den Merowingern und Karolingern zum Maskulinum. Im Gotischen blieb das Wort allerdings als Bezeichnung der heidnischen Götter, wegen der christlichen Ablehnung dieser Götter, geschlechtslos. Der Übergang vom Neutrum zum Maskulinum vollzog sich im westgermanischen Bereich etwa vom beginnenden 6. Jahrhundert bis zum ausgehenden 8. Jahrhundert. Im skandinavisch-nordgermanischen Bereich hielt sich das Neutrum länger, da dort das Wort für den persönlichen Gott Ase (óss) lebendig blieb.

Wie die anderen Wörter oder Ausdrücke für „Gott“, wurde dieses oft in der Mehrzahl verwendet, um eine nicht näher umschriebene Gruppe göttlicher Wesen zu beschreiben. Aufgrund der Abstammung des Wortes wird davon ausgegangen, dass es die höheren Mächte (Numen) als passive Wesen bezeichnet, die verehrt wurden, und nicht als aktive Wesen, die das irdische Geschehen instand hielten. Andererseits waren andere Wörter für „Gott“ zur Bezeichnung eines aktiven Wesens ebenfalls geschlechtslos. Daraus ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass solche Wörter im Plural die Götter als Ganzheit bezeichneten (tívar: altnordischerer Plural „die Götter“, ursprünglich zu Týr). Viele Geschehnisse waren nicht einem bestimmten „Gott“, sondern ganz allgemein „den Göttern“ zuzuschreiben. Daraus erklärt sich, dass die Singularform des ursprünglichen *deiwos-Teiwaz nur noch appellativ in Namenskompositen erscheint, beispielsweise bei Odin, der den Beinamen Fimbultýr trägt („großer, gewaltiger Gott“). Neben den einzelnen Göttergestalten, die durch einen eigenen Namen, eigene Mythen und einen festen Kult in den Vordergrund traten und leicht zu erkennen waren, gab es die unabsehbare göttliche Masse, aus der beispielsweise Mythendichter neue Figuren hervorheben konnten.

Einen transzendenten Gottesbegriff entwickelten die Germanen nie, oder nur im Norden und erst sehr spät. Erst bei Snorri Sturluson im 13. Jahrhundert ist Odin der Alfaþir („Allvater“). In der Übergangszeit der Christianisierung, verbunden mit Formen von Synkretismus wurden Odin, Thor und Balder in den isländisch-nordischen Texten zu allmächtigen oder vollkommenen Göttern erklärt, um der auftauchenden Gestalt Christi entgegentreten zu können. Der begriffliche Gegensatz zwischen „Göttern“ und „Menschen“ (*teiwoz *gumanez), den die Germanen von altersher kannten, wurde ersetzt durch die neue Dichotomie *guda *gumanez. Indem diese Verbindung stabreimend wirkt, fand sie in diverser Dichtung, insbesondere der altnordischen, Eingang und somit auch Wirkung. Die ehemals geschlechtsneutrale Begrifflichkeit „Gott“ wurde schließlich männlich, sobald sie den christlichen Gott bezeichnete. So trat infolge der Christianisierung der heute bestehende Bedeutungswandel ein, in dem das Wort umgedeutet und auf den, meist als männlich empfundenen, jüdisch-christlichen Gott JHWH angewendet wurde.

Die erst in karolingischer Zeit belegte Bezeichnung Gottheit, (lateinisch divinitas, von divus „Gott“) ist mehrdeutig und kann zum einen als Substanzbegriff im Sinne von „göttliche Natur“ verwendet werden oder das Innere, Passive der Göttlichkeit betonen, zum anderen nur auf außerchristliche Götter angewendet werden. Letztere Bedeutung ist erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gebräuchlich.

Entstehung der „Gottesidee“[Bearbeiten]

Die Archäologie kann durch die Interpretation bestimmter Artefakte bedingt Rückschlüsse auf religiöse Kulte anstellen, die einen entsprechenden Glauben voraussetzen. Da die Vorstellung von etwas „Göttlichem“ jedoch vor der Erfindung der Schrift lag, gibt es keine Möglichkeit, Ort und Zeitpunkt zu bestimmen (möglicherweise auch mehrere Orte und Zeitpunkte). Darüber hinaus entziehen sich solche Vorstellungen einer klaren Definition, so dass sehr viel Raum für phantasievolle Interpretationen bleibt.

Es spricht einiges dafür, dass „ein Herr oder eine Herrin der Tiere“ – wie noch vor kurzem bei nahezu allen Jäger-und-Sammler-Kulturen als Beschützer der Tierwelt und Machthaber über das Wohl und Wehe der Jäger zu finden – die erste gottähnliche Idee altsteinzeitlicher Jäger-und-Sammler-Gruppen war. Konkrete Rekonstruktionen und Übertragungen von rezenten, schriftlosen Kulturen auf die Vorgeschichte – wie etwa schamanistischer Praktiken oder religiöser Vorstellungen – gelten heute jedoch als hoch spekulativ und unbeweisbar.

Die ersten Fundstücke, die mit der Idee einer Gottheit in Verbindung gebracht werden, sind zumeist weibliche figürliche Darstellungen (Venusfigurinen) aus dem Jungpaläolithikum (45.000 bis 11.700 vor heute), die von einigen Autoren als Statuen von Muttergöttinnen gedeutet werden, sowie die später auftretenden zeichnerischen Darstellungen von Personen mit Symbolen, die relativ sicher als Hinweis auf Gottheiten interpretiert werden können.

Quellen[Bearbeiten]

  • Louis Grey: The Mythology of all Races. 13 Bände. Cooper Square, New York 1964.