Pflanzerkultur

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Pflanzerkulturen sind (vorwiegend historische) Kulturen menschlicher Gesellschaften, die Pflanzenanbau nur mit Handgeräten, also ohne Pflug, betreiben. Es wird lediglich für den Eigenbedarf produziert (Subsistenzwirtschaft).

Die ältesten landwirtschaftlichen Kulturen waren die Pflanzerkulturen der Jungsteinzeit. In einigen Entwicklungsländern hat sich diese „traditionelle“ Wirtschaftsform und Kultur bei mehr oder weniger isolierten Völkern im Wesentlichen bis in die Gegenwart erhalten.

Landwirtschaft[Bearbeiten]

Es werden zur Bodenbearbeitung nur Grab- bzw. Hackstöcke oder Hacken verwendet; zur Ernte Sicheln.

Böden wechselt man, wenn sie ausgelaugt sind, entweder durch Standortwechsel (Wanderfeldbau) oder durch Nutzungswechsel (Umlage-Feldbau), also durch den Anbau anderer Pflanzenarten oder durch Weidenutzung (auch nach natürlicher Wiederbegrünung), oder durch Nutzungsunterbrechung, also Brachliegenlassen.

Bewuchs (Wald, Buschwerk) wird v. a. überirdisch beseitigt, d. h. die Wurzeln und Stümpfe bleiben im Boden (so genannter Schwendbau) oder durch Rodung, entweder durch Fällen oder durch Abbrennen (Brandfeldverfahren). Die Asche wirkt dann als einmalige Düngung.

Pflanzerkulturen waren Gartenbauer, d. h., dass sie sich auf die Kultivierung kleiner hausnaher „Gärten“ beschränkten, und/oder sie betrieben Feldbau, bearbeiteten also größere Bereiche außerhalb der Siedlung.

Angebaut werden noch heute ganzjährig v. a. Knollenpflanzen, Gemüsepflanzen wie Kürbisgewächse oder Früchte in den Tropen sowie in den Jahreszeitenklimaten saisonal und mit Vorratshaltung verbunden Bohnen oder Getreide wie Weizen, Hirse oder Mais. Je nach Art der Pflanzen wird gesät oder es wird ein Steckling gesetzt (z. B. beim Reisanbau; sogenannter Pflanzbau). Oft werden auch verschiedene Pflanzenarten durch Einzelkorn-Saat synergetisch kombiniert, zum Beispiel die "Drei Schwestern" Mais, Kürbis und Bohnen bei den Irokesen oder auf den Milpa-Feldern mittelamerikanischer Indigener.

Pflanzer düngen in der Regel den Boden nicht kontinuierlich (daher Wanderfeldbau und Umlage-Feldbau). Bei fortentwickelten Formen wird jedoch natürlich, u. a. organisch, gedüngt, so zum Beispiel bei den Chinampas der Azteken oder bei den Hochbeeten, den sogenannten Camellones der südamerikanischen Muisca. Dort wird regelmäßig fruchtbarer Schlamm, gedüngt u. a. durch Fischkot, aus naheliegenden Bewässerungskanälen auf die Beete verteilt.

Eine weitere Form der intensivierten Bodennutzung in Pflanzerkulturen ist die gezielte Herstellung fruchtbarer Humusböden in Gegenden mit ursprünglich schlechter Bodenqualität, zum Beispiel die Produktion von Terra preta im Amazonasbecken, eine Technik, die man in moderner, alternativer Landwirtschaft wieder aufgreift.

Gesellschaft[Bearbeiten]

Die extensive Form des Bodenbaus auf verhältnismäßig großen Nutzflächen erlaubt i.d.R. nur geringe Bevölkerungsdichten und relativ kleine Siedlungsgrößen (Punktuelle Ausnahme: Milpa-, Chinampa- und Camellon-Feldbau, die Basis der mittel- und südamerikanischen Hochkulturen). Die relativ kleinen Gruppen der Pflanzerkulturen waren in Großfamilien bzw. Clans gegliedert, für die Verwandtschaft und Heiratsregeln wesentlich sind. Erst in einer Zeit, in der vielleicht schon der Pflug eingeführt oder der Feldbau mit Hacken intensiviert wurde, entstanden Großsiedlungen wie in der Cucuteni-Tripolje-Kultur.

Quellen[Bearbeiten]

  • Stefan Seitz: Pflanzerkulturen. In Wolfgang Müller (Red.): Wörterbuch der Völkerkunde, begr. von Walter Hirschberg, Reimer, Neuausgabe Berlin 1999, ISBN 3-496-02650-2, S. 288.