Pius XI.

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Pius XI. (* 31.05.1857 in Desio, Lombardei; † 10.02.1939 in Rom; bürgerlicher Name Achille Ambrogio Damiano Ratti) war von 1922 bis 1939 der 259. Papst. Pius XI. widmete sich nach Leo XIII. der Soziallehre und prägte diesen Begriff. In der Enzyklika Quadragesimo anno widmete er sich der Frage der Sozialbindung des Eigentums.

Leben[Bearbeiten]

Bis zum Pontifikat[Bearbeiten]

Der Theologe Achille Ratti studierte seit seinem zehnten Lebensjahr im Erzbischöflichen Seminar von Mailand und wurde von dem damaligen Erzbischof Luigi Nazari di Calabiana gefördert. Er wurde am 20.12.1879 zum Priester geweiht und als dreifach promovierter Gelehrter (Dr. jur., Dr. theol. und Dr. phil.) 1882 zum Professor in Mailand berufen. Während der Zeit in Mailand war Ratti auch aktiver Bergsteiger und stand unter anderem auf dem Mont Blanc, dem Matterhorn und der Dufourspitze. 1888 wurde er Bibliothekar an der Biblioteca Ambrosiana in Mailand und im Jahr 1907 deren Präfekt, aber schon 1911 von Papst Pius X. nach Rom berufen. Dort wurde er im Februar 1912 Vizepräfekt und am 01.09.1914 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek.

Im Frühjahr 1918 ernannte ihn Papst Benedikt XV. (trotz fehlender diplomatischer Erfahrung) auf Initiative des Münchener Nuntius’ Eugenio Pacelli zum Apostolischen Visitator im Regentschaftskönigreich Polen, anschließend 1919 zum Apostolischen Nuntius in Warschau und Titularerzbischof von Naupactus. Seine Bischofsweihe erhielt er in Warschau durch den Erzbischof von Warschau, Aleksander Kakowski; Mitkonsekratoren waren Józef Sebastian Pelczar, Bischof von Przemyśl, und Stanisław Kazimierz Zdzitowiecki, Bischof von Włocławek. Als einziger akkreditierter Diplomat blieb der Nuntius in der polnischen Hauptstadt während der drohenden Belagerung durch die Rote Armee im Polnisch-Sowjetischen Krieg. Er gewann dadurch große Achtung unter Diplomaten und die Liebe der Polen. 1920 wurde Ratti zusätzlich päpstlicher Kommissar für die Abstimmungsgebiete Oberschlesien, Ostpreußen und Westpreußen. In dieser Funktion verärgerte seine Objektivität sowohl die deutsche als auch die polnische Seite, so dass er im Juni 1921 abberufen wurde, um Erzbischof von Mailand und kurz darauf Kardinal mit der Titelkirche Santi Silvestro e Martino ai Monti zu werden. Nach dem überraschenden Tod Papst Benedikts wurde der Mailänder Kardinal bereits am 6. Februar 1922 nach viertägigem Konklave im 14. Wahlgang zum Papst gewählt und am 12. Februar 1922 gekrönt. Im Konklave standen sich, wie so oft im Kardinalskollegium in der jüngeren Papstgeschichte, fromme Eiferer (zelanti, insbesondere Merry del Val) und eher diplomatische „Politiker“ („politicanti“, insbesondere Pietro Gasparri) gegenüber. Die eindrucksvolle Persönlichkeit des Kardinals Ratti überzeugte dann beide Seiten, insbesondere die Gruppe um den bisherigen Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri, die Rattis Wahl zu Papst Pius XI. vorantrieb. Durch Indiskretionen hat die Kirchengeschichtsforschung von diesem Konklave genaue Aufzeichnungen zur Verfügung, wie auch über das Konklave von 1914.

Pontifikat[Bearbeiten]

Mit seiner Antrittsenzyklika Ubi arcano Dei vom 23.12.1922 verkündete der neue Papst sein Programm: pax christi in regno christi, der Friede Christi im Reich Christi. Er machte sich ausdrücklich die pastoralen und politischen Anliegen seiner beiden Vorgänger zu eigen (siehe Antimodernisteneid), verurteilte den „sozialen Modernismus“ und entwickelte positive Leitlinien für eine friedfertige Gesellschaftsordnung auf dem Fundament der katholischen Religion.

Pius XI. kollaborierte mit Mussolini und wirkte aktiv an der Festigung der faschistischen Diktatur mit. Mit Mussolini verband ihn die Abneigung gegenüber Juden und die Angst vor dem Kommunismus. Pius XI. lehnte die Demokratie als Regierungsform ab und hielt die französische Revolution, welche die Menschenrechte hervorgebracht hatte, für ein Unglück.

Unter Pius XI. gelang die Lösung der „Römischen Frage“ nach der Souveränität des Kirchenstaates. Am 11. Februar 1929 schloss er mit Benito Mussolini die Lateranverträge, durch welche die Vatikanstadt die Unabhängigkeit erlangte. Außerdem wurde in den Lateranverträgen der Katholizismus zur Staatsreligion erklärt (bis 1984), Religionsunterricht obligatorisch und antikirchliche Propaganda sowie die Anstellung abtrünniger Kleriker im öffentlichen Dienst Italiens verboten. Als sich die Beziehungen zur faschistischen Regierung zunehmend verschlechterten, führte dies 1931 zur Veröffentlichung der Enzyklika Non abbiamo bisogno. Er verfasste insgesamt 30 Enzykliken, unter anderem die Erziehungsenzyklika Divini illius magistri (1929), in der er Sexualerziehung und Koedukation als gefährlich bezeichnete und katholischen Religionsunterricht und katholische Schulen forderte. In der Sozialenzyklika Quadragesimo anno (1931) forderte er, beeinflusst vor allem von Gustav Gundlach und Oswald von Nell-Breuning SJ, zur allgemeinen sozialen Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf.

Unter den zahlreichen von ihm abgeschlossenen Konkordaten gelten die Lateranverträge und das Reichskonkordat mit dem Deutschen Reich (10.09.1933) als die bedeutendsten. Oft wird Pius XI. und auch seinem Nachfolger Pius XII. vorgeworfen, sich nicht deutlich genug gegen den Nationalsozialismus und, obwohl früh von Edith Stein darauf hingewiesen, gegen die Judenverfolgung gewandt zu haben. Es wurde darauf hingewiesen, dass die 1937 erschienene Enzyklika Mit brennender Sorge (lat. Ardente cura), zwar die nationalsozialistische Ideologie und Konkordatsbrüche verurteilte, aber die Verfolgung der Juden und anderer Minderheiten nicht ansprach. In der Enzyklika heißt es unter anderem:

Zitat

Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat, oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt. Pius XI

Ging diese Enzyklika vor allem auf den Bruch des Reichskonkordats durch die Nationalsozialisten ein, sollte in der danach geplanten Enzyklika Humani generis unitas („Die Einheit des Menschengeschlechts“; teilweise auch als Societatis Unio zitiert) direkt die nationalsozialistische Rassenideologie verurteilt werden. In einer Ansprache im September 1938 sagte er zu belgischen Pilgern zu Tränen gerührt, dass „kein Christ irgendeine Beziehung zum Antisemitismus haben darf“. Mit dem Entwurf der Enzyklika beauftragte Pius XI. im Juni 1938 den US-amerikanischen Jesuitenpater John LaFarge. Ende September 1938 übergab LaFarge SJ den Entwurf Jesuitengeneral Wladimir Ledóchowski. Es kam allerdings nicht zur Veröffentlichung der Enzyklika, da die Arbeiten an dem Text nicht zu Lebzeiten des Papstes abgeschlossen wurden. Weil die Auswirkungen einer Veröffentlichung ungewiss waren, wollte der Jesuitengeneral den Entwurf erst umfassend begutachten lassen. Der Freiburger Theologe Klaus Kühlwein widerspricht in einem Artikel in der Neue Zürcher Zeitung dieser Darstellung. Der Jesuitenobere Ledóchowski und Kardinalstaatssekretär Pacelli hätten bewusst die Übergabe des Textes an den Papst verzögert.

Zudem wollte Pius XI. am 11.02.1939, dem Zehnjahrestag der Lateranverträge, die Leugnung der nationalsozialistischen Judenverfolgung in der italienischen Presse und die italienischen Rassengesetze vom Juli 1938 als Bruch der Lateranverträge anprangern. Als Pius XI. einen Tag zuvor, am 10. Februar 1939 starb, ließ Pacelli entsprechend seiner Aufgabe als Camerlengo die schon gedruckten Exemplare der geplanten Papstrede vernichten. Er wollte den Konfrontationskurs vermeiden, um das Konkordat nicht zu gefährden und Mussolini als Vermittler gegenüber Hitler zu behalten. Den Entwurf der Enzyklika gegen Rassismus und Antisemitismus nahm Pacelli unter Verschluss.

Seine Enzyklika Divini redemptoris wurde 1937 veröffentlicht. Sie prangerte den Kommunismus sehr viel deutlicher an als den Nationalsozialismus und ergriff angesichts der Kirchenverfolgung auch Partei gegen die „Gräuel des Kommunismus in Spanien“. Allerdings wird Pius XI. seit der Öffnung der vatikanischen Archive für die Zeit seines Pontifikats im Herbst 2006 nach Forschungen des Historikers Vincente Cárcel Ortí „eine Distanz (…), wenn nicht gar Opposition des Papstes gegen den Generalísimo“ zugeschrieben. Es sei jedenfalls „falsch (…), den Ratti-Papst als Verbündeten Francos hinzustellen“. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf stellte 2011 in seinem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Haltung Pius’ XI. zum Franco-Regime erneut dar. Danach legitimierte Pius XI. in seiner Rede in Castel Gandolfo (September 1936) Francos Militärputsch, indem er Formulierungen verwandte, die in das Sprachspiel der klassischen Lehre vom gerechten Krieg gehörten.

Pius XI. nahm zahlreiche Heiligsprechungen vor, unter anderem kanonisierte er Albertus Magnus, Thomas Morus, Petrus Canisius, Konrad von Parzham, Maria Magdalena Postel und Don Bosco. Hervorzuheben ist seine starke Verehrung der Hl. Thérèse Martin „vom Kinde Jesu“; er unterstützte den Bau der großen Basilika in Lisieux. 1925 fand unter Pius zudem das erste Heilige Jahr des 20. Jahrhunderts statt. Pius XI. führte auch das Christkönigsfest ein. Auf dem Sterbebett verfügte er, dass eine Flasche seines besten Weines aufgehoben werden sollte, „für meinen Nachfolger im Jahre 2000“. Es ist nicht bekannt, ob Johannes Paul II. jemals diese Flasche erhalten hat.

Trivia[Bearbeiten]

Papst Pius XI. war am 12.02.1931 der erste Kirchenführer der Geschichte, der über das Radio zur ganzen Welt sprach.

Quellen[Bearbeiten]