"Anschluss“ Österreichs

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Als „Anschluss“ Österreichs oder kurz „Anschluss“ werden seit 1938 vor allem die Vorgänge bezeichnet, mit denen österreichische und deutsche Nationalsozialisten im März 1938 die Eingliederung des Bundesstaates Österreich in das nationalsozialistische Deutsche Reich veranlassten.

In der Nacht vom 11. auf den 12.03.1938 lösten nach telefonischen Drohungen des Reichsministers und Vierjahresplan-Beauftragten Hermann Göring noch vor dem Einmarsch deutscher Truppen österreichische Nationalsozialisten das austrofaschistische Ständestaatsregime ab. Vom 12.03. an übernahmen Wehrmacht-, SS- und Polizeieinheiten das Kommando über die Machtinstrumente, am 14.03. wurden die Offiziere der Streitkräfte auf Adolf Hitler vereidigt. Die vom Bundespräsidenten Wilhelm Miklas unter ultimativem Zwang in dieser Nacht bestellte nationalsozialistische Bundesregierung unter Arthur Seyß-Inquart führte am 13. März 1938 im Auftrag Hitlers, der tags zuvor in Österreich eingetroffen war, den „Anschluss“ administrativ durch. Er bewirkte sukzessive das völlige Aufgehen Österreichs im Deutschen Reich und die Beteiligung vieler Österreicher an den nationalsozialistischen Verbrechen. Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung begrüßte den „Anschluss“ mit Jubel, für viele andere, insbesondere die Juden Österreichs, bedeutete der „Anschluss“ Entrechtung, Enteignung und Terror.

Durch das am 13.03. durch die Bundesregierung beschlossene Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich endete die rechtliche Existenz des diktatorischen österreichischen Bundesstaates. Die 1945 wiedererrichtete Republik Österreich hält den „Anschluss“ ex tunc (von Anfang an) für nichtig. Ihre Staatlichkeit und die Folgen für den Fortbestand Österreichs in den Jahren 1938 bis 1945 sind umstritten.

Die Herrschaft des Nationalsozialismus währte in Wien und Umgebung bis zur Eroberung Wiens durch die Rote Armee Mitte April 1945. Der „Anschluss“ wurde in der Unabhängigkeitserklärung vom 27.04.1945 als „null und nichtig“ erklärt. In vielen anderen Landesteilen Österreichs endete das NS-Regime erst mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945.

Vorgeschichte[Bearbeiten]

Durch Napoleon aufgefordert, akzeptierte Franz II. dessen Bedingungen und nahm 1804 „für Uns und Unsere Nachfolger […] den Titel und die Würde eines erblichen Kaisers von Österreich“ an. Das war das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das 1806 formal bestätigt wurde. Mithin waren die deutschen (heute oft: deutschsprachigen) Erbländer Österreichs (sowie die Länder der Böhmischen Krone) und die übrigen Staaten, die sie verbanden, geteilt: So entstand 1815 auf dem Wiener Kongress als neue politische Verbindung der Deutsche Bund. Dieser lose Zusammenschluss von 41 deutschen Einzelstaaten wurde jedoch den Bestrebungen nach einem einheitlichen Staat nur unzureichend gerecht.

Infolgedessen entstanden zur Erreichung dieses Zieles unterschiedliche Lösungsansätze: einerseits die Großdeutsche Lösung, ein neuer, stark föderalistischer deutscher Gesamtstaat unter Führung des Hauses Habsburg, des historischen römisch-deutschen Kaiserhauses, einschließlich der deutschen Länder des Kaisertums Österreich (was bedeutet hätte, dass die Donaumonarchie der Habsburger durch die deutsche Außengrenze geteilt worden wäre) – und andererseits die sogenannte kleindeutsche Lösung unter der Hegemonie des Königreichs Preußen.

Vom Einbezug des deutschen Teils von Österreich in einen deutschen Nationalstaat war bereits in der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 die Rede. Die kleindeutsche Lösung wurde nach den Siegen Preußens und seiner Verbündeten über Österreich und dessen Verbündete im Deutschen Krieg von 1866 und über das Kaiserreich Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 verwirklicht. 1871 wurde das Deutsche Reich im Schloss von Versailles bei Paris als Kaiserreich ausgerufen, der Zusammenschluss von deutschen Fürstentümern und Königreichen unter Führung Preußens, aber ohne Österreich.

Deutung der Anschlusswünsche[Bearbeiten]

Friedrich Heer führte Anschlusswünsche der deutschsprachigen Bevölkerung der ehemaligen Habsburgischen Erblande bereits auf die Zeit der Gegenreformation zurück und sieht sie eng verknüpft mit der jahrhundertelangen politischen und religiösen Konfrontation zwischen protestantischem Norddeutschland und katholisch geprägtem, vielsprachigem Österreich, die in der Folge durch die europäischen Großmächte Preußen und die Habsburgermonarchie getragen wurde. Die Protestanten sahen im evangelischen Norden des „deutschen Reiches“ die Erlösung von der so empfundenen „Einkerkerung“ durch Papst und Kaiser. Erstes Zentrum eines eigenständigen österreichischen Nationalbewusstseins war laut Heer Wien, das von aufständischen Ländern, von Oberösterreich, Kärnten, der Steiermark, als die multikulturelle Residenz der übernationalen Habsburger bekämpft wurde. Diese These wird empirisch gestützt, indem nachgewiesen werden konnte, dass Oberösterreich zur Zeit der Bauernkriege ein Hauptwiderstandsgebiet war und Jahrhunderte später zur Zeit des NS-Putschversuchs in Wien besonders viele illegale Nationalsozialisten aktiv waren.