Granada

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Granada andalusisch Graná] ist die Hauptstadt der Provinz Granada in Andalusien (Südspanien) und liegt in einem Ballungsgebiet der Vega de Granada. Die Stadt zählt 228.682 Einwohner, von denen die meisten in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte oder im Tourismus arbeiten. Wirtschaftlich und kulturell ist auch die Universität Granada von großer Bedeutung; mit etwa 60.000 Studenten (Stand 1. Juni 2018) handelt es sich um eine der größten Bildungseinrichtungen Spaniens.

Geographie[Bearbeiten]

Geographische Lage[Bearbeiten]

Granada liegt beim Übergang der Sierras de Huétor y la Alfaguara in die Vega (Flussaue) de Granada am Zusammenfluss von Darro und Genil auf einer mittleren Höhe über dem Meeresspiegel von 734 m. Die Stadt umfasst eine Fläche von 87,8 km². Sie entwickelte sich von zwei Kernen aus. Von der Hügelkuppe des heutigen Albaicín wuchs sie aufgrund des Schutzes durch eine von Archäologen angenommene Verbindungsmauer (Coracha) mit der Alhambra zunächst ins Tal des Darro und breitete sich schließlich auch in die Vega aus. Die heutige Plaza Bibarambla (aus der maghrebinisch-andalusischen Nebenform Bīb ar-Ramlah von arabisch Bāb ar-Ramlah, „(Stadt-)Tor der Sandbank“ oder „des Flussbetts“) markiert ihre ungefähre mittelalterliche Westausdehnung. Der zweite Kern, von dem sich die Stadt aus entwickelte, ist das Stadtviertel Realejo. Hier soll der jüdische Ursprung der Stadt, Ġarnāṭa al-Yahūd, gelegen haben. Der heutige Name dieses Stadtviertels ist ein Hybrid aus dem lateinischen regalis („königlich“) und dem arabischen raḥal („Heerlager“).

Die letzten 1,6 km der Strecke des Darro bis zu seiner Mündung in den Genil sind seit dem 19. Jahrhundert durch die Plaza Nueva, die Calle Reyes Católicos und die Acera del Darro überbaut, bei der Kirche Santa Ana y San Gil verschwindet der Fluss im Untergrund.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Frühgeschichte der Stadt Granada ist umstritten, aber eine als Vorläufer der Stadt Granada angesehene Siedlung wurde unter dem Namen Iliberra erstmals um 500 v. Chr. erwähnt. Aufgrund der geschützten Lage zwischen den umliegenden Bergen sowie der außergewöhnlich fruchtbaren Erde ist eine frühere Besiedlung ohnehin stark anzunehmen. Nach der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Römer (siehe Hispanien; lateinisch Hispania) ist eine Siedlung mit dem Namen Illiberis belegt. Nach dem Zerfall des römischen Kaiserreichs kam das Gebiet zunächst unter den Einfluss des nordafrikanischen Reichs der Vandalen, stand nach dessen Zusammenbruch 534 für einige Jahrzehnte unter oströmischer Herrschaft und gehörte dann seit Beginn des 7. Jahrhunderts zum iberischen Reich der Westgoten.

Im Jahr 711 wurde Illiberis von den Mauren erobert und der Name zu Ilbīra arabisiert. Als Verwaltungszentrum der Provinz wurde im Jahr 756 etwa zehn Kilometer im Nordwesten des heutigen Granada unter dem Namen Madīnat Ilbīra (span. Medina Elvira) eine neue Stadt gegründet: Atarfe (aṭ-ṭaraf) am Fuße der heutigen Sierra Elvira, in dessen Toponym der Name fortlebt. Gleichzeitig begann sich für das Gebiet der alten Siedlung die neue Bezeichnung Qal‘a Ġarnāṭa (Burg von Granada) durchzusetzen, aus der sich der moderne Name der Stadt entwickelt hat. Robert Pocklington sieht darin das romanische Farbadjektiv granat (‚rot‘) wiedergegeben.

Der Mittelalterarchäologe Antonio Malpica Cuello (Universität Granada) lehnt allerdings die Gleichsetzung von Illiberis mit Granada ab. Ihm zufolge fehle es an den für eine römische Stadt notwendigen Strukturen (Forum, Theater etc.), jede Wiederholung der Behauptung, Granada sei Illiberis, spiegele „ein praktisch gegen null gehendes wissenschaftliches Interesse“ wider.

Nach dem Untergang des Kalifats von Córdoba ergriff 1012 der berberische Clanchef Zāwī ibn Zīrī die Macht in der Provinz und machte das leichter als Madīnat Ilbīra zu verteidigende Granada zum Sitz der Dynastie der Zīrīden, die von hier aus etwa 80 Jahre lang über eines der bedeutendsten Kleinkönigreiche des südlichen Al-Andalus herrschte, bis sie 1090 von den Almoraviden gestürzt wurde. Nach der Vertreibung der Almohaden wurde die Stadt von 1238 bis 1492 Hauptstadt des Sultanats der Naṣriden; diese Ereignisse stehen in Verbindung mit dem Fall des eigentlichen maurischen Machtzentrums in Al-Andalus, Córdoba (1236); der Nasridenherrscher Ibn Al-Ahmar hatte sich in diesem Konflikt auf die Seite der christlichen Eroberer geschlagen und dürfte sich der Bevölkerung Granadas als Garant für Frieden empfohlen haben.

Im Jahr 1066 kam es zum Massaker von Granada, bei dem ein Mob einen jüdischen Wesir sowie den Großteil der jüdischen Bevölkerung der Stadt ermordete; die Bluttat wird als das erste Pogrom auf europäischem Boden angesehen. Besondere Bedeutung hat das Geschehen, da solche Massaker im maurischen Al-Andalus dieser Zeit keinesfalls die Regel waren. Das Massaker von 1066 wurde von der klassischen arabischen Geschichtsschreibung nicht geleugnet, allerdings im Allgemeinen durch das schuldhafte oder amoralische Verhalten des jüdischen Wesirs Yusuf ibn Nagrela begründet. Umstritten ist hingegen die Zahl der Todesopfer, die oft mit etwa 4000 Personen angegeben wird, was aber beispielsweise von der Historikerin Erika Spivakovsky als eine in der Geschichtsschreibung kaum unübliche Übertreibung angesehen wird.

1246 übergab der damalige Herrscher von Granada, Muhammad I. ibn Nasr genannt Ibn Al-Ahmar, den christlichen Mächten die Stadt Jaen nach einer monatelangen Belagerung; aus diesem Umstand und der Entsendung nasridischer Streitkräfte zur Unterstützung der christlichen Mächte beim Kampf um Sevilla 1248 wird oft abgeleitet, dass Granada tatsächlich ein Vasallenstaat der christlichen Eroberer war und deswegen länger überdauerte als andere maurische Reiche in Andalusien; die Interpretation ist allerdings umstritten. Nach dem Fall der übrigen maurischen Landstriche zogen viele Muslime in den Herrschaftsbereich von Granada.

Am 2. Januar 1492 kapitulierte der letzte naṣridische Herrscher Muhammad XII. (auch Boabdil genannt) und übergab die Stadt an Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón, die so genannten „Katholischen Könige(Reyes Católicos). Damit war die Reconquista, die „Rückeroberung“ der Iberischen Halbinsel für das Christentum, abgeschlossen. Gemäß einem Passus des dabei abgeschlossenen Vertrages durfte die maurische Bevölkerung in Granada weiterhin ihre Religion frei ausüben, die Naṣriden mussten Granada jedoch verlassen. Boabdil lebte zunächst für einige Zeit auf einer ihm als Lehen zugestandenen Burg in der Alpujarra, bevor er, nach dem Tod seiner Gattin, in das Gebiet des heutigen Marokko übersiedelte.

Im Kapitulationsvertrag von Granada vom Jahre 1492 stellte der letzte muslimische König diverse Forderungen an die neuen Herrscher. Unter anderem sollte es keinem Juden erlaubt werden, über einen Moslem zu herrschen und Steuern von ihm einzutreiben. Weiterhin sollte es Christen verboten werden, das Haus eines Moslems oder eine Moschee zu betreten, um die Muslime damit nicht zu erniedrigen. Die neuen christlichen Herrscher fanden bei ihrer Ankunft in der Stadt keine Christen vor, da diese aufgrund von Unterdrückung sowie öffentlicher Hinrichtungen und Kreuzigungen wegen schariawidrigen Verhaltens und nicht zuletzt wegen der exorbitant hohen Kopfsteuer Dschizya für die Dhimmi (Juden und Christen) nach Norden geflohen waren oder sich dem Druck gebeugt und den Islam angenommen hatten. Zudem war ein Großteil der Christen im Jahre 1126 nach Nordafrika umgesiedelt worden.

Im Jahre 1499 wurde auf Geheiß des Erzbischofs Jiménez de Cisneros von Toledo auf dem Marktplatz von Granada ein Scheiterhaufen errichtet, um Bücher zur islamischen Theologie, Philosophie, Geschichtsschreibung und Naturwissenschaften zu verbrennen. Im Laufe dieser Ereignisse kam es zu einem eintägigen Pogrom gegen alle Nichtchristen, dem vor allem Juden zum Opfer fielen. Das seit mehreren Jahrhunderten bestehende Viertel der jüdischen Gemeinde wurde vermutlich zu diesem Zeitpunkt zu großen Teilen zerstört.

Nach Aufständen der in Spanien verbliebenen Muslime, der sogenannten Morisken (span. Moriscos), gegen die Unterdrückung (Verbot der Religionsausübung, Enteignung) durch die neuen Herrscher wurden sie in den Jahren 1569–1571 erst in andere Teile der Iberischen Halbinsel zwangsumgesiedelt und 1609–1611 nach Afrika vertrieben. Viele siedelten sich im heutigen Tunesien und Algerien an und prägten dort die Kultur. Granada verfiel zugleich in wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit. So ging etwa die Seidenproduktion, für die Granada im Mittelalter ein Zentrum war, ganz unter.

1500 bot die Stadt das Vorspiel zur Aufteilung Italiens zwischen Spanien und Frankreich: Der Partagetraktat von Granada bestätigte die Anrechte der Krone Frankreichs auf das Königreich Neapel. Die Krone Aragón wandte sich gegen ihre eigene Verwandtschaft, gegen die 1459 durch den Papst mit Neapel belehnte Nebenlinie des Bastards Ferdinand. Das Übereinkommen hatte über den gemeinsamen Sieg hinaus keinen Bestand.

Im Spanischen Bürgerkrieg fiel Granada gleich zu Beginn in die Hände der Nationalspanier, der sozialistische Bürgermeister Manuel Fernández-Montesinos Lustau, ein Schwager des Dichters Federico García Lorca, wurde – wie auch der Dichter – im August 1936 erschossen. Ebenfalls per Schnellbefehl (sumarisimo) erschossen wurde der in Granada stationierte General Miguel Campins, wegen seiner Weigerung, sich beim Beginn der Putschs der franquistischen Machtergreifung anzuschließen.

Seit dem Jahr 1492 ist Granada Sitz eines Erzbistums. Die Universität Granada wurde in den Jahren 1526 bis 1531 errichtet und war vor allem im 20. Jahrhundert eine der Haupteinnahmequellen Granadas; nach dem Ende der Franco-Diktatur gewann zunehmend der Tourismus an Bedeutung.

Das Stadtwappen von Granada wurde 1843 verliehen.

Heute leben in Granada ca. 15.000 Muslime, von denen 1000 bis 1500 spanische Konvertiten sind.

2015 war Granada Austragungsort der Winter-Universiade.