Verfassung der Vereinigten Staaten

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Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (United States Constitution), die am 17.10.1787 verabschiedet wurde und durch die Ratifizierung in New Hampshire am 21.06.1788 (als 9. Staat) am 04.03.1789 in Kraft trat, legt die politische und rechtliche Grundordnung der USA fest. Sie sieht eine föderale Republik in Form eines Präsidialsystems vor.

Die Verfassung wurde von Delegierten aus zwölf der dreizehn Gründerstaaten der USA erarbeitet, die in der Philadelphia Convention zusammengetreten waren. Sie löste die zuvor geltenden Konföderationsartikel ab und etablierte eine starke Zentralgewalt mit einem Präsidenten an der Spitze, der sowohl Staats- als auch Regierungschef ist. Zugleich schreibt sie eine als „Checks and Balances“ bezeichnete Gewaltenteilung vor, in der die Organe der Regierung, der Gesetzgebung und der Rechtsprechung getrennt voneinander agieren und sich durch weitreichende Verschränkungen gegenseitig kontrollieren. Wie die Gewaltenteilung entspringen auch andere Verfassungsgrundsätze politischen Konzepten, die im Zeitalter der Aufklärung entwickelt und verbreitet wurden, darunter die Bill of Rights als verbindlicher Grundrechtekatalog und das Bekenntnis zu Recht und Gesetz.

Der ursprüngliche Verfassungstext besteht aus sieben Artikeln, die unmittelbar nach Bildung der Verfassungsorgane um die 10 Zusatzartikel der Bill of Rights ergänzt wurden. Im Laufe von zwei Jahrhunderten wurden 17 weitere Zusatzartikel angefügt. Unter allen republikanischen Verfassungen, die heute in Kraft sind, stellt die der USA eine der ältesten dar.

Entstehung[Bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten]

Während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges bildeten die dreizehn Kolonien zuerst unter den Konföderationsartikeln 1781 einen losen Staatenbund mit einer schwachen Zentralregierung, die nur aus dem Kontinentalkongress als ständiger Versammlung bestand, wobei die Zusammensetzung mit einer durchschnittlichen Amtsdauer der Abgeordneten von zwei Jahren keine Konstanz fand. Der Kongress durfte keine Steuern erheben und war bei der Ausführung seiner Beschlüsse von den einzelnen Staaten abhängig, da ihm selbst weder eine ausführende noch eine rechtsprechende Gewalt zur Seite standen. Ferner hatte der Kongress keinen Einfluss auf Einfuhrzölle und andere Handelsbarrieren zwischen den Staaten. Der Text der Konföderationsartikel konnte nur mit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten geändert werden. Die Staaten maßen der zentralen Regierung lediglich eine geringe Bedeutung zu und entsandten oft erst gar keine Abgeordneten, so dass der Kongress für lange Zeiträume beschlussunfähig blieb.

Bereits fünf Jahre nach Verabschiedung der Konföderationsartikel trafen sich im September 1786 Vertreter aus fünf Staaten zur Annapolis Convention, um nötige Änderungen von Artikeln – insbesondere zur Verbesserung des zwischenstaatlichen Handels – zu besprechen. Sie beschlossen, zur Erarbeitung von Verfassungsänderungen eine Versammlung von Vertretern aller Mitgliedsstaaten einzuberufen. Der Kontinentalkongress unterstützte diesen Plan formell am 21.02.1787. Alle Staaten außer Rhode Island akzeptierten die Einladung und entsandten Delegierte zum Verfassungskonvent, der am 25.05.1787 die Arbeit aufnahm.

Obwohl der Kongressbeschluss nur die Ausarbeitung von Änderungen an den bestehenden Konföderationsartikeln vorsah, entschlossen sich die 55 Delegierten stattdessen dazu, eine neue Verfassung auszuarbeiten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu tagen. Um die Vorschläge der Delegierten zu erklären und die neuen Verfassungsinhalte zu verteidigen, veröffentlichten Alexander Hamilton, James Madison und John Jay die Federalist Papers, die bis heute als wichtige Kommentare der Verfassung angesehen werden.

Eine der schärfsten Debatten während des Konvents bezog sich auf die Kompetenzen des neuen Kongresses und seine Zusammensetzung. Ein am 29. Mai vorgestellter und von Madison unterstützter, als Virginia-Plan bezeichneter Vorschlag sah vor, ein Parlament mit zwei Kammern zu schaffen, deren Mitglieder im Verhältnis zu den Bevölkerungsgrößen in den Bundesstaaten gewählt werden sollten. Die erste Kammer sollte die Abgeordneten der zweiten wählen. Mit dieser Regelung sollte die Bedeutung der Regierungen in den Bundesstaaten zugunsten ihrer Bevölkerung verringert werden. Gleichzeitig sollte damit verhindert werden, dass einige wenige bevölkerungsschwache Staaten Gesetze blockieren könnten, die von einer Bevölkerungsmehrheit unterstützt wurden.

Die gegenteilige Position ergab sich am 15. Juni in William Patersons New-Jersey-Plan: Der Kongress sollte wie bisher mit einer gleichwertigen Vertretung aller Staaten weiter bestehen, was die kleinen Staaten proportional bevorzugen würde, aber zusätzliche Kompetenzen erhalten. Beide Vorschläge sahen im Sinne einer deutlichen Stärkung gegenüber den Konföderationsartikeln vor, dass Gesetze des Kongresses Vorrang vor denen der Bundesstaaten haben sollten. Die Lösung fand sich am 27. Juni im Connecticut-Kompromiss, der die verhältnismäßige Vertretung des Virginia-Plans mit der gleichen Verteilung der Sitze des New-Jersey-Plans in zwei getrennten, aber gleichberechtigten Kammern verband.

Ein weiterer lang umstrittener Punkt war die Frage, welche Rolle die ausführende Gewalt spielen und wer sie ausfüllen sollte. Verschiedene Varianten, vom einzelnen Gouverneur bis zu einer Art Regierungsausschuss, jeweils vom Kongress gewählt, wurden besprochen. Die Delegierten, noch immer vom vor wenigen Jahren beendeten Unabhängigkeitskrieg beeinflusst, lehnten anfangs eine starke nationale ausführende Gewalt aufgrund der Nähe zur britischen Monarchie ab. Die Idee einer mehrköpfigen Regierung mit geteilten Kompetenzen wurde allerdings ebenso verworfen wie der im Virginia-Plan enthaltene Vorschlag eines Beratungsgremiums für den Präsidenten. Die Einigung erfolgte am 4. September: Die Staaten würden Wahlmänner bestellen, die einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten für eine vierjährige Amtszeit wählen. Die Aufgabe des Präsidenten wäre die Ausführung der Gesetze und Kontrolle des Kongresses mit Hilfe eines Vetorechtes. Eine direkte Wahl des Präsidenten wurde als unpraktikabel abgelehnt. Damit wird (aus heutiger Sicht nur noch formal) auch wieder die Stärkung der Staaten erkennbar, denen die jeweilige gesetzliche Grundlage zur Bestimmung der Wahlmänner seit jeher freigestellt ist, womit in der Anfangszeit die Organe der Staaten ihre Wahlmänner direkt delegieren und bei der Wahl des Präsidenten ihre höchsteigenen Interessen in die Waagschale werfen konnten.

Auch die Interessen der kleinen Staaten sollten durch die Abgabe von zwei gleichwertigen Stimmen pro Wahlmann ein weiteres Mal gewahrt werden, indem sie mit der geschlossenen Stützung eines von mehreren Gegenkandidaten an zweiter Stelle, selbst wenn sie an erster Stelle jeweils unterschiedliche aussichtslose Kandidaten bevorzugen würden, zusammengenommen den Ausschlag für die Wahl des Präsidenten geben könnten. Auch von einer Wahl ohne Sieger würden die kleinen Staaten profitieren, da die Entscheidung sich ins Repräsentantenhaus verlagern würde und die jeweiligen Abgeordneten eines Staates entgegen dem Grundprinzip dieser Kammer als eine Delegation mit nur einer Stimme, also alle gleichwertig, auftreten müssten. Diese Überlegungen beruhten jedoch auf der Annahme, dass zu den Präsidentschaftswahlen in der Regel eine Hand voll fähiger Staatsmänner einzig auf Grundlage ihrer Fähigkeiten gegeneinander kandidieren würden, und stellten sich aufgrund der baldigen Herausbildung von Parteipolitik als unbrauchbar heraus: Die Wahlmänner wurden entsprechend von ihrer jeweiligen Partei darauf eingeschworen, geschlossen dieselben zwei Kandidaten zu wählen; ein Patt von zwei Parteikollegen war also sehr wahrscheinlich, und Überlegungen der kleinen Staaten spielten in einem System von nur zwei sehr konträren Parteien keine Rolle. Das Verfahren wurde 1804 beschränkt auf eine Stimme für den Präsidenten und eine für den Vizepräsidenten, die nicht zusammengerechnet werden.

Viele der weiteren Verfassungskonzepte basierten auf gesellschaftlichen Vorstellungen der Antike und Regierungstraditionen der britischen konstitutionellen Monarchie. Die Verfassung stützte sich in ihrem Rechtsverständnis beispielsweise direkt auf den 39. Artikel der Magna Carta von 1215:

Zitat
Kein freier Mann soll verhaftet, gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt, geächtet, verbannt oder sonst angegriffen werden; noch werden wir ihm anders etwas zufügen, oder ihn ins Gefängnis werfen lassen, als durch das gesetzliche Urteil von Seinesgleichen, oder durch das Landesgesetz.

Die englische Bill of Rights von 1689 diente ebenso als Quelle für den Grundrechtekatalog der Verfassung. Das in den ersten Zusatzartikeln verankerte Gebot der Geschworenengerichte, das Recht auf Waffenbesitz und das Verbot der grausamen und außergewöhnlichen Bestrafung gehen auf dieses Dokument zurück.

Außerdem waren die Väter der Verfassung beeinflusst von den Werken Montesquieus, der ein Regierungssystem auf der Grundlage der Gewaltenteilung skizzierte. Bedeutsam war weiterhin die Geschichte der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, die 1781 schon zwei Jahrhunderte lang eine Verfassung besaß, die allerdings nicht in einem einzigen geschlossenen Text vorlag. So sagte Benjamin Franklin: „In der Liebe zur Freiheit und ihrer Verteidigung war die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande unser Vorbild“, während John Adams anmerkte, die Ursprünge beider Republiken ähnelten sich so sehr, dass die Geschichte der einen nur eine Abschrift der anderen zu sein scheint. Seit einiger Zeit wird die Frage erörtert, ob auch die Indianer, namentlich die Irokesen und deren Stammesverfassungen mit ihrem ausgeklügelten System von Checks and Balances einen Einfluss auf die US-Verfassung gehabt haben könnten. Benjamin Franklin habe zumindest „die beeindruckende Föderation der 'sechs Irokesenstämme' zum Vorbild für das föderalistische Konzept des Bundesstaats gedient“.