Baltikum

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Das Baltikum ist ein Gebiet in Europa, zu dem heute die Staaten Estland, Lettland und Litauen gerechnet werden. Diese baltischen Staaten haben insgesamt eine Bevölkerung von ca. 6 Mio. Menschen auf einer Fläche von etwa 175 000 km². An das Baltikum grenzen östlich Russland, Belarus, südlich Polen und die russische Exklave des Kaliningrader Gebiets sowie westlich und nördlich die Ostsee bzw. der Finnische Meerbusen.

Die geographische Zuordnung des Baltikums innerhalb Europas ist umstritten und wird neben geographischen Faktoren auch von historisch-kulturellen und politischen Aspekten beeinflusst. So wird das Baltikum sowohl Nordeuropa, Mitteleuropa, Osteuropa und Nordosteuropa zugeordnet.

Der geographische Landschaftsbegriff Baltikum fand im 19. Jahrhundert Eingang in die deutschsprachige Fachliteratur.

Begriff[Bearbeiten]

Der Begriff Baltikum erscheint in der Endphase des Ersten Weltkriegs als Sammelbezeichnung für das deutsche Okkupationsgebiet auf den Territorien der Ostseegouvernements des Russischen Reiches und etwa des Gouvernements Kowno. Er ist von der Selbstbezeichnung „Balten“ der Deutsch-Balten abgeleitet, aus denen in den Ostseegouvernements des Russischen Reiches die Führungsschicht bestand. Heute bezeichnen sich die Bewohner der drei Staaten häufig gemeinsam als Balten.

Benannt ist das Baltikum nach der mittellateinischen Bezeichnung für die Ostsee als mare balticum, das „Baltische Meer“. Diese Bezeichnung war seit dem 11. Jahrhundert in Gebrauch und tauchte zuerst bei Adam von Bremen auf. Die Verwendung von mare balticum ist zurückzuführen auf den Namen einer großen Insel mit reichen Bernsteinvorkommen im nördlichen Europa, die der antike römische Gelehrte Plinius der Ältere als Baltia oder Balcia, eigentlich vermutlich Abalcia, erwähnt und die im Mittelalter mit der preußischen Küste identifiziert wurde. An anderer Stelle notiert Plinius, Balcia sei identisch mit der von Pytheas von Massilia entdeckten Insel Basilia und nur ein anderer Name für die Nordseeinsel Abalus, bei der es sich um Helgoland handeln könnte. Eine andere These lokalisiert Baltia als die dänischen Ostseeinseln Fünen oder Seeland (eine oder beide).

Die etymologische Herkunft des Wortes Baltia ist hingegen unklar. Einerseits wird ein Zusammenhang mit dem dänischen Bælt („Gürtel“) als ursprünglicher Begriff für die Meerengen Skagerrak und Kattegat angenommen, andererseits auf die Balten, das heißt die „Weißen“, als Beschreibung der nichtslawischen Anrainer der Ostsee verwiesen. In seinem Buch Die Deutschen und die Nachbarstämme vertritt Johann Kaspar Zeuß die Ansicht, dass der Name der Insel Baltia bei Plinius „weiß“ bedeute und aus der Sprache der Ästier (einem alten Namen für die Balten). Das Wort „weiß“ lautet in allen baltischen Sprachen ähnlich, kurisch balt, prußisch baltan, lettisch balts, litauisch baltas. Unter den Sprechern dieser Sprachen waren die Kuren und die Prußen ursprüngliche Anrainer der Ostsee. In deren Sprachen bedeutet mar/ mare/ marri das Wort für Haff.

Abgrenzung des Begriffs „Baltikum“ zum Begriff „Baltischen Staaten“[Bearbeiten]

Das Baltikum bezeichnet im eigentlichen Sinne die geographische Region, die von den Staaten Estland, Lettland und Litauen eingenommen wird. Der Begriff der „baltischen Staaten“ bezeichnet dagegen die politischen Entitäten von Estland, Lettland und Litauen als Gruppe. In der Umgangssprache werden die beiden Begriffe allerdings zumeist synonym verwendet. Keinesfalls deckungsgleich mit der geografischen oder politischen Definition des Baltikums sind die Sprachen. Während das Litauische und das Lettische zum baltischen Zweig der Indogermanischen Sprachen gehören, zählen das Estnische und weitere teils vom Aussterben bedrohte Sprachen des Nordbaltikums zu den Finno-Ugrischen Sprachen.

Bevölkerung[Bearbeiten]

Minderheiten[Bearbeiten]

Die größte Minderheit stellen in Estland und Lettland mit über 25% die Russen dar, gefolgt von kleinen Anteilen von Belarussen und Ukrainern. In Litauen dagegen ist mit über 6% die polnische Minderheit etwas größer als die russische.

Sprachen[Bearbeiten]

In Litauen und Lettland werden mit Litauisch und Lettisch zwei indogermanische Sprachen gesprochen, die wegen ihrer nahen Verwandtschaft als baltische Sprachen zusammengefasst werden. Dagegen gehört das Estnische in Estland mit dem nah verwandten Finnischen zur ostseefinnischen Untergruppe der finno-ugrischen Sprachen.

Russen sind seit dem 9. Jahrhundert als Minderheit im östlichen Teil des Baltikums ansässig. Als Ergebnis der Zugehörigkeit des Baltikums zum Russischen Reich vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg und zur Sowjetunion vom Zweiten Weltkrieg bis 1990 sind rund 25% der Bevölkerung in Estland, 28% in Lettland und 6% in Litauen russischsprachig. Zudem gibt es im Südosten Litauens eine polnischsprachige Minderheit.

Religion[Bearbeiten]

Im überwiegend römisch-katholischen Litauen ist der Berg der Kreuze bei Šiauliai von großer spiritueller Bedeutung. Die Bevölkerung Lettlands hingegen ist eher evangelisch-lutherisch, während sich Estlands Einwohner wiederum größtenteils zu keiner oder zur evangelischen bzw. orthodoxen Konfession bekennen.

Geographie[Bearbeiten]

Paläogeographie[Bearbeiten]

Im Proterozoikum war das Baltikum Bestandteil des (auch als Ureuropa bezeichneten) Urkontinents Baltica. Er entstand durch Ozeanbodenspreizung als selbständiger Kontinent und setzte sich aus drei Regionen zusammen: Fennoscandia, Volgo-Uralia und Fennosarmatia, das mit seinem westlichen Teil grob dem heutigen Baltikum entspricht.

Baltica driftete vom Südpol zum Äquator und kollidierte durch Subduktion im Unteren Silur mit Avalonia sowie im Mittleren Silur mit Laurentia, wodurch der Kontinent Laurussia entstand.