Bismarcksche Reichsverfassung

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Als Bismarcksche Reichsverfassung (auch Bismarck-Verfassung) wird die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs vom 16. April 1871 bezeichnet. Sie war die revidierte Fassung der Verfassung des Deutschen Bundes vom 01.01.1871 und ging aus der 1867 ausgearbeiteten Norddeutschen Bundesverfassung hervor. Der amtliche Titel lautete nun Verfassung des Deutschen Reichs (RV 1871); sie galt fast fünfzig Jahre lang ohne wesentliche Änderungen.

Formell war das Reich ein Fürstenbund, weshalb der Bundesrat, die Vertretung der Gliedstaaten, sein höchstes Staatsorgan darstellte. Tatsächlich lagen die wesentlichen Machtbefugnisse beim Präsidium des Bundes, das der König von Preußen unter dem Titel ‚Deutscher Kaiser‘ innehatte. Der Kaiser setzte den Reichskanzler ein, der den Vorsitz im Bundesrat führte, seine Geschäfte leitete und einziger verantwortlicher Reichsminister war. Der Verfassungshistoriker Ernst Rudolf Huber bezeichnet die Beschreibung des Reichs als Fürstenbund dagegen als „Legende“: Die Verfassungswirklichkeit sei vielmehr „nationalunitarisch“ gewesen, was an der Stellung des Kaisers, des Reichstags und der Reichsgewalt zu erkennen sei. Der Kanzler wurde zu einer maßgeblichen Instanz des politischen Systems sowohl hinter den Kulissen als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Reichsgesetze brauchten die Zustimmung zweier Organe, nämlich des Bundesrats und zusätzlich des Reichstags. Der Reichstag wurde alle drei und ab 1885 alle fünf Jahre gewählt, nach allgemeinem Wahlrecht für Männer.

Am 14.08.1919 wurde die Bismarcksche Reichsverfassung durch Artikel 178 der Weimarer Verfassung aufgehoben.