Portugiesische Kolonialgeschichte

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Die portugiesische Kolonialgeschichte erstreckt sich über 500 Jahre. Das portugiesische Kolonialreich war das erste tatsächliche Weltreich und das am längsten bestehende Kolonialreich Europas. Seine Geschichte begann 1415 mit der Eroberung von Ceuta und dem Zeitalter der Entdeckungen mit den Expeditionen entlang der afrikanischen Küste und endete mit der Rückgabe der letzten portugiesischen Überseeprovinz Macau an die Volksrepublik China 1999.

Als Vasco da Gama 1498 den Seeweg nach Indien entdeckte, stieg Portugal im Rahmen des Indienhandels zur führenden Handels- und Seemacht des 15. und 16. Jahrhunderts auf. Die Könige aus dem Hause Avis, besonders Manuel I. (1495–1521), führten das Land zu dessen Höhepunkt. Bis in das 17. Jahrhundert erwarb Portugal Kolonien in Amerika, Afrika, Arabien, Indien, Südostasien und China.

Portugal war zunächst weniger an der Besitznahme größerer Territorien interessiert. Um die Handelsrouten von und nach Indien (1526–1857 Mogulreich) zu sichern und Konkurrenten auszuschalten, wurden an den Küsten Afrikas und Arabiens Stützpunkte („Faktoreien“) errichtet und Städte erobert, ebenso bei den Produktionsorten der Waren. Die geringe Bevölkerungszahl Portugals ließ es nicht zu, dass das Land großflächig Gebiete in Besitz nahm. Brasilien war aufgrund der geringen Stärke der einheimischen Bevölkerung eine Ausnahme. Später kamen noch Angola und Mosambik als flächenmäßig größere Kolonien dazu.

Der Niedergang des portugiesischen Kolonialreichs setzte bereits im 17. Jahrhundert ein: die Briten, Franzosen und Niederländer begannen ebenfalls in Asien zu expandieren und entrissen den Portugiesen einen Großteil ihrer asiatischen Kolonien.

Portugal konnte einige seiner Kolonien etwas länger halten als die anderen Kolonialmächte, nämlich bis in die 1970er Jahre. Dazu trug die Kolonialpolitik des autoritären Regimes (Estado Novo) unter Salazar (1889–1970) bei. Viele andere Kolonien wurden 1960 (Afrikanisches Jahr) unabhängig (siehe Dekolonisation, Dekolonisation Afrikas).

Geschichte[Bearbeiten]

Die Situation in Portugal vor der Expansion[Bearbeiten]

Das Königreich Portugal hatte blutige Schlachten gegen die Mauren in der Reconquista geführt. Diese endete 1251 für Portugal mit der Eroberung der Algarve. Danach gab es noch einige Auseinandersetzungen mit Kastilien, die mit der Schlacht von Aljubarrota 1385 endeten. Das portugiesische Großbürgertum, die Fidalgos, hatte damit sein militärisches Betätigungsfeld verloren und war somit praktisch arbeitslos. Man suchte daher nach Möglichkeiten, wie man die Fidalgos von eventuellen Waffengängen gegen den König abhalten könnte; außerdem suchten die Könige nach Möglichkeiten, mehr nationalen Ruhm zu gewinnen.

Für die Portugiesen waren weniger das Streben nach Macht und Prestige als wirtschaftliche Notwendigkeiten der Grund, ihr Machtgebiet außerhalb Europas auszudehnen. Die Landflucht im 13. Jahrhundert hatte Portugal abhängig von Getreideimporten gemacht, da die eigene Landwirtschaft die knapp eine Million Einwohner nicht mehr ernähren konnte. Man empfand es als Schande, Getreide aus dem muslimischen Maghreb einführen zu müssen (außerdem aus Sizilien, dem Baltikum, der Normandie und der Bretagne). Auch Tuch, Eisen, Kupfer und Waffen mussten im Ausland gekauft werden. Die Folge war ein Abfließen von Zahlungsmitteln und Edelmetallen (Gold und Silber). Als eigene Handelsgüter gab es nur Salz, Kork, Olivenöl und Wein. Zwar hatte Portugal damals bereits Faktoreien in Málaga, Rouen und Honfleur, Handelsniederlassungen in Flandern und Händler in Montpellier, Marseille und Montagnac, doch der Umfang des Außenhandels reichte nicht aus, die Wirtschaft des Landes voranzubringen. Immerhin konnte man 1353 mit England Handelsfreiheit für die jeweiligen Kaufleute aushandeln. Nach Kastilien führten am Ende des 15. Jahrhunderts nur zwei Handelswege; Portugal war weit überwiegend zum Meer hin orientiert. Seit dem 12. Jahrhundert besaß man eine bescheidene Kriegsflotte, die bei der Reconquista gegen die Mauren eingesetzt wurde. Unter Ferdinand I. (1345–1383) wurde die Companhia das Naus gegründet, um die Handelsflotte zu fördern. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts verbanden Portugal mit dem restlichen Europa zwei wichtige Seerouten: Die eine führte durch den Golf von Biscaya und über Dieppe bis nach Brügge, die zweite nach Sevilla. Der Aufbau der Flotten führte aber zu einem weiteren Verlust an Arbeitern in der Landwirtschaft und einem höheren Bedarf an Schiffszwieback, so dass noch mehr Getreide im Lande fehlte. So fiel der Blick auf die arabischen Großhändler und den Getreidemarkt in Marokko, der damaligen Kornkammer Nordafrikas.

Ende des 14. Jahrhunderts litt Portugal zudem an einer massiven Goldknappheit. Nach 1383 wurde in Portugal keine einzige Goldmünze mehr geprägt. 50 Jahre hindurch waren nur noch ausländische Gold- und Kupfermünzen im Umlauf. Dazu kam es ab 1460 auch noch zu einer Silberknappheit, da die traditionellen Silberlieferanten Portugals in Deutschland aufgrund von Pest und Hungersnöten immer mehr ausfielen. Gold wurde mühsam über Karawanenwege aus afrikanischen Reichen südlich der Sahara importiert. Weitere Handelswaren aus der Region waren neben Zucker, Kupfer und Salz auch Sklaven. Endpunkt dieser Karawanen war Ceuta, das auch als bester Hafen Marokkos galt. So wurde die Stadt an der Straße von Gibraltar das erste Ziel der portugiesischen Expansion außerhalb Europas.

Die katholische Kirche sah zudem in einer Expansion die Möglichkeit, heidnische Gebiete zu missionieren. Sie wurde ein entscheidender Faktor bei den portugiesischen Unternehmungen in Übersee.