Hinduismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Hinduismus''', auch ''Sanatana Dharma'' genannt, ist mit rund 1 Mrd. Anhängern und einem Anteil von etwa 15% der Weltbevölkerung nach dem [[Christentum]] (rund 31%) und dem [[Islam]] (rund 23%) die drittgrößte Religionsgruppe der Erde bzw. eher ein vielgestaltiger Religionskomplex. Seinen Ursprung hat er in [[Indien]]. Anhänger des im Ausland häufig verkürzend als [[Polytheismus|polytheistisch]] wahrgenommenen und in wissenschaftlichen Kreisen als [[Henotheismus|henotheistisch]] kategorisierten Hinduismus werden ''Hindus'' genannt, wobei dieses [[Hyperonym]] in seiner Zusammenfassung mehr eine europäisch-kolonialistische Perspektive wiedergibt, als der historischen Entwicklung bzw. den Entwicklungslinien der differenten Religionen Indiens gerecht zu werden. Im Gegensatz zu anderen Religionen gibt es im Hinduismus keinen [[Religionsstifter]], vielmehr entwickelten sich die religiösen Systeme Indiens über einen Zeitraum von ca. 3.500 Jahren.
Der '''Hinduismus''', auch ''Sanatana Dharma'' genannt, ist mit rund 1 Mrd. Anhängern und einem Anteil von etwa 15% der Weltbevölkerung nach dem [[Christentum]] (rund 31%) und dem [[Islam]] (rund 23%) die drittgrößte Religionsgruppe der Erde bzw. eher ein vielgestaltiger Religionskomplex. Seinen Ursprung hat er in [[Indien]]. Anhänger des im Ausland häufig verkürzend als [[Polytheismus|polytheistisch]] wahrgenommenen und in wissenschaftlichen Kreisen als [[Henotheismus|henotheistisch]] kategorisierten Hinduismus werden ''Hindus'' genannt, wobei dieser Oberbegriff in seiner Zusammenfassung mehr eine europäisch-kolonialistische Perspektive wiedergibt, als der historischen Entwicklung bzw. den Entwicklungslinien der differenten Religionen Indiens gerecht zu werden. Im Gegensatz zu anderen Religionen gibt es im Hinduismus keinen [[Religionsstifter]], vielmehr entwickelten sich die religiösen Systeme Indiens über einen Zeitraum von ca. 3.500 Jahren.


Der Hinduismus vereint in sich mithin grundsätzlich verschiedene Religionen, die sich teilweise mit gemeinsamen Traditionen überlagern und gegenseitig beeinflussen, in [[Heilige Schriften|heiligen Schriften]], [[Dogma|Glaubenslehren]], der [[Götterwelt]] und [[Ritual|Ritualen]] aber Unterschiede aufweisen. [[Axel Michaels]] vertritt dabei die These, dass diese verschiedenen Religionen und Gemeinschaften zumeist 5 Kriterien erfüllen: ein räumlicher Bezug zu [[Südasien]], ähnliche Sozial- und Heiratsvorschriften ([[Kasten]]),  dominierende [[Veda|vedisch]]-[[Brahmanismus|brahmanische]] Werte, die Verehrung bestimmter [[Gott|Gottheiten]] und ein zueinander identifikatorischer Habitus.
Der Hinduismus vereint in sich mithin grundsätzlich verschiedene Religionen, die sich teilweise mit gemeinsamen Traditionen überlagern und gegenseitig beeinflussen, in [[Heilige Schriften|heiligen Schriften]], [[Dogma|Glaubenslehren]], der [[Götterwelt]] und [[Ritual|Ritualen]] aber Unterschiede aufweisen. [[Axel Michaels]] vertritt dabei die These, dass diese verschiedenen Religionen und Gemeinschaften zumeist 5 Kriterien erfüllen: ein räumlicher Bezug zu [[Südasien]], ähnliche Sozial- und Heiratsvorschriften ([[Kasten]]),  dominierende [[Veda|vedisch]]-[[Brahmanismus|brahmanische]] Werte, die Verehrung bestimmter [[Gott|Gottheiten]] und ein zueinander identifikatorischer Habitus.

Version vom 6. August 2023, 16:01 Uhr

Der Hinduismus, auch Sanatana Dharma genannt, ist mit rund 1 Mrd. Anhängern und einem Anteil von etwa 15% der Weltbevölkerung nach dem Christentum (rund 31%) und dem Islam (rund 23%) die drittgrößte Religionsgruppe der Erde bzw. eher ein vielgestaltiger Religionskomplex. Seinen Ursprung hat er in Indien. Anhänger des im Ausland häufig verkürzend als polytheistisch wahrgenommenen und in wissenschaftlichen Kreisen als henotheistisch kategorisierten Hinduismus werden Hindus genannt, wobei dieser Oberbegriff in seiner Zusammenfassung mehr eine europäisch-kolonialistische Perspektive wiedergibt, als der historischen Entwicklung bzw. den Entwicklungslinien der differenten Religionen Indiens gerecht zu werden. Im Gegensatz zu anderen Religionen gibt es im Hinduismus keinen Religionsstifter, vielmehr entwickelten sich die religiösen Systeme Indiens über einen Zeitraum von ca. 3.500 Jahren.

Der Hinduismus vereint in sich mithin grundsätzlich verschiedene Religionen, die sich teilweise mit gemeinsamen Traditionen überlagern und gegenseitig beeinflussen, in heiligen Schriften, Glaubenslehren, der Götterwelt und Ritualen aber Unterschiede aufweisen. Axel Michaels vertritt dabei die These, dass diese verschiedenen Religionen und Gemeinschaften zumeist 5 Kriterien erfüllen: ein räumlicher Bezug zu Südasien, ähnliche Sozial- und Heiratsvorschriften (Kasten), dominierende vedisch-brahmanische Werte, die Verehrung bestimmter Gottheiten und ein zueinander identifikatorischer Habitus.

Spirituelle Strömungen

Die wichtigsten spirituellen Strömungen innerhalb der hinduistischen Religion sind:

  • Brahma, der Erschaffer der Welt, er manifestiert sich als Dreiheit (Trimurti). Jede weitere Gottheit ist ein Aspekt des Einen.
  • Vishnuismus, der Erhalter und Bewahrer der Welt
  • Shivaismus, der Vollender und Zerstörer der Welt.
  • Shaktismus, die Quelle des Lebens, die wohlwollende Mutter, sie kann aber auch eine schreckliche böswillige Kraft sein.

Die meisten Hindus sehen entweder in Vishnu oder in Shiva den einzigen, allumfassenden und damit verehrungswürdigen Gott (Monolatrie). Die Strömung, die Brahma als den Einen Gott verehrte, ist im rezenten Hinduismus nur noch selten anzutreffen.

Eine weitere Strömung ist der Shaktismus. Hier wird insbesondere Shakti, die kosmische Energie, auch als göttliche Mutter vorgestellt. Sie manifestiert sich und wird verehrt in ihren Gestalten als Durga, Kali, Lakshmi, Sarasvati.

Verbreitung

Weltweit gibt es nach einer Schätzung von 2010 etwa eine Milliarde Hindus, wovon rund 92% in Indien leben, wo sie mit etwa 80% der Bevölkerung die größte Religionsgruppe bilden. Das gilt auch für Nepal (81%), die indonesische Provinz Bali (90%, Indonesien gesamt 1,8%) und Mauritius (49%). Länder mit einem vergleichsweise signifikanten Anteil an Hindus sind außerdem Fidschi (30%), Guyana (30%), Bhutan (25%), Suriname (22%), Trinidad und Tobago (18%), Sri Lanka (13%), Bangladesch (9%) und Malaysia (7%). Die rund drei Millionen Hindus in Sri Lanka sind fast ausschließlich Tamilen. In Pakistan kam es nach der Teilung Indiens 1947 zu einem Bevölkerungsaustausch, bei dem fast alle Hindus nach Indien flohen. Der Anteil in Pakistan beträgt noch 1,5%.

Auf dem indischen Subkontinent setzte sich der Hinduismus im 1. Jahrtausend n. Chr. gegenüber dem Buddhismus durch und wurde im 12. Jahrhundert zur vorherrschenden Religion Indiens. In Nepal wurde der Hinduismus seit dem 14. Jahrhundert gefördert und war bis zum Ende der Monarchie 2008 die Religion der Königsfamilie.

Außerhalb des indischen Subkontinents verbreitete sich der Hinduismus in mehreren Schüben. Vom 1. bis zum 6. Jahrhundert entfaltete er sich entlang der Handelsstraßen in Südostasien, besonders in Burma, Kambodscha, in Indonesien und auf der malaiischen Halbinsel. In der Zeit der britischen Herrschaft in Indien gelangten zahlreiche Inder als Arbeitskräfte oder Händler in andere Teile des britischen Kolonialreiches. Die hinduistische Gemeinde in Großbritannien geht vor allem auf die indische Einwanderung nach 1945 zurück.

In den letzten Jahrzehnten gab es eine verstärkte Einwanderung indischer Gastarbeiter in die arabischen Staaten am Persischen Golf und in die USA. In Katar, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten beträgt der hinduistische Bevölkerungsanteil inzwischen über 10%. Viele indische Händler, die 1972 aus Uganda vertrieben wurden, ließen sich in Kanada und Großbritannien nieder. Seit 1873 kamen sogenannte Hindustanen als Kontraktarbeiter nach Suriname. Nachdem Suriname 1975 die Unabhängigkeit erlangt hatte, zogen zahlreiche surinamische Hindus aus Furcht vor politischer Diskriminierung in die Niederlande.


Auch die Mehrheit der über 60.000 Hindus in Deutschland sind Flüchtlinge, vor allem Tamilen, die dem Bürgerkrieg in Sri Lanka entkommen konnten. Ihr kulturelles und religiöses Zentrum ist der Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel in der nordrhein-westfälischen Stadt Hamm, der 2002 eingerichtet wurde. Er ist nach dem im nordindischen Nagara-Stil errichteten Neasden-Tempel in London der zweitgrößte hinduistische Tempel in Europa.