Eroberung von Konstantinopel (1453)

Aus Twilight-Line Medien

Die Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 (es wird auch vom Fall Konstantinopels gesprochen) durch ein etwa 80.000 Mann starkes Belagerungsheer des osmanischen Sultans Mehmed II. beendete das Byzantinische Reich. Die Verteidigung der Stadt oblag Kaiser Konstantin XI., der 7000 bis 10.000 Soldaten zur Verfügung hatte und aller Wahrscheinlichkeit nach während des letzten Sturms auf die Stadt fiel.

Der Untergang des Byzantinischen Reiches markiert zugleich den endgültigen Aufstieg des Osmanischen Reiches zur Großmacht. Sowohl in der türkischen als auch der westeuropäischen Rezeption kommt der Eroberung ein hoher symbolischer Wert zu; sie wird je nach Perspektive als Ausweis von imperialer Größe bzw. als Fanal für Zerfall und Untergang betrachtet. In der Geschichtsschreibung wird die Eroberung von Konstantinopel bisweilen als eines der Ereignisse genannt, die den Übergang vom europäischen Mittelalter in die Neuzeit markieren.

Hintergrund[Bearbeiten]

Bei der Eroberung von Konstantinopel trafen zwei Reiche mit völlig verschiedener Ausgangslage aufeinander. Das ehemals mächtige Byzantinische Reich (auch oströmisches Kaiserreich genannt) blickte auf eine fast tausendjährige Geschichte zurück, war aber seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts von einem schleichenden Niedergang geprägt. Im Osten bedrängten die türkischen Seldschuken das Byzantinische Reich und leiteten 1071 mit dem Sieg in der Schlacht von Manzikert die schrittweise Eroberung Kleinasiens ein, was den allmählichen Verlust der bevölkerungsreichen „Kornkammer“ Anatolien bedeutete. Im Westen wurde das griechischsprachige und orthodoxe Byzanz von den „lateinischen“ Mächten des katholischen Europa bedroht, insbesondere Venedig. Die Hauptstadt Konstantinopel, die in der sogenannten mittelbyzantinischen Epoche (etwa Mitte des 7. bis Anfang des 13. Jahrhunderts) schätzungsweise 400.000 bis 500.000 Einwohner hatte, war in ihrer Geschichte zwar mehrfach erfolglos belagert worden, fiel aber schließlich im Jahre 1204 während des Vierten Kreuzzugs in „fränkische“ Hände (→ Lateinisches Kaiserreich). Auch wenn die Stadt im Jahre 1261 wieder rückerobert werden konnte, gelang eine Wiederherstellung des Reiches nur auf vergleichsweise bescheidenem Niveau. Es wurde zudem ab dem 14. Jahrhundert immer stärker vom aufstrebenden Osmanischen Reich bedrängt und verlor nach und nach einen Großteil seines Territoriums an dieses. Am Ende stand der Verlust fast aller europäischen Territorien an die Türken. Die Hauptstadt Konstantinopel musste ab 1391 bis zur endgültigen Eroberung 1453 insgesamt fünf Belagerungen durch osmanische Heere abwehren.

Die Ausbreitung des Osmanischen Reichs wiederum wurde nur durch die Niederlage gegen Timur Lenk im Jahr 1402 zeitweise unterbrochen. Byzanz hatte aber bereits keine wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen mehr, um die Situation auszunutzen. Die Politik konzentrierte sich bereits ganz auf Bündnisse mit anderen christlichen Mächten zur bloßen Abwehr weiterer Gebietsverluste. Diese Bündnisse scheiterten jedoch, teils an der ungelösten Frage der Kirchenunion sowie auch am mangelnden Interesse im westlicheren Europa gegenüber den Geschehnissen im Byzantinischen Reich. Da die Osmanen außer Konstantinopel, Teilen der Peloponnes und Trapezunt bereits weite Teile des Byzantinischen Reichs erobert hatten, zeichnete sich zunehmend deutlich der baldige Fall der Hauptstadt ab.

Zum Zeitpunkt der Eroberung im Jahr 1453 hatte Konstantinopel nur noch schätzungsweise 40.000 Einwohner. Das Byzantinische Reich bestand lediglich noch aus der Hauptstadt und ihrem weiteren Umland, einigen Inseln in der nördlichen Ägäis (Lemnos, Samothraki und Imbros) sowie dem Großteil der Peloponnes, dem sogenannten autonomen Despotat von Morea. Die letzten Jahre des Byzantinischen Reichs waren von zunehmend verzweifelten Versuchen geprägt, aus dem sogenannten „lateinischen Westen“ (also dem überwiegend katholischen Europa) militärische Hilfe gegen die Osmanen zu erhalten. Zuletzt ging Kaiser Johannes VIII. Palaiologos sogar so weit, beim Konzil von Ferrara/Florenz als Gegenleistung für einen Kreuzzug gegen die Osmanen die Union mit der katholischen Kirche zu vollziehen und dabei den Forderungen des Papsttums weitgehend entgegenzukommen. Diese 1439 mit der Lateinischen Kirche vereinbarte Kirchenunion blieb jedoch ein bloßes Dokument, da sie weder von der Kirche noch weiten Teilen der Bevölkerung in Byzanz angenommen wurde und somit keine praktisch-politischen Folgen zeichnete.

Das Osmanische Reich wiederum war erst im Jahre 1299 in Söğüt begründet worden und erlebte in den ersten hundert Jahren seines Bestehens eine enorme und fortwährende Ausdehnung. Zunächst wurden byzantinische Gebiete in Kleinasien erobert, aber auch die anderer türkischer Beyliks. Die Eroberung Bursas im Jahr 1326, das dann zur Hauptstadt der Osmanischen Reichs wurde, war in dieser Phase besonders bedeutsam. Im Jahr 1369 gelang die Erweiterung des Herrschaftsgebiets über die Dardanellen nach Europa und die Eroberung des bislang byzantinischen Adrianopels (heute: Edirne), das dann zur neuen Hauptstadt des Osmanischen Reiches wurde. Durch weitere militärische Siege über Serbien (1371 an der Mariza und 1389 auf dem Amselfeld), Bulgarien (seit 1388 tributpflichtig) und ein Kreuzfahrerheer (1396 bei Nikopolis) konnte die Herrschaft über die neuen Gebiete langfristig gesichert werden. Unter Sultan Bayezid I. wurde Konstantinopel mehrfach (1391, 1394–1396 sowie 1397–1402), jedoch erfolglos belagert.

Die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts war für das Osmanische Reich durch militärische Bedrohungen von außen, Aufstände und politische Konflikte im Innern geprägt. So musste Bayezid I. die Belagerung Konstantinopels 1402 abbrechen, da das in Persien neu entstandene Timuridenreich das Osmanische Reich an seiner östlichen Grenze bedrohte. Nach der Niederlage der Osmanen gegen Timur Lenk in der Schlacht bei Ankara im Jahre 1402 folgte bis 1413 ein interner politischer Konflikt um die Thronfolge (sogenanntes Osmanisches Interregnum), in dem sich schließlich Mehmed I. durchsetzen konnte und das Reich stabilisierte. Sein Sohn Murad II. unternahm im Jahr 1422 einen weiteren erfolglosen Versuch, Konstantinopel zu erobern. Nach einem langen und verlustreichen Krieg auf dem Balkan schloss Murad 1444 einen zehnjährigen Frieden mit seinen dortigen Feinden und verzichtete zugunsten seines erst vierzehnjährigen Sohnes Mehmed II. auf den Thron. Noch im gleichen Jahr nutzten das Königreich Polen und das Königreich Ungarn die vermeintliche Schwäche für einen Angriff auf das Osmanische Reich. Murad kehrte aus dem Ruhestand zurück, schlug noch 1444 die als Kreuzfahrerheer antretenden christlichen Truppen in der Schlacht bei Warna vernichtend und übernahm als Reaktion auf einen Aufstand der Janitscharen ab 1446 auch formal wieder die Herrschaft. Bis zu seinem Tod im Jahre 1451 gelangen ihm weitere Siege in Europa sowie in Kleinasien, so dass sein mittlerweile neunzehnjähriger Sohn ein innerlich stabiles und an den Grenzen gesichertes Reich übernahm.

Während Murad II. im Alter ein durchaus freundschaftliches Verhältnis zum tributpflichtigen Byzantinischen Reich unterhalten hatte, machte Mehmed II. kaum einen Hehl aus seinem Wunsch, Konstantinopel zu erobern. Schließlich erschwerte die Lage Konstantinopels zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil des Osmanischen Reichs dessen weitere Ausdehnung. Vor allem der Transport von Truppen zwischen Europa und Asien gestaltete sich durch die Dominanz vieler christlicher Mächte zur See, insbesondere der konkurrierenden italienischen Städte, für die Osmanen schwierig. Zudem war Konstantinopel ein wichtiger Handels- und Warenumschlagplatz mit noch immer großen Reichtümern. Auch wenn der byzantinische Kaiser ein Vasall des osmanischen Sultans war, sicherte er doch letztlich die christliche Kontrolle über den Bosporus und dessen wichtige Handelsverbindungen (Seidenstraße) für westeuropäische Händler. Die italienischen Seerepubliken, die die stärksten Konkurrenten des Osmanischen Reichs bei der Kontrolle des östlichen Mittelmeeres beziehungsweise des Schwarzen Meeres darstellten, nutzten Konstantinopel als sichere Basis für ihre wirtschaftlichen und militärischen Operationen. Angesichts der durch die letzten Feldzüge Murads geschaffenen guten Ausgangslage erschien Mehmed II. zu Beginn der 1450er Jahre die Gelegenheit für einen Angriff auf Konstantinopel günstig.