Angriffskrieg

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Angriffskrieg bezeichnet die Anwendung von Gewalt durch einen Staat oder Staaten gegen einen anderen Staat, ohne dass der Angreifer (oder ein anderer verbündeter Staat) entweder von dem angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden wäre, ein solcher Angriff unmittelbar bevorstünde oder der angegriffene Staat dem Angreifer den Krieg erklärt hätte oder Teile seines Territoriums besetzt hielte. Zur Definition eines Angriffskrieges gehört die Festlegung eines Angreifers, aus der Sicht des Angegriffenen handelt es sich um einen Verteidigungskrieg.

Im modernen Völkerrecht besteht ein grundsätzliches Verbot des Angriffskrieges. Die Meinung in Teilen der Rechtslehre, nach der ein Souverän ein Recht zur Kriegsführung habe, das ius ad bellum, wurde nach dem Ersten Weltkrieg endgültig verworfen. Aber schon in der frühen Neuzeit und insbesondere im 19. Jahrhundert war dieses vermeintliche „Recht zum Krieg“ heftig kritisiert und nur von einer Minderheit der Rechtstheoretiker ernsthaft behauptet worden: Während ein allgemeines positivrechtliches Verbot des Angriffskriegs erst im 20. Jahrhundert normiert wurde, liegen die Wurzeln dieses Verbots also – wie jüngste Forschungen gezeigt haben – im 19. Jahrhundert.

Völkerrechtliche Bestimmungen und Versuche zur Durchsetzung eines Kriegsverbots[Bearbeiten]

Bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Angriffskrieg in verschiedenen Abkommen, Resolutionen, völkerrechtlichen Verträgen und Vertragsentwürfen für völkerrechtswidrig erklärt und zum Teil bereits als Verbrechen angesehen. Der Friedensvertrag von Versailles etwa verlangte in Art. 227, den ehemaligen Kaiser Wilhelm II. vor ein öffentliches Gericht zu stellen; denn mit der Entfesselung eines Angriffskrieges habe er gegen das Sittengesetz verstoßen. Das Genfer Protokoll von 1924 bezeichnete den Angriffskrieg in seiner Präambel als ein "internationales Verbrechen, ebenso die Deklaration der Bundesversammlung des Völkerbundes vom 24.09.1927 und die Resolution der 6. Panamerikanischen Konferenz in Havanna vom 18.06.1928.

Mit dem Briand-Kellogg-Pakt von 1928 verzichteten die Unterzeichnerstaaten auf den Krieg als Instrument zur Durchsetzung nationaler Ziele. Streitfälle sollten nur auf friedlichem Weg beigelegt werden. Er ist nach wie vor in Kraft und bindet die 40 ratifizierenden Staaten bis heute. In Art. 2 der Charta der Vereinten Nationen findet sich darüber hinaus die Verpflichtung, nicht nur auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten, sondern auch das Drohen damit. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat den Angriffskrieg in Resolution 3314 zwar definiert, ihre Resolutionen sind völkerrechtlich jedoch nicht bindend. Das Rom-Statut, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, verbietet zwar Angriffskriege, gab aber in der Ursprungsfassung noch keine eigene Definition des Tatbestandes der Aggression. Dies wurde auf der 1. Überprüfungskonferenz in Kampala im Juni 2010 von den Vertragsstaaten im Konsens nachgeholt.

Gemäß Artikel 20(a) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) soll auch Kriegspropaganda verboten werden.

Rechtslage in Deutschland[Bearbeiten]

Nach dem Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland ist die Vorbereitung eines Angriffskrieges grundsätzlich verboten und unter Strafe zu stellen. So bestimmt Art. 26 Abs. 1 GG:

Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

Der in Ausführung des Art. 26 GG erlassene § 80 StGB lautete:

Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

Tatbestandsmäßig war also nur die Vorbereitung eines Angriffskriegs mit Deutschland als Teilnehmer, wenn die konkrete Gefahr eines solchen Krieges auch tatsächlich drohte. Daher kamen als Täter praktisch nur Inhaber von Schlüsselstellungen staatlicher Macht in Betracht. Der Begriff des Angriffskriegs wurde im Gesetz nicht definiert und in der Rechtsprechung und Rechtswissenschaft als "völkerrechtswidrige bewaffnete Aggression" aufgefasst. Da auch die Definition im Völkerrecht nicht eindeutig war, wurde teilweise bezweifelt, dass die Strafnorm dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprach.

Zum 01.01.2017 wurde § 80 StGB durch § 13 Völkerstrafgesetzbuch (Verbrechen der Aggression) ersetzt.

Nach Art. 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12.09.1990 über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland gilt mit Inkrafttreten am 15. März 1991 (Verbot des Angriffskrieges):

Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.

Als einzige Ausnahme kann angesehen werden, wenn nach einer Resolution des UN-Sicherheitsrats gemäß der Artikel 42 oder 53 der Charta der Vereinten Nationen, die eine Basis für das Völkerrecht ist, die Anwendung militärischer Gewalt unter deutscher Beteiligung beschlossen wird. In diesem Fall liegt zumindest kein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag vor.