Alemannische Dialekte
Als alemannische Dialekte im weiteren Sinne, alemannisch-schwäbische Dialekte, alemannisch-schwäbische Mundarten, Alemannisch-Schwäbisch, westoberdeutsche Dialekte oder Westoberdeutsch werden in der germanistischen Linguistik aufgrund gemeinsamer Sprachmerkmale diverse im Südwesten des deutschen Sprachraums gesprochene Dialekte bezeichnet. Zusammen mit anderen Dialektgruppen zählen sie zum Oberdeutschen und somit auch zum Hochdeutschen.
Die Bezeichnung „alemannisch“ greift den Volksnamen der Alemannen auf, jedoch können die alemannischen Dialekte keinesfalls mit deren Sprach- oder Dialektformen gleichgesetzt werden . Die Bezeichnung der Dialektgruppe als „westoberdeutsch“ ist aus diesem Grund sinnvoller, aber wie bei den Mundartbezeichnungen im übrigen deutschen Sprachraum haben sich auch hier die an die historischen Volksstämme angelehnten Termini durchgesetzt. Volkstümlich geworden ist der Begriff „alemannisch“ allerdings nur in Südbaden; in der Schweiz etwa tritt er ganz hinter den Begriff „Schweizerdeutsch“, im Elsass hinter „Elsässisch“ zurück.
Im 19. Jahrhundert konkurrierten die Schreibungen „alemannisch“ und „allemannisch“ – erstere wohl mit Bezugnahme auf die lateinische Überlieferung („Alamanni“, „Alemanni“), letzteres etymologisierend („alle Männer/Menschen“). Seit Karl Weinholds Alemannischer Grammatik von 1863 hat sich in der Wissenschaft und schließlich allgemeinsprachlich die Variante mit einem L durchgesetzt.
Verbreitungsgebiet, Gliederung und Verwendung[Bearbeiten]
Autochthones Verbreitungsgebiet[Bearbeiten]
Das autochthone beziehungsweise traditionelle Verbreitungsgebiet grenzt im Norden an das der ost-, süd- sowie rheinfränkischen Dialekte und im Osten an das der bairischen Dialekte, im Süden und Westen schließen sich Gebiete romanischer Sprachen (Bündnerromanisch, Italienisch und Französisch) bzw. romanischer Mundarten an. Die einzelnen Teile des Verbreitungsgebietes nach Staaten bzw. Staatsteilen, im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden:
- Baden-Württemberg: Die südlichen zwei Drittel des Landes liegen im alemannischen Dialektraum. Ältester Teil des gegenwärtigen alemannischen Sprachraums (schon seit dem 3. Jahrhundert Siedlungsraum der Alamannen). In Baden einschließlich Baden-Baden, Rastatt und Pforzheim, wenn man diverse südfränkisch-alemannische bzw. südfränkisch-schwäbische Übergangsdialekte mit berücksichtigt. In Württemberg liegen Heilbronn, Schwäbisch Hall und Crailsheim bereits in traditionell süd- bzw. ostfränkischem Gebiet. In und um Heilbronn sowie in Hall verbreiten sich in jüngster Zeit schwäbische Dialektmerkmale.
- Bayern: In Bayern liegt vor allem der Regierungsbezirk Schwaben im alemannischen Dialektraum, zusätzlich Dinkelsbühl (ostfränkisch-schwäbischer Mischdialekt mit einigen wenigen bairischen Einflüssen) und oberbayerische Gebiete westlich des Lech, aber ohne die Gegend östlich von Augsburg. Zwischen Augsburg und Alpen liegt ein schwäbisch-bairisches Übergangsgebiet, westlich des Lech schwäbisch dominiert, östlich des Lech bairisch (Lechrain). Im Osten wird das Alemannische vom Bairischen und im Norden vom Ostfränkischen teilweise zunehmend überlagert.
- Österreich: Neben Vorarlberg auch in kleinen Teilen Tirols im Bezirk Reutte bzw. Außerfern (schwäbisch bzw. schwäbisch-bairisch um Reutte, höchstalemannisch um Steeg, Rest bairisch) und im Bezirk Landeck (St. Anton am Arlberg, Paznaun). Teilweise zunehmend vom Österreichischen bzw. Bairischen überlagert.
- Liechtenstein: der aus elf Gemeinden bestehende Zwergstaat ist der einzige Staat, der komplett im alemannischen Dialektraum liegt.
- Schweiz: die Deutschschweiz (außer dem südbairischen Samnaun). Einige Gebiete wurden vergleichsweise spät von alemannisch sprechenden Menschen besiedelt, so vor allem die Gegend westlich der Aare, das Wallis und die Gebiete der Walser (vor allem Graubünden). Das Bündnerromanische (Rätoromanische) steht bis heute in Konkurrenz zu alemannischen Dialekten bzw. zur Verkehrssprache Deutsch (vgl. Traditionell rätoromanischsprachiges Gebiet Graubündens).
- Italien: in der Region Piemont (u. a. im Val Formazza und in der Valsesia) und in der Region Aosta (vor allem Val di Gressoney). Amts- und Verkehrssprache ist Italienisch.
- Frankreich: vor allem im Elsass. Traditionell südfränkische Gebiete im Elsass sind die Gegenden um Weißenburg und Lauterburg, das sogenannte Krumme Elsass um Sarre-Union ist traditionell rheinfränkisch. Traditionell romanische Gebiete des Elsass sind vor allem das obere Breuschtal, Teile des Weilertals sowie die Gegenden um Sainte-Marie-aux-Mines, Lapoutroie und Montreux. Mehrere Gemeinden des Départements Moselle um Pfalzburg zählen ebenfalls zum alemannischen Dialektraum. Amts- und Verkehrssprache ist Französisch.
Eine detaillierte Abgrenzung gibt der Artikel Grenzorte des alemannischen Dialektraums.
Allochthones Verbreitungsgebiet[Bearbeiten]
Alle allochthonen Verbreitungsgebiete liegen in Gegenden, in denen nicht Deutsch Amts- und Verkehrssprache ist, und führen bzw. führten daher lediglich ein Nischendasein.
- Rumänien: Im Banater Dorf Saderlach (rum. Zădăreni), das im 18. Jahrhundert von südbadischen Auswanderern besiedelt wurde, hat sich bis Ende des 20. Jahrhunderts ein hochalemannischer Dialekt erhalten.
- USA: Im Bundesstaat Indiana gibt es eine berndeutsche (Adams County) und eine niederalemannisch-elsässische Sprachinsel (Allen County). Die Sprecher sind Old Order Amische. Der Dialekt wird im Allgemeinen an die Kinder weitergegeben. Das Berndeutsche mit etwa 15.000 Sprechern (5% aller Amischen) ist stabil, das Elsässische wird einerseits vom Pennsylvania-Deutsch der Mehrheit der Amischen bedrängt, anderseits vom Berndeutschen, das mehr Sprecher hat als das Elsässische mit etwa 6.000 Sprechern (2% aller Amischen).
- Venezuela: Durch Auswanderer, die 1843 von den südbadischen Orten Endingen am Kaiserstuhl, Wyhl und Forchheim (Kaiserstuhl) nach Venezuela auswanderten, bildete sich das alemannische Sprachgebiet von Colonia Tovar, in dem das Alemán Coloniero gesprochen wird.