Kyrene

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Kyrene, eine antike griechische Stadt im heutigen Libyen, war die älteste und bedeutendste der fünf griechischen Poleis der Region und gab Ostlibyen den Namen Kyrenaika, den es bis heute behalten hat. Sie liegt in einem fruchtbaren Tal im Hochland des Al-Dschabal al-Achdar. Seit 1982 steht Kyrene auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Geschichte[Bearbeiten]

Kyrene wurde um 630 v. Chr. als griechische Apoikie von der auf der Kykladeninsel Santorin gelegenen Stadt Alt-Thera gegründet und zunächst angeblich von Aristoteles von Thera (später Battos genannt) regiert. Die wohl zumindest teilweise mythischen Details der Stadtgründung schilderte Herodot 200 Jahre später im Buch IV seiner Historien. Aristoteles berichtet im VI. Buch seiner Politik, dass sich Kyrene unter den Battiaden erfolgreich gegen die persischen Achämeniden behauptet habe, nachdem diese das benachbarte Ägypten erobert hatten. Die Bürger stürzten laut Aristoteles um 440 v. Chr. die Monarchie und errichteten eine Demokratie in Kyrene. In der Folgezeit erlebt die Stadt, die durch den Export von Agrarerzeugnissen zu Wohlstand gelangt war, eine große kulturelle Blüte. Im Jahr 331 v. Chr. erreichte Alexander der Große über Ägypten Kyrene und sicherte sich die Hafenstadt. Sein General Ptolemaios I., Sohn des Lagos übernahm Ägypten und die Kyrenaika 323 v. Chr. als Satrapie. Er gab Kyrene eine oligarchische Verfassung.

Als Teil des Ptolemäerreiches waren die ersten 70 Jahre dieser Herrschaft in Kyrene von Staseis gekennzeichnet. Die erste fand in den Jahren 313–312 v. Chr. statt, die zweite im Jahr 305 v. Chr. Ptolemaios I. sandte daraufhin seinen Stiefsohn Magas in die Stadt, der sich unter Ptolemaios II. vom Ptolemäerreich löste und ein unabhängiges Königreich gründete. Erst nach seinem Tod und dem seines Nachfolgers Demetrios der Schöne um 250 v. Chr. kam die Stadt wieder unter ptolemäische Herrschaft. Kyrene war Geburtsort des Eratosthenes; die Zahl der griechischen Philosophen, die in Verbindung zu der Stadt stehen, ist auffallend groß; dazu zählen Aristipp, Arete, Kallimachos, Theodoros, Hegesias, Annikeris, Lakydes und Karneades.

Im Jahr 96 v. Chr. starb Ptolemaios Apion, König von Kyrene und Sohn von Ptolemaios VIII., der die Stadt testamentarisch Rom vermachte. Doch der römische Senat nahm das Erbe zunächst nicht an, sondern erklärte die griechischen Städte der Kyrenaika für frei. Daraufhin kam es in Kyrene zu einer weiteren Stasis, während der sich zunächst ein gewisser Nikokrates, dann ein Mann namens Leandros zu Tyrannen aufgeschwungen haben sollen. Lucius Licinius Lucullus wurde deshalb 86 v. Chr. von Lucius Cornelius Sulla nach Kyrene gesandt, um die andauernden Unruhen zu unterdrücken, in denen laut Strabon auch Juden eine bedeutende Rolle spielten. 74 v. Chr. wurde Kyrene schließlich doch Teil des Imperium Romanum und gehörte fortan zur Provinz Creta et Cyrene; aber während unter den Ptolemäern die jüdischen Einwohner gleiche Rechte genossen hatten, sahen sie sich jetzt zusehends von der griechischen Bevölkerung unterdrückt. Zugleich kam es zu Spannungen zwischen den römischen Bürgern in der Stadt und der übrigen Bevölkerung. Augustus versuchte durch eine Reihe von Edikten, die Spannungen in der Stadt zu entschärfen. Kulturelle Konflikte spitzten sich jedoch zu durch das Wiederaufleben des jüdischen „Nationalismus“ einerseits und Hellenisierungstendenzen bei einem Teil der Juden andererseits. Die Spannungen entluden sich schließlich im Aufstand der Juden von Kyrene unter Trajan (117 n. Chr.). Diese Revolte wurde von Quintus Marcius Turbo blutig unterdrückt, doch zuvor sollen in der Kyrenaika angeblich etwa 200.000 Römer und Griechen getötet worden sein. Diese Erschütterung entvölkerte nach Eusebius Libyen derart, dass dort einige Jahre später neue Kolonien gegründet werden mussten. Im dritten Jahrhundert setzte dann der Niedergang der Stadt ein. Im Jahr 262 wurde die Stadt von einem Erdbeben erschüttert, und Kaiser Claudius Gothicus ließ die Stadt neu errichten und benannte sie nach sich Claudiopolis. Der neue Name hielt sich nicht lange, und auch die Baumaßnahmen des kurzlebigen Herrschers waren kaum nennenswert. Unter Diokletian wurde Creta et Cyrene in drei Provinzen unterteilt: Creta, Pentapolis und Libya Sicca. Kyrene lag auf dem Gebiet der Pentapolis.

Kyrenes Hauptexport erstreckte sich seit seiner Frühgeschichte auf das dort geerntete Heilkraut Silphium, das auf den meisten kyrenischen Münzen dargestellt ist, sowie auf Getreide. Obwohl die kommerzielle Konkurrenz Karthagos und Alexandrias dem Handel abträglich war, blieb Kyrene mit seinem Hafen Apollonia, neben dem heutigen Marsa Susa gelegen, ein wichtiges städtisches Zentrum bis zu einem katastrophalen Erdbeben im Jahr 365 n. Chr. Von diesem erholte sich der Ort nicht mehr.

Ammianus Marcellinus schilderte im späten 4. Jahrhundert die nunmehr angeblich verlassene Stadt und Synesios, um 360 in Kyrene geboren, beschrieb sie Anfang des 5. Jahrhunderts als wüste, den Nomaden ausgelieferte Ruine. Dies ist aber wohl eine Übertreibung, denn Ausgrabungen haben gezeigt, dass die Stadt auch noch weiterhin einige Bedeutung hatte. Es sind auch die Namen verschiedener Bischöfe überliefert: Theodoros von Kyrene lebte bereits im dritten Jahrhundert und starb als Märtyrer während der Christenverfolgung unter Diokletian. Philon ist als Bischof um 365 bezeugt, Rufus beteiligte sich 431 am Konzil von Ephesos. Ein gewisser Menas ist von einer Mosaikinschrift in der Ostkirche bekannt.

Kyrene wird auch im Neuen Testament erwähnt: Ein Simon von Cyrene trägt das Kreuz Christi (Markus 15, 21), außerdem wird Lukius, ein Kyrenäer, namentlich in Apostelgeschichte 13,1 genannt. Siehe außerdem in der Apostelgeschichte 6, 9 und 11, 20.

Die antike Stadt[Bearbeiten]

Die Stadt liegt am Rande einer Hochebene, die heute als al-Dschabal al-Achdar bezeichnet wird. Vor allem im Westen und Norden fällt das Gelände steil ab. Im Westen hat die Hochebene innerhalb des Stadtgebietes ihren höchsten Punkt und hier befindet sich die Akropolis der Stadt, die bisher aber nur unzureichend erforscht ist. Sie ist an drei Seiten von stark abfallendem Gelände umgeben und deshalb leicht zu verteidigen. Hier stand die erste Stadt. Im Süden befindet sich der Wadi bel Gadir. Im Norden der Wadi bu Turkia. Am nördlichen Abhang befindet sich auch eine Terrasse, auf der schon früh ein Tempelbezirk angelegt wurde. Nur im Osten öffnete sich die Stadt ohne natürlichen Schutz auf die Hochebene.

Der älteste Teil der Stadt scheint ganz im Westen auf dem Abhang des Djebel Akdar gelegen zu haben. Luftaufnahmen zeigen, dass hier eine umwallte Stadt stand, die etwa 300 × 250 Meter groß war, die einen schachbrettartigen Stadtplan hatte. Die Häuserblöcke waren mit 20 × 35 Meter relativ klein. Schon in dieser Zeit befand sich westlich der Stadt ein Zeus-Heiligtum. Es ist literarisch bezeugt. Architektonische Reste stammen erst aus späterer Zeit. Eine erste Stadterweiterung fand wahrscheinlich um 560 v. Chr. statt, als neue Kolonisten ankamen. Die neuen Siedler richteten sich nicht nach dem streng orientierten Stadtplan, sondern errichteten ihre Wohnbauten entlang der Straßen, die in die Stadt führten. Die Stadterweiterung hatte wahrscheinlich auch eine Erweiterung der Stadtmauer zur Folge, doch ist davon nichts erhalten. Im zweiten vorchristlichen Jahrhundert wurde die Stadt ein drittes Mal erweitert. Das alte Stadtgebiet wurde vollkommen eingeebnet und ein neuer Stadtplan angelegt. Die neuen Häuserblocks hatten eine vollkommen andere Orientierung. Die Stadt erhielt eine neue Stadtmauer, die mit 5,5 Kilometer Länge ein viel größeres Gebiet umschloss. Die Stadt liegt auf einem Plateau und die Mauer folgte dem Rand dieses Plateaus. Im Nordwesten führte der Verlauf der Mauer über die dortigen Hügel.