Geschichte Polens

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Die Geschichte Polens umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet der Republik Polen und der historischen polnischen Reiche von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Die, ungeschriebene, Vorgeschichte Polens umfasst zahlreiche slawische Stämme, Burgen, Siedlungen und Grabstellen. Eine genaue ethnische Zuordnung ist unsicher. Die heutige Unwissenheit über Polens Ursprünge ist Folge der Quellenarmut des 10. Jahrhunderts, das in der historischen Forschung als „dunkles Jahrhundert“ bezeichnet wird.

Die – geschriebene – Geschichte Polens beginnt im Jahr 963, in dem der polnische Herzog Mieszko, lat. Misaca (gest. 992), durch Widukind von Corvey in einer lateinischen Chronik als fähiger Herrscher erwähnt wird. Mieszkos freiwillige Annahme des Christentums, durch die Taufe 966, führte zur Christianisierung Polens und schützte das Land vor Fremdmissionierung. Aus seinem Herzogtum, zu dem angeblich ein Stamm der Polanen gehörte, ging das durch Kaiser und Papst anerkannte und gegen Ende der Epoche der Piasten (960–1386) fest etablierte Königreich Polen hervor.

Als eine wichtige Quelle zur Gründung bzw. Anerkennung eines polnischen Staats gilt das sogenannte Dagome-iudex-Regest, obwohl er darin nicht explizit erwähnt wird. Man geht davon aus, dass in der Eintragung eines Mönchs aus den Jahren 1086/1087 ein Schenkungsakt des polnischen Herzogs Mieszko I. an den Apostolischen Stuhl aus dem Jahr 991 beschrieben wird, mit dem Mieszko seine Stadt oder sein Land dem direkten Schutz des Papstes unterstellt. An der Krakauer Akademie wurde die Urkunde als Schenkung Oda's bezeichnet.

Die polnische Kirche entwickelte sich unabhängig von der Reichskirche und stand in direkter Verbindung zur Römischen Kurie. Der britische Historiker Norman Davies bezeichnete die offizielle Annahme des Christentums als „das bedeutendste Ereignis der polnischen Geschichte“.

Seit dem Spätmittelalter bis in die Neuzeit bestand durch eine Personalunion eine dynastische Verbindung mit Litauen. Ab 1386 brachte die Union mit dem Großfürstentum Litauen unter dem von dort stammenden Herrschergeschlecht der Jagiellonen (1386–1572) den Aufstieg zu einer europäischen Großmacht, deren Staatsgebiet od morza do morza („von Meer zu Meer“), von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, reichte.

Ab 1569 wurde die Union Polens mit Litauen in einem gemeinsamen Staat gefestigt. Die von 1572 bis 1795 bestehende Adelsrepublik manifestierte sich als Wahlmonarchie. Im 16. und 17. Jahrhundert entstand dort eine hohe parlamentarische Kultur mit umfangreichen Adelsrechten. Dies führte zu einer starken Identifikation des Adels, des Magnats (Hochadel) und der Szlachta (Landadel), mit dem Land. Die sich verstärkenden strukturellen Missstände, bedingt durch zahlreiche Kriege mit Nachbarstaaten, Bürgerkriege und Aufstände der ukrainischen Kosaken, der Unwille zur Reform bei den Verantwortungsträgern, dazu Egoismen bei mehreren Wahlkönigen und im Adel, führten zur Schwächung des polnischen Staates. Die diplomatische und militärische Einmischung der Nachbarstaaten, des Kaiserreichs Russland, Preußen und der Habsburgermonarchie, bewirkte schließlich den vollständigen Zusammenbruch des Staates durch drei Teilungen in den Jahren 1772, 1793 und 1795.

Dadurch verschwand Polen von 1795 bis 1918 als souveräner Staat von den Landkarten Europas. Kennzeichen der Teilungszeit sind niedergeschlagene Aufstände – in den Jahren 1830, 1848 und 1863 – und sehr unterschiedliche Entwicklungen in den drei Teilungsgebieten. Die polnische Kultur überlebte diese Zeit trotz fremdstaatlicher Unterdrückung und der eigenen Staatenlosigkeit.

Nach der staatlichen „Wiedergeburt“ als Zweite Republik nach Ende des Ersten Weltkrieges im Jahr 1918 war die polnische Geschichte durch eine mühsame staatliche Reorganisation und mehrere militärische Konflikte mit nahezu allen Nachbarstaaten gekennzeichnet. Die beiden Diktatoren Hitler und Stalin vereinbarten im Zusatzprotokoll des Ende August 1939 geschlossenen deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes die erneute Aufteilung Polens. Auf den Überfall auf Polen der Wehrmacht, den Beginn des Zweiten Weltkriegs, und die sowjetische Invasion Ostpolens folgten Jahre der deutschen und der sowjetischen Besetzung. Im Zweiten Weltkrieg starben etwa sechs Millionen Polen. Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht wurde das nach Westen verschobene Polen unter massivem sowjetischem Einfluss eine Volksrepublik und Teil des Ostblocks und ein (für die Sowjetunion nicht immer bequemer) Satellitenstaat. Die Revolutionen im Jahr 1989 machten den Weg frei für die Dritte Republik; diese wurde 1997 Mitglied der NATO und 2004 der Europäischen Union.

Vor- und Frühgeschichte[Bearbeiten]

Zahlreiche prähistorische Funde, die ältesten aus der Steinzeit im Gebiet des heutigen Südpolen, bezeugen mit Befestigungen, Siedlungen und Grabstellen verschiedene Kulturepochen und die Besiedlung des heutigen polnischen Staatsgebietes. Die Zuordnung der Funde zu einem geschlossenen Siedlungsbereich der Polen ist nicht eindeutig. Wanderungsbewegungen verschiedenster Völker durch das Gebiet des heutigen Landes bewirkten eine große ethnische Vielfalt, in historischer Zeit eines der Kennzeichen der Bevölkerung Polens. Der britische Historiker Norman Davies bemerkt, die Vorgeschichte werde oft so gedeutet, dass aus ihr ein „ausschließlicher Besitzanspruch“ für ein Gebiet zugunsten nur einer ethnischen Gruppe abgeleitet wird, so etwa mit dem Gebiet zwischen Oder und Bug; die „Autochthone Schule“ in Polen deutet das Gebiet als „feststehende und alleinige Heimat der Urslawen“ (Prasłowianie). Die nationale preußische Geschichtsschreibung hingegen machte das Gebiet zur Urheimat der Frühostgermanen. Tatsächlich liegt der langwierige Prozess, der dem slawischen, polnischsprachigen Element innerhalb der Gesamtbevölkerung eine Vorrangstellung verschaffte, im Dunkeln.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Einschränkungen ist anzunehmen, dass sich einige slawische Stämme aus dem Dnjestr- und Pripjet-Gebiet zwischen dem 6. und 7. Jahrhundert im Gebiet zwischen Oder, Weichsel und Ostsee ansiedelten. Ihre Wanderung wurde durch den Hunnensturm zu Beginn der germanischen Völkerwanderung ausgelöst.