Kreisfreie Stadt

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Eine kreisfreie Stadt (in Baden-Württemberg als Stadtkreis bezeichnet) ist eine kommunale Gebietskörperschaft. Sie erledigt neben dem eigenen und übertragenen Wirkungskreis einer Gemeinde und eines Landkreises auch die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde namens des Staates in eigener Zuständigkeit. Einfach ausgedrückt gehört eine kreisfreie Stadt keinem Landkreis an, sondern erfüllt dessen Aufgaben gleich selbst. Das Gegenteil ist die kreisangehörige Gemeinde.

Im Bereich der allgemeinen und inneren Verwaltung ist das Stadtgebiet einer kreisfreien Stadt in Deutschland damit staatsfrei (Vollkommunalisierung). Der Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt steht mindestens auf gleicher Hierarchiestufe wie ein Landrat. Städte mit vergleichbarem Status gibt es auch in vielen anderen Ländern.

In der Regel handelt es sich dabei um Großstädte – also Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern – oder größere Mittelstädte. Allerdings gibt es in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auch Großstädte, die nicht kreisfrei sind, und im Gegensatz dazu in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen kreisfreie Städte, die weniger als 60.000 Einwohner haben. Vereinzelt trifft man auch den Sonderfall an, dass kreisangehörige Gemeinden „nur“ einen Teil der Aufgaben eines Landkreises übernehmen (zum Beispiel die Großen Kreisstädte). Die kleinste kreisfreie Stadt in Deutschland ist Zweibrücken in Rheinland-Pfalz mit etwa 34.000 Einwohnern, die größte die bayerische Landeshauptstadt München mit mehr als 1,45 Mio. Einwohnern. Berlin und Hamburg sind zwar größer, jedoch Sonderfälle kreisfreier Städte, sogenannte Stadtstaaten. Das Land Bremen besteht dagegen aus zwei kreisfreien Städten, nämlich der Stadtgemeinde Bremen und der ca. 60 km nördlich gelegenen Stadtgemeinde Bremerhaven.

Kreisfreie Städte und Immediatstädte haben eine vergleichbare Rechtsstellung. In Preußen wurden bis zur Städteordnung von 1808 Städte, die keinen Rat aufgrund einer Ratsverfassung hatten, sondern dem Landesherrn unmittelbar unterstellt waren, der insoweit auch Stadtherr war, Immediatstädte genannt.

In Deutschland gibt es 106 kreisfreie Städte. Zusammen mit den 294 Landkreisen bilden sie die insgesamt 400 Gebietskörperschaften auf Kreisebene.

Deutschland[Bearbeiten]

In der Bundesrepublik Deutschland wurden anfangs nur zwei kreisfreie Städte neu errichtet: Wolfsburg am 01.10.1951 und Leverkusen am 01.04.1955. Dagegen ließ sich der Stadtkreis Konstanz am 01.10.1953 freiwillig in den gleichnamigen Landkreis eingliedern. Im Zuge der Gebietsreformen der 1970er Jahre wurden viele kreisfreie Städte entweder in die benachbarten Landkreise eingegliedert, zum Beispiel Cuxhaven, Freising, Fulda, Gladbeck, Hildesheim, Neu-Ulm, Siegen und Witten, oder aber mit einer Nachbarstadt vereinigt, zum Beispiel Rheydt, Wanne-Eickel und Wattenscheid. Im Saarland erprobte man einen neuen Weg. So wurde am 01.01.1974 die Landeshauptstadt Saarbrücken in einen neuen Umlandverband eingegliedert, in dem auch der bisherige Landkreis Saarbrücken aufging. Dies war die Geburtsstunde des Stadtverbandes Saarbrücken, des ersten neuartigen Kommunalverbandes besonderer Art in Deutschland. Am 01.01.2008 wurde dieser Stadtverband in Regionalverband Saarbrücken umbenannt.

In Niedersachsen ging man einen etwas anderen Weg als im Saarland: Die Landeshauptstadt Hannover wurde am 01.11.2001 in die neu geschaffene Region Hannover eingegliedert, behielt aber großenteils ihren Rechtsstatus als kreisfreie Stadt. Auf sie finden gem. § 15, Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes die für kreisfreie Städte geltenden Vorschriften Anwendung, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Somit ist die Region Hannover der zweite Kommunalverband besonderer Art in Deutschland. Auch sie ist – wie der Regionalverband Saarbrücken, Mitglied im Deutschen Landkreistag.

In Nordrhein-Westfalen wird ebenfalls ein Regionsmodell exemplarisch erprobt. So wurde am 21.10.2009 die Städteregion Aachen als dritter Kommunalverband besonderer Art in Deutschland als Rechtsnachfolger des Kreises Aachen gebildet. Ihr gehört auch die Stadt Aachen an, die nach Maßgabe des Aachen-Gesetzes von 2008 weiterhin weitgehend die Rechtsstellung einer kreisfreien Stadt besitzt, jedoch in Kreisstatistiken aus systematischen Gründen oft nicht mehr als eine solche geführt wird.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gab es in den östlichen Ländern Pläne für Gemeinde- und Kreisneugliederungen. Während in Brandenburg die Städte Eisenhüttenstadt und Schwedt/Oder am 06.12.1993 in die sie umgebenden neuen Landkreise eingegliedert wurden, ging man in Sachsen und Thüringen den umgekehrten Weg und entließ zwei Städte aus dem Landkreis, dem sie bisher angehörten: Hoyerswerda wurde zum 01.01.1996, Eisenach zum 01.01.1998 kreisfrei, wobei Eisenach seit 01.07.2021 wieder zum Wartburgkreis gehört. Die Städte Görlitz, Hoyerswerda, Plauen und Zwickau verloren allerdings am 01.08.2008 anlässlich der Kreisreform in Sachsen ihre Kreisfreiheit. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat im September 2011 alle kreisfreien Städte außer Rostock und Schwerin in die sie umgebenden neuen Kreise eingegliedert.

Historische Entwicklung[Bearbeiten]

Preußen[Bearbeiten]

Bei der 1816 erfolgten Gliederung Preußens in Kreise wurden die Provinzhauptstädte Breslau, Danzig, Köln, Königsberg, Magdeburg, Münster, Posen, Potsdam und Stettin als Immediatstädte der unmittelbaren Kontrolle der Provinzregierung unterstellt, nicht jedoch die Provinzhauptstadt Coblenz, die diesen Status erst 1887 erlangte. Aachen, Düsseldorf, Erfurt, Halle, Minden und Trier wurden ebenfalls kreisfrei. Minden verlor seine Kreisfreiheit bereits 1817 wieder, ebenso 1820 auch Düsseldorf und Erfurt, die wieder in die jeweiligen Landkreise eingegliedert wurden.

Nach der Annexion des Königreiches Hannover, des Kurfürstentums Hessen-Kassel, des Herzogtums Nassau und der Freien Stadt Frankfurt im Jahre 1866 wurden die ehemaligen Hauptstädte dieser Staaten, Hannover, Kassel, Wiesbaden und Frankfurt am Main, als Immediatstädte übernommen.

Durch das starke Wachstum der Städte infolge der Industrialisierung wurde die Forderung an die Adresse der preußischen Regierung nach einer Neugliederung der Kreise und der Bildung von Immediatstädten immer lauter. Waren Barmen und Elberfeld (beide heute zu Wuppertal), die am 1. Juni 1861 Immediatstädte wurden, noch als Ausnahmefall charakterisiert worden, so musste die Regierung 1872 offiziell der Neubildung von Immediatstädten zustimmen. Erfurt (01.01.1872), Düsseldorf (20.04.1872) und Krefeld (14.10.1872) waren die ersten Städte, die von dieser neuen Regelung profitierten. Am 01.07.1873 wurde Görlitz, 1874 wurden auch Duisburg (am 28.01.), Elbing, Liegnitz (am 1. Januar) und Stralsund neue Immediatstädte. Ab dem 1. April 1887 erhielten die bisherigen Immediatstädte die neue Bezeichnung Stadtkreise.

Ab 1875 war generell eine Einwohnerzahl von mehr als 30.000 Voraussetzung für die Bildung von Immediatstädten. In einigen Fällen wie zum Beispiel Hamborn wurde am 1. Mai 1911 aus einer rasant auf mehr als 100.000 Einwohner gewachsenen Gemeinde direkt ein Stadtkreis. Dieser wurde am 01.08.1929 mit Duisburg zum Stadtkreis Duisburg-Hamborn vereinigt.

Bayern[Bearbeiten]

In Bayern wurden zunächst alle mediatisierten Freien Reichsstädte kreisunmittelbar, ebenso die früheren Residenzstädte und die Bischofssitze. Daher gab es dort bis 1972 eine besonders große Anzahl kreisunmittelbarer Mittel- und sogar Kleinstädte. Die 1972 eingekreisten Städte verfügen mit der als Ersatz verliehenen Rechtsstellung als Große Kreisstadt weiterhin über einen historisch bedingten Status, der anderen Städten ihrer Größe vielfach nicht zufällt.

Bei den bayerischen Bezeichnungen muss beachtet werden, dass bis Ende 1938 die heutigen Regierungsbezirke als Kreise und die heutigen Landkreise als Bezirke bezeichnet wurden. Zu dieser Systematik gehörte auch der Name „kreisunmittelbare Städte“ für die heutigen kreisfreien Städte.

Völlig unabhängig von den Regierungsbezirken (früher: Kreise) und den Landkreisen (früher: Bezirke) sind die mit den Regierungsbezirken flächengleichen Gebietskörperschaften der Bezirke. Diese Bezirke stehen zu den kreisfreien Städten (kreisunmittelbaren Städten) nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern folgen dem Prinzip der Aufgabentrennung.

Übrige deutsche Staaten[Bearbeiten]

Das Großherzogtum Oldenburg gewährte außer der Landeshauptstadt Oldenburg (Oldb.) auch den Städten Jever (1855), Varel (1858), Delmenhorst (1903) und Rüstringen (1911), das 1937 mit Wilhelmshaven vereinigt wurde, das Privileg der Kreisfreiheit.

Das Land Thüringen führte bei der staatlichen Neugliederung in den Jahren 1920 bis 1922 das in Preußen übliche System mit Stadt- und Landkreisen ein. Im Freistaat Mecklenburg-Schwerin wurden bei der Gebietsreform am 1. April 1921 38 bisher amtsfreie Städte in Ämter eingegliedert, die verbleibenden 4 amtsfreien Städte wurden zu selbständigen Stadtbezirken, die kreisfreien Städten entsprachen. Im Freistaat Mecklenburg-Strelitz wurden die amtsfreien Städte und 3 weitere bisher zu Ämtern gehörenden Städte bei der Gebietsreform 1919 zu Freien Städten. Nach der Vereinigung der beiden mecklenburgischen Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im Jahre 1934 wurden die beiden Strelitzer Städte Neubrandenburg und Neustrelitz als Stadtkreise übernommen, die übrigen Strelitzer Städte jedoch dem Landkreis Stargard eingegliedert. Die Selbständigen Stadtbezirke in Mecklenburg-Schwerin wurden zu Stadtkreisen.

Baden, Hessen-Darmstadt und Württemberg kannten bis zur Verwaltungsreform 1938 mit Ausnahme der württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart keine Stadtkreise.

Im Freistaat Braunschweig war die Stadt Braunschweig hinsichtlich der kommunalen Stadtverwaltung kein Teil des Kreises Braunschweig, als Teil der Staatsverwaltung jedoch der Kreisdirektion Braunschweig nachgeordnet. In der neuen Städteordnung vom 15. November 1924 mit Inkrafttreten am 1. April 1925 die Landeshauptstadt Braunschweig den Status einer kreisfreien Stadt und schied aus dem Kreis Braunschweig aus.

Im Fürstentum Lippe wurden die bisherigen Ämter 1879 zu den 5 Verwaltungsämtern Detmold, Lipperode-Cappel, Blomberg, Brake und Schötmar zusammengeschlossen. Die Städte Detmold, Horn, Lage, Barntrup, Lemgo und Salzuflen waren amtsfrei. Sie gehörten den bisherigen Ämtern nicht an. Ebenso gehörten sie den Verwaltungsämtern nicht an. Im Freistaat Lippe erhielten Schötmar 1921 und Oerlinghausen am 1. April 1926 Amtsfreiheit. Durch das lippische Gemeindeverfassungsgesetz vom 1. Dezember 1927 wurde mit Wirkung zum 1. April 1928 durch Zusammenschluss der Verwaltungsämter Detmold und Lipperode-Cappel das Landratsamt Detmold gebildet. Die anderen Verwaltungsämter wurden zu den Landratsämtern Blomberg, Brake und Schötmar und damit mit Landkreisen vergleichbar. Die Städte Detmold, Horn, Lage, Blomberg, Schwalenberg, Lemgo, Barntrup, Bad Salzuflen, Schötmar und Oerlinghausen blieben amtsfrei. Da sie den Landratsämtern nicht angehörten, entsprachen sie kreisfreie Städten. Mit Wirkung vom 1. April 1932 wurden die Landratsämter Detmold und Blomberg und die bisher amtsfreien Städte Blomberg, Schwalenberg, Lage und Horn zum Kreis Detmold und die Landratsämter Brake und Schötmar und die bisherigen amtsfreien Städte Barntrup und Oerlinghausen zum Kreis Lemgo zusammengeschlossen. Es bestanden bis 1934 die kreisfreien Städte Detmold, Lemgo und Bad Salzuflen, das mit Schötmar 1932 vereinigt wurde. 1933 wurde die die Vereinigung zwischen Bad Salzuflen und Schötmar aufgehoben und die Stadt Schötmar wurde dem Kreis Lemgo angeschlossen. Zum 1. April 1934 wurde Detmold in den Kreis Detmold und Lemgo und Bad Salzuflen in den Kreis Lemgo eingegliedert (s. Liste der kreisfreien Städte und Stadtkreise Deutschlands).

In Schaumburg-Lippe waren bei der Einteilung des Landes in die 4 Ämter am 15. Januar 1816 Bückeburg, Arensburg, Stadthagen und Hagenburg die Residenzstadt Bückeburg und Stadthagen als selbständige Stadt den Ämtern Bückeburg und Stadthagen nicht an. Auch bei der Zusammenlegung der Ämter zu den beiden Ämtern Bückeburg-Arensburg und Stadthagen-Hagenburg am 1. Oktober 1879 blieben die beiden Städte Bückeburg und Stadthagen selbständige Städte und gehörten den Ämtern nicht an. Auch bei der Umwandlung der beiden Ämter in die Landratsamtsbezirke Bückeburg-Arensburg und Stadthagen-Hagenburg am 31. Dezember 1884 blieben die beiden Städte Bückeburg und Stadthagen selbständige Städte, die den Landratsamtsbezirken nicht angehörten. Am 25. März 1899 wurden aus den beiden selbständigen Städten Bückeburg und Stadthagen kreisfreie Städte, aus den beiden Landratsamtsbezirke Bückeburg-Arensburg und Stadthagen-Hagenburg wurde die beiden Kreis Bückeburg und Kreis Stadthagen. Zum 1. April 1934 wurden die beide kreisfreien Städte Bückeburg, dem Kreis Bückeburg und Stadthagen dem Kreis Stadthagen eingegliedert.