Deutsche Revolution 1848/1849

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Die Deutsche Revolution von 1848/1849, bezogen auf die erste Revolutionsphase des Jahres 1848 auch Märzrevolution, war das revolutionäre Geschehen, das sich zwischen März 1848 und Juli 1849 im Deutschen Bund ereignete. Von den Erhebungen betroffen waren auch Provinzen und Länder außerhalb des Bundesgebiets, die unter der Herrschaft der mächtigsten Bundesstaaten Österreich und Preußen standen, so etwa Ungarn, Oberitalien oder Posen.

Die damit verbundenen Ereignisse waren Teil der liberalen, bürgerlich-demokratischen und nationalen Einheits- und Unabhängigkeitserhebungen gegen die Restaurationsbestrebungen der in der Heiligen Allianz verbündeten Herrscherhäuser in weiten Teilen Mitteleuropas. Bereits im Januar 1848 hatten sich italienische Revolutionäre gegen die Herrschaft der österreichischen Habsburger im Norden der Apenninen-Halbinsel und der spanischen Bourbonen im Süden erhoben. Nach Beginn der französischen Februarrevolution wurden auch die deutschen Länder Teil dieser Erhebungen gegen die ab 1815 nach dem Ende der Napoleonischen Kriege herrschenden Mächte der Restauration. In der Phase des „Vormärz“ entwickelte sich die demokratische Bewegung im Gebiet des Deutschen Bundes.

In den deutschen Fürstentümern nahm die Revolution 1848 ihren Anfang im Großherzogtum Baden und griff innerhalb weniger Wochen auf die übrigen Staaten des Bundes über. Sie erzwang von Berlin bis Wien die Berufung liberaler Regierungen in den Einzelstaaten (die so genannten Märzkabinette) und die Durchführung von Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung, die am 18.05.1848 in der Paulskirche in der damals freien Stadt Frankfurt am Main zusammentrat. Die Nationalversammlung setzte eine Zentralregierung ein und sah sich selbst als Parlament eines revolutionären, entstehenden Deutschen Reiches.

Nach den mit den Märzerrungenschaften relativ rasch erkämpften Erfolgen, wie zum Beispiel Aufhebung der Pressezensur oder Bauernbefreiung, geriet die revolutionäre Bewegung ab Mitte 1848 zunehmend in die Defensive. Auch die vor allem im Herbst 1848 und bei der Reichsverfassungskampagne im Mai 1849 neu aufflammenden Höhepunkte der Erhebungen, die regional (beispielsweise in Sachsen, der bayerischen Pfalz, der preußischen Rheinprovinz und vor allem im Großherzogtum Baden) bürgerkriegsähnliche Ausmaße annahmen, konnten das letztliche Scheitern der Revolution in Bezug auf ihre wesentliche Kernforderung nicht mehr aufhalten. Bis Juli 1849 wurde der erste Versuch, einen demokratisch verfassten, einheitlichen deutschen Nationalstaat zu schaffen, von überwiegend preußischen und österreichischen Truppen mit militärischer Gewalt niedergeschlagen.

Noch im Frühjahr 1849 bemühte sich der preußische König Friedrich Wilhelm IV. darum, selbst einen Nationalstaat zu gründen (Erfurter Union). Österreich hingegen betrieb die Wiederherstellung des Bundestags und war damit im Herbst 1850 auch erfolgreich.

Die mit der Niederschlagung der Revolution und der nachfolgenden Reaktionsära einhergehende Verfolgung von Anhängern einer liberalen, vor allem aber einer republikanisch-demokratischen oder sozialistischen Gesinnung veranlasste in den Jahren nach 1848/49 Zehntausende zur Flucht aus den deutschen Staaten. Sie fanden zunächst vor allem in Frankreich, England oder der Schweiz Asyl. Viele, die sich eine mehrere Wochen dauernde Schiffsreise leisten konnten, suchten für sich und ihre Familien die ihnen in der ursprünglichen Heimat verwehrten persönlichen und politischen Freiheiten in Übersee. In Australien und den USA gibt es mit dem Begriff Forty-Eighters eine Bezeichnung für die zwischen Ende der 1840er und Mitte der 1850er Jahre aus den deutschen Ländern geflüchteten Einwanderer.

Historische Einordnung[Bearbeiten]

Interessengruppen[Bearbeiten]

Die Revolutionäre in den deutschen Staaten strebten politische Freiheiten im Sinne demokratischer Reformen und die nationale Einigung der Fürstentümer des Deutschen Bundes an. Sie vertraten vor allem die Ideen des Liberalismus. Dieser spaltete sich jedoch im weiteren Revolutionsverlauf und danach zunehmend in verschiedene Richtungen auf, die in wesentlichen Themenbereichen unterschiedliche Prioritäten setzten und teilweise gegeneinander opponierten (u.a. in der Haltung zum Stellenwert der Nation, der sozialen Frage, der ökonomischen Entfaltung, der Bürgerrechte, als auch zur Revolution selbst).

Stark an den revolutionären Aktivitäten und Aufständen vor Ort beteiligt waren auch Kreise mit radikaldemokratischen, sozialrevolutionären, frühsozialistischen bis hin zu anarchistischen Zielvorstellungen. Diese wirkten vorwiegend außerparlamentarisch, in den Parlamenten waren sie unterrepräsentiert oder gar nicht vertreten. In den bestimmenden Gremien der Revolution konnten sie sich daher nicht durchsetzen.

Außerhalb des Deutschen Bundes strebten Länder und Regionen, die dem Habsburgerreich Österreich angegliedert waren, die Unabhängigkeit von dessen Vorherrschaft an. Dazu gehörten Ungarn, Galizien sowie die oberitalienischen Fürstentümer. Zudem setzten sich die Revolutionäre in der überwiegend von Polen bewohnten Provinz Posen für die Loslösung von der preußischen Herrschaft ein.

Von den fünf mächtigen europäischen Staaten, der europäischen Pentarchie, blieben nur England und Russland von den Ereignissen unberührt, bei Russland abgesehen von der Beteiligung russischen Militärs an der Niederschlagung des ungarischen Unabhängigkeitsaufstands gegen das Kaiserreich Österreich 1849. Außerdem blieben Spanien, die Niederlande sowie das junge und ohnehin vergleichsweise liberale Belgien am Revolutionsgeschehen weitgehend unbeteiligt.

Bedeutung für Mitteleuropa[Bearbeiten]

In den meisten Staaten wurde die Revolution spätestens 1849 niedergeschlagen. In Frankreich hielt sich die Republik bis 1851/1852. Nur in den Königreichen Dänemark und Sardinien-Piemont überdauerten Revolutionserfolge längere Zeit. So hielten sich dort beispielsweise die durchgesetzten Verfassungsänderungen in konstitutionelle Monarchien auch bis in das 20. Jahrhundert hinein. Die Verfassung Sardinien-Piemonts wurde zur Grundlage für das 1861 durchgesetzte Königreich Italien (vgl. Risorgimento).

Ein dauerhaftes Ergebnis der bürgerlich-demokratischen Bestrebungen in Mitteleuropa seit den 1830er Jahren war die Umwandlung der Schweiz von einem losen und politisch sehr heterogenen Staatenbund in einen liberalen Bundesstaat. Die durch den Sonderbundskrieg von 1847 ermöglichte neue Bundesverfassung von 1848 bestimmt ihre staatlichen und gesellschaftlichen Grundstrukturen bis heute.

Obwohl insbesondere die nationalstaatliche Zielsetzung der Märzrevolution mit ihren grundsätzlichen Veränderungsanliegen scheiterte und in eine Periode der politischen Reaktion mündete, setzte sich mit ihr in der historischen Betrachtung das wohlhabende Bürgertum durch und wurde endgültig zu einem politisch und wirtschaftlich einflussreichen Machtfaktor neben der Aristokratie. Spätestens ab 1848 wurde die Bourgeoisie, im engeren Sinn das Großbürgertum, zur ökonomisch herrschenden Klasse der Gesellschaften Mitteleuropas. Begonnen hatte dieser Aufstieg mit den politischen und sozialen Kämpfen seit der Französischen Revolution von 1789 (vgl. auch bürgerliche Revolution).

Die Revolutionen von 1848/49 prägten die politische Kultur und das pluralistische Demokratieverständnis der meisten Staaten Mitteleuropas in der Moderne langfristig und nachhaltig: in der Bundesrepublik Deutschland (deren Grundgesetz auf dem 1848/49 in der Frankfurter Paulskirche ausgearbeiteten Verfassungsentwurf basiert), in Österreich, Frankreich, Italien, Ungarn, Polen, Dänemark und der Tschechoslowakei (heute Tschechien und Slowakei). Mit den Ereignissen von 1848/49 wurde der Siegeszug der bürgerlichen Demokratie in die Wege geleitet, der auf lange Sicht die spätere historische, politische und soziale Entwicklung fast ganz Europas bestimmte.

Die Märzrevolution gab in zwischenstaatlichen Grundzügen zusätzlich zu vorherigen, in der Aufklärung begründeten Entwicklungen einige ideelle Impulse für die Entwicklung der Europäischen Union (EU) im späten 20. Jahrhundert. So vertrat der italienische Revolutionär Giuseppe Mazzini schon vor den revolutionären Wirren um 1848 ein Europa der Völker. Er stellte diese Utopie gegen das Europa der autoritären Fürstentümer und nahm damit eine politisch-soziale Grundidee der EU vorweg. Mazzinis entsprechende Ideen waren bereits 1834 von einigen idealistischen republikanisch eingestellten Deutschen, unter ihnen Carl Theodor Barth, im Geheimbund Junges Deutschland aufgegriffen worden. Zusammen mit Mazzinis Jungem Italien und dem von polnischen Emigranten gegründeten Jungen Polen bildeten sie im schweizerischen Bern ebenfalls 1834 den übernationalen Geheimbund Junges Europa. Von deren Idealen war oft auch die Aufbruchsstimmung zu Beginn der Märzrevolution geprägt, als vielerorts bei der revolutionären Basis von einem „Internationalen Völkerfrühling“ die Rede war.